Mit Carlos Sainz und Lando Norris verfügte McLaren bereits in den beiden vergangenen Jahren Formel 1 über keine Fahrerpaarung von großer Traurigkeit. Ausgerechnet bei McLaren, dem zu Zeiten Ron Dennis’ über Jahre wenig humorvollen Traditionsstall, ging es unterhaltsam zu wie bei kaum einem zweiten Team. 2021 können die F1-Fans aus Woking nur noch mehr davon erwarten. Immerhin ersetzt ein gewisser Daniel Ricciardo den zu Ferrari abgewanderten Sainz.

Der Australier ist der Sunnyboy des Fahrerlagers schlechthin, immer gut aufgelegt, immer grinsend, immer für Scherze und Albernheiten zu haben. Ganz ähnlich wie sein neuer, zehn Jahre jüngerer Teamkollege. Mit noch immer erst 21 Jahren war Norris bereits in den vergangenen Jahren für die Blödeleien Ricciardos empfänglich. Wie gut der Brite und der Aussi harmonieren, belegten bereits mehrere gemeinsame Momente in Pressekonferenzen und Interviews (s.u.).

McLaren: Mit Ricciardo/Norris mehr Comedy als Sport?

In der britischen Heimat McLarens kam angesichts der neuen Fahrerpaarung auf manchen Portalen und in sozialen Netzwerken deshalb allerdings auch eine gewisse Sorge auf: Wird aus McLaren mehr Comedy-Show als professioneller Sportbetrieb? Fehlt womöglich der nötige Ernst? Geht das gut? Bedenken, die man sich in Woking nicht erklären kann.

Schon mit Sainz und Norris bestand zwischen dem Geschehen auf und neben der Strecke ein großes Gefälle. Dass Professionalität und damit die Ergebnisse unter gewissen Albereien und jugendlichem Leichtsinn neben der Strecke gelitten hätten, war jedenfalls zu keinem Zeitpunkt ersichtlich. Im Gegenteil. Sehr viel mehr verfügte McLaren mit Sainz und Norris über das Vorzeigeduo im Mittelfeld schlechthin. Nicht umsonst lobte Teamchef Andreas Seidl mehrfach den Anteil seiner Fahrer an den jüngsten Erfolgen, allen voran WM-Rang drei.

Zak Brown: McLaren hat kein Goofy-Duo!

Mit Ricciardo an der Seite Norris’ soll das genauso weitergehen. Vielleicht mit etwas mehr Flachs abseits der Strecke, aber auch mit noch mehr Performance darauf. Zak Brown jedenfalls geht stark davon aus, dass McLaren mit dem neuen Duo kein Risiko ein-, sondern den nächsten Schritt nach vorne ging. „Alle erwarten, dass sie eine selten dämliche Paarung (Im Original: „goofy odd couple“) sein werden, aber ich erwarte mehr Ernsthaftigkeit“, zitieren britische Medien den McLaren-Boss.

Warum? „Sie sind beide darauf aus, etwas zu beweisen“, erklärt Brown. „Daniel ist in einem Karriereabschnitt, in dem er um einen WM-Titel kämpfen will. Ich denke nicht, dass wir dieses Jahr dazu in der Lage sein werden, aber hoffentlich werden wir das in Zukunft. Und Lando ist nicht länger der jüngere Bruder seines Teamkollegen. Deshalb denke ich, dass wir zwei extrem schnelle Rennfahrer mit Charakter sehen werden. Aber sobald sie in der Garage sind, wird es nur ums Geschäft gehen.“

McLaren überzeugt: Aufregendes & starkes Duo zugleich

Dabei könnten sich Ricciardo und Norris gegenseitig antreiben. „Klar, Daniel hat viel mehr Erfahrung, aber für Lando ist es an der Zeit, kein Rooke mehr zu sein. Er wird ein weniger erfahrener Fahrer sein als Daniel, aber ich erwarte, dass sie sich gegenseitig extrem hart pushen werden und ich denke, dass Lando mit jemandem wie Daniel als Teamkollege nur noch weiter wachsen wird“, zitiert gpfans.com den Amerikaner.

Dass sein Duo auf außerhalb des Cockpits für Schlagzeilen und Aufmerksamkeit sorgen kann, nimmt der McLaren-Chef da nur sehr gerne mit. „Ich denke nicht, dass es eine Fahrer-Kombination gibt, die aufregender ist - auf und abseits der Strecke“, freut sich Brown. McLaren einen modernen Anstrich zu verpassen, liegt dem CEO am Herzen. Was zählt, ist auf der Strecke, gilt jedoch zuerst. Brown ist jedoch überzeugt. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir ein sehr starkes Fahreraufgebot haben.“

Daniel Ricciardo: Es wird keine Comedy-Show

Daniel Ricciardo nimmt den McLaren-Fans ebenfalls mögliche Sorgen „Ich will es für alle Zuschauer und ganz besonders alle McLaren-Fans bekräftigen: Es wird keine Comedy-Show. Ich gehe für’s Geschäft dort hin, ich dort hin, um das Auto zu verbessern“, beteuert der Australier in einem Interview mit Sky Sports F1. „Meine Persönlichkeit wird sich nicht ändern, ich werde noch immer genießen, was ich tue. Aber ich gehe sicher nicht dorthin, um dieses Meme-Power-Pärchen zu werden oder wie auch immer es gerade genannt wird.“

Formel 1, Trockenübung für Ricciardo: Sitzprobe im neuen MCL35M (07:56 Min.)

Lando Norris streicht in einem Beitrag auf der McLaren-Website einen ähnlichen Ansatz heraus. Ein Grund, warum er sich auf 2021 freue sei ganz klar, ein Team mit Ricciardo zu bilden. Weil nur noch mehr gute Laune herrschen wird? Nein. „Nicht, weil es lustig mit ihm sein wird, sondern weil ich gerne die Herangehensweise meiner Teamkollegen studiere“, sagt Norris. „Daniel hat jede Menge Erfahrung, er ist bei großen Teams gefahren, hat viele Podien erzielt und weiß, wie man Grands Prix gewinnt. Ich brenne darauf zu sehen, wie er ein Auto fährt und wie seine Herangehensweise funktioniert.“

James Key: So anders ist Ricciardo im Auto

Besonders gut kennt diese bereits McLarens Technischer Direktor. James Key arbeitete schon 2012 ein erstes Mal mit Ricciardo - als beide noch bei Toro Rosso werkelten. Besser als der Brite bringt es deshalb auch keiner auf den Punkt, wenn es darum geht, wie gut Ricciardo seine Charakterzüge trennen kann - den immer gut aufgelegten Strahlemann außerhalb des Cockpits und den professionellen Rennfahrer im Auto.

Voll fokussiert: Im Cockpit verwandelt sich Daniel Ricciardo in einen anderen Menschen, Foto: McLaren
Voll fokussiert: Im Cockpit verwandelt sich Daniel Ricciardo in einen anderen Menschen, Foto: McLaren

„Er wird einen lockeren, manchmal fast schon jovialen Touch bringen. Er ist ein großartiger Typ, sowohl außerhalb des Autos als im Auto“, beschreibt Key im Podcast F1 Nation. „Er wird eine große Menge Erfahrung und eine gewaltige Portion Entschlossenheit bringen. Diese riesige Entschlossenheit ist, was mich an Daniel immer beeindruckt hat. Besonders wenn er fährt, kannst du das regelrecht fühlen und sehen. Hör’ dir nur seinen Boxenfunk an, da ist er ein ganz anderer Charakter, als wenn er nicht im Auto und entspannt ist. Wenn er Rennen fährt, ist er unglaublich entschlossen.“