Vor drei Jahren war McLaren im Keller der Formel 1 angelangt. 2017 beendete der Traditions-Rennstall nur auf dem neunten Platz der Konstrukteurs-WM, trotz zweier Weltmeister im Cockpit. Eine radikale Umstrukturierung war angesagt - und die trägt nun Früchte.

Unter dem neuen Renn-CEO Zak Brown, dem neuen Teamchef Andreas Seidl und dem neuen Technischen Direktor James Key holte McLaren 2020 den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM. Auf die F1-Spitze fehlt aber noch einiges. Eine Lücke, die man nun bald geschlossen haben will. Dank amerikanischer Großinvestoren.

Der Fortschritt in der Tabelle ist gut anzusehen: Von P9 2017, zu P6 2018, zu P4 2019, zu P3 2020. Doch er ist trügerisch. McLarens erklärtes Ziel ist schließlich, wieder im Kampf um WM-Titel mitzumischen, so wie es der Rennstall einst als Werksteam von Mercedes und Honda tat.

McLaren: Wann kommt der nächste Schritt?

"Wir müssen denke ich realistisch bleiben", sagt Teamchef Andreas Seidl diesbezüglich. " Wir wissen genau, wo wir stehen. Die Lücke zu den Autos vor uns ist noch immer riesig, besonders zu Mercedes. Das wichtigste ist erst einmal, dass das Team dieses Jahr unter der Führung von James Key ein sehr wettbewerbsfähiges Auto gebracht hat, das ein toller Schritt nach vorne war."

"Wir wissen, was die Lücke zu Mercedes ist, die wird sich nicht von einem Jahr aufs andere schließen", mahnt Seidl. "Wir kennen noch immer viele Defizite innerhalb des Teams, was die Organisation, die Infrastruktur angeht. Aber wir haben einen klaren Plan, wie wir aufschließen. Es wird Zeit brauchen, aber wenn wir auf Team-Seite die richtigen Dinge machen, können wir hier in ein paar Jahren rankommen."

McLarens Bausteine für die letzte Stufe

Erst einmal freut sich Seidl, dass es in die richtige Richtung geht. Unter seiner Führung wurde die Technik-Abteilung umgebaut, James Key übernahm den Posten des technischen Direktors. Der MCL35 des Jahres 2020 war Keys erste Schöpfung. "Ich bin sehr happy mit dem Schritt bei der Performance über den Winter, und dann über die Saison", lobt Seidl seine Techniker.

Carlos Sainz feiert McLarens zweites Saisonpodium in Monza, Foto: LAT Images
Carlos Sainz feiert McLarens zweites Saisonpodium in Monza, Foto: LAT Images

"Es zeigt, dass der Entwicklungsprozess und die Führung von James gut funktioniert", meint Seidl. "Jetzt müssen wir einfach weiter am Plan festhalten. Es ist wichtig, sich nicht von Ergebnissen fortreißen zu lassen. Der Weg ist noch lang, aber wir können es schaffen. Es liegt an uns als Team."

McLaren bremst Euphorie: Kein Windtunnel kommt über Nacht

Denn finanzielle Sorgen sind durch den Einstieg der amerikanischen Großinvestoren um MSP Sports Capital vorerst einmal Geschichte. Was aber nicht bedeutet, dass das Team sofort das modernste Equipment hat, wie Zak Brown, der Chef der Rennabteilung, weiß: "Wir können nur so schnell herstellen und bauen, wie es menschlich möglich ist."

McLaren kämpft nämlich gewissermaßen im Entwicklungs-Kampf mit stumpfen Waffen: Viele der Anlagen, angefangen beim Windtunnel, sind veraltet. "Ich kann sagen, dass alle unsere Cap-Ex-Projekte wieder laufen", meldet Brown aber gute Nachrichten dank des neuen Investments. In der Coronavirus-Krise hatte McLaren hier zurücknehmen müssen, weil das Geld auch nicht unbegrenzt zur Verfügung stand.

"Natürlich würden wir gerne die Zeit aufholen, die wir in den letzten sechs Monaten womöglich verloren haben", meint Brown. "Aber einen Windtunnel zu bauen, das braucht Jahre. Simulatoren brauchen weniger lange, aber trotzdem zwölf bis 18 Monate. Jetzt, da diese Partnerschaft da ist, weiß Andreas aber, dass er die Unterstützung von mir, von Paul [Walsh, Vorsitzender der McLaren Group], und die der Teilhaber hat, um alles zu unternehmen, um mit unseren vorhandenen Ressourcen so schnell wie möglich zu agieren."

McLaren rechnet 2021 wieder mit Formel-1-Mittelfeld

Für 2021 wird es daher keinen großen Schritt geben, prognostiziert Seidl: "Es wird wohl wieder ein Kampf zwischen vier, fünf Teams um die Plätze drei bis sieben werden, ähnlich wie dieses Jahr. Wir müssen einfach realistisch bleiben, was unsere Möglichkeiten angeht."

"Auf unserer Seite haben wir nach wie vor große Einschränkungen durch die veraltete Infrastruktur, da dauert es zwei Jahre, bis das verfügbar ist", prognostiziert Seidl einmal vorsichtig. "Und dann braucht es Zeit, um diese Infrastruktur dorthin zu bekommen, wo sie dir Vorteile bietet. Bis dahin sind wir eingeschränkt. Aber jetzt schon hat das Team mehr Potential. Das werden wir versuchen, im nächsten Jahr auszureizen."