Sebastian Vettel stimmte vor dem Formel-1-Rennen in Portugal versöhnliche Töne an. Er will das Kapitel Ferrari mit Würde zu Ende bringen. Am ersten Trainingstag in Portimao versuchte er, die Enttäuschungen der vergangenen Monate auszublenden. Das Gefühl war gut, doch der Abstand zu Teamkollege Charles Leclerc blieb. Vorsichtiger Optimismus beim viermaligen Weltmeister.

"Das ist eine ziemlich schöne Rennstrecke. Ich war hier noch nie, aber ich mag es. Das ist wohl der Beweis, dass wir viele tolle Rennstrecken haben und nur mal die richtigen auswählen müssen", ist er voll des Lobes für das 2020 erstmals zu einem Grand Prix genutzten Autódromo Internacional do Algarve.

Die mit dem Bau im Jahr 2008 noch sehr junge Rennstrecke ist mit dem von Architekt Ricardo Pina entworfenen Layout kaum als solche auszumachen. Abwechslungsreiche Passagen mit vielen Höhenunterschieden haben es Traditionalist Sebastian Vettel angetan: "Die Strecke ist super und macht sehr viel Spaß. Es ist etwas ganz anderes mit dem vielen Auf und Ab in den Passagen. Da ist es nicht einfach, immer den richtigen Punkt zu treffen, aber so soll es ja auch sein."

Ferrari-Updates noch nicht gezündet

Um die richtigen Referenzpunkte einzuschleifen, hätte auch er an diesem Freitag gerne etwas mehr Zeit gehabt, nachdem das FP2 erst durch einen 30-minütigen Pirelli-Test und danach durch zwei rote Flaggen torpediert wurde und dadurch mehr oder weniger nicht stattfand. Für Vettel endete der Tag auf Platz sechs mit einem Rückstand von 1,2 Sekunden auf die Bestzeit von Valtteri Bottas im Mercedes.

Zwei Autos im direkten Verfolgerfeld der Spitze zu haben, wäre für die Scuderia in der Seuchensaison 2020 fast schon ein kleiner Sieg. Doch durch das turbulente FP2 lässt sich weder für die Zuschauer noch für Vettel viel aus den Zeitenlisten lesen. "Nicht jeder hatte eine schnelle Runde. Wir werden morgen das wahre Bild sehen", sagt er.

Für das wahre Bild spielt sein Rückstand zu Bottas ohnehin keine Rolle, denn für Ferrari ist Mercedes wie üblich eine Nummer zu groß. Daran ändern auch die Updates für das Rennwochenende in Portimao nichts. "Wir haben nur Installationsrunden gefahren und Daten gesammelt", so Vettel über den neuen Unterboden am SF1000.

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Vettel will sich von Leclerc-Rückstand nicht ablenken lassen

Viel wichtiger ist für Vettel der Abstand zum Teamkollegen. In beiden Sessions war Charles Leclerc einmal mehr schneller. Im FP1 war es fast eine Sekunde, am Nachmittag immer noch dreieinhalb Zehntelsekunden. "Es war mehr eine Rhythmussache und die Frage, ob die Runde dann wirklich gesessen hat oder nicht", erklärt Vettel den Rückstand.

Doch den Fehler, sich von den Rundenzeiten verunsichern zu lassen, will er nicht nochmal machen. "Der Fokus liegt auf mir selbst und darauf, einen besseren Job zu machen und es besser hinzubekommen", sagt er. "Ich schaue an diesem Wochenende auf mich und habe mich eigentlich ganz wohl gefühlt."

Mit dieser Ausgangslage geht er optimistisch in den Samstag. "Ich denke, morgen wird es besser. Die Strecke selbst wird schneller und wir werden sie besser kennen. Die Runden haben auf jeden Fall geholfen und ich freue mich auf noch mehr Runden", sagt er. Dann wird es auch darauf ankommen, zwischen den weißen Linien zu bleiben. Bei 124 gestrichenen Runden hagelte es am Freitag nur so von Track-Limit-Verstößen.

"Bei uns war es kein so großes Problem. Ich war glaube ich zwei Mal daneben, das war nicht so wild", meint Vettel, der mit dieser Einschätzung etwas daneben liegt. Der Heppenheimer war acht Mal neben der Strecke, Leclerc immerhin vier Mal. Im Zeittraining könnten diese Zustände für Chaos sorgen: "Es wird wichtig sein, morgen im Qualifying alles herauszuquetschen - aber eben nicht zu viel."