In Indianapolis versagte die französische Kristallkugel der Michelin-Männchen. Die Franzosen unterschätzten den neuen Asphaltbelag in der Steilwandkurve und verursachten dadurch einen F1-Eklat von monumentaler Güte. Nicht ganz so politisch beladen, aber sportlich nicht gerade weniger verheerend war eine ähnliche Fehleinschätzung von Ferrari und Bridgestone vor dem GP-Debüt in der Türkei.

Die japanischen Pneus waren nicht konkurrenzfähig und Ferrari fuhr weit hinter der Konkurrenz her. Beim Heimspiel der Scuderia im Hochgeschwindigkeitstempel von Monza soll sich das aber wieder ändern.

Michelin: Maximalstrafe für die Autos

"Das charakteristischste Merkmal von Monza sind die langen Geraden", verrät Michelin-Motorsportchef Pierre Dupasquier nichts Neues. "Die Autos erreichen Geschwindigkeiten von 360 km/h und mehr, was die Temperaturen in den Pneus in die Höhe treibt. Dazu kommen noch sehr schnelle Kurven, die insbesondere für die hinteren Reifen eine besondere Herausforderung darstellen. Überraschenderweise treiben die Kurven den Reifenverschleiß jedoch nicht außergewöhnlich in die Höhe, da der Asphalt vergleichsweise sanft zu den Pneus ist. Diese seltene Kombination verlangt einen sehr spezifischen Kompromiss für die Laufflächenmischung."

Wie sich die Reifenfrage auf der Traditionsrennstrecke aus Fahrersicht darstellt, erläutert Toyota-Pilot Ralf Schumacher: "In Monza wird der linke Vorderreifen durch die schnellen Rechtskurven Lesmo 1 und Lesmo 2, aber vor allem durch die Parabolica extrem belastet", so der Deutsche. "Vor allem eingangs der Kurve bietet die Parabolica wenig Grip. Für eine schnelle Rundenzeit ist sie aber extrem wichtig, da sich die sehr lange Start-Ziel-Gerade anschließt."

Hinzu kommt: Auf der Jagd nach Zehntelsekunden beziehen die Fahrer die hohen Kerbs aggressiv in ihre Ideallinie mit ein. Dabei muss nicht nur das Fahrwerk enorme Kräfte absorbieren, auch die Rennpneus federn über ihre Flanken einen großen Teil der einwirkenden Energie ab. "Für ein modernes Formel 1-Auto kommt dies der Maximalstrafe gleich", stöhnt Pat Symonds, der Chefingenieur des Renault F1-Teams.

Gleichzeitig ist für die Stabilität beim Herunterbremsen und beim Kurvenfahren eine eher steife Konstruktion erforderlich. "Aufgrund des verringerten aerodynamischen Abtriebs bremsen die Fahrer auf dieser Strecke früher als auf anderen Kursen", ergänzt Pierre Dupasquier. "Das bedeutet für uns, dass unsere Reifen ihren Grip möglichst gleichmäßig entwickeln müssen, um eine bestmögliche Rückmeldung an den Piloten zu gewährleisten."

Bridgestone:

Bei Bridgestone steht nach dem Türkei-Debakel vor allem eines auf dem Programm: Wiedergutmachung. Insbesondere da man die Tifosi in der Heimat von Premiumpartner Ferrari in den vergangenen Jahren mit Siegen verwöhnt hat.

"Nach viel harter Arbeit bei den Monza-Tests in der letzten Woche, hoffen wir den Fans einen Grund zur Freude geben zu können", erwartet Motorsportdirektor Hiroshi Yasukawa keine Wiederholung des Instanbul-Tiefs.

Um dies in die Tat umsetzen zu können, müssen die Bridgestone-Pneus im High-Speed-Mekka von Monza nicht nur mit hohen Geschwindigkeiten umgehen. Auch hohe Zentrifugalkräfte zerren an den verschiedenen Teilen des Reifens. "Die Monza-Reifen müssen also sehr stark sein", betont Technikchef Hisao Suganuma.

"Die Reifen drehen sich auch mit einer so hohen Frequenz, dass die Hitzebeständigkeit sehr wichtig ist", fügt der Japaner hinzu. Aber auch die Stabilität beim Bremsen stellt einen Schlüsselfaktor eines guten Reifens für den Italien GP dar.