Das neue Mercedes-Lenksystem DAS (Dual Axis Steering) war das beherrschende Technik-Thema der Formel-1-Testfahrten 2020. Der Weltmeister hatte die Lenkung um eine zweite Dimension ergänzt. Das Lenkrad des W11 lässt sich nicht nur nach links und rechts bewegen, sondern auch vor und zurück bewegen.

Damit verändert der Fahrer selbst während der Fahrt die Spureinstellung an der Vorderachse. Das bringt mögliche Topspeed-Vorteile auf den Geraden und potenzielle Erleichterung des Reifenmanagements in den Kurven.

Droht Mercedes DAS-Protest in Australien?

Neben großer Faszination und Respekt für Mercedes - auch von der schärfsten Konkurrenz - sollten allerdings auch Argwohn und Zweifel an der Legalität schnell folgen. Einmal geht es um die Frage, ob es sich überhaupt um ein Lenksystem handelt - oder doch eher die Aufhängung.

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Noch dazu schwebt die Frage eines möglichen Verstoßes gegen die Parce-fermé-Regularien im Raum. Immerhin darf das Setup mit Verlassen der Boxengasse im Qualifying nicht mehr angepasst werden, eine Spur-Veränderung würde darunterfallen. Doch gilt das auch, wenn es durch den Fahrer, erst während der Fahrt geschieht?

Bottas plant DAS-Einsatz in Melbourne

Obwohl Mercedes beruhigte, sich bei der FIA rückversichert zu haben, dass alles legal sei - erst 2021 ist ein solches System durch einen geänderten Passus im Reglement ohnehin verboten -, stellt sich vor dem Formel-1-Saisonstart 2020 in Australien deshalb vor allem eine Frage: Droht ein Protest der Konkurrenz, sollte Mercedes das DAS im Qualifiyng einsetzen?

Dafür müsste das erst einmal geschehen. Setzt Mercedes seine neue Wundertechnik im Albert Park überhaupt ein? Offenbar ja. „Ich werde sicher auf einigen der Geraden DASsen“, sagt Valtteri Bottas am Donnerstag in Melbourne. „Es kommt nur darauf an, welche Runde und Session. Wir sind happy, das am Auto zu haben. Hoffentlich gibt es uns einen Vorteil, aber warten wir mal ab.“

Bottas: Mercedes wird Protest-Risiko einkalkulieren

Diese Aussage lässt die entscheidende Frage noch unbeantwortet: Wird es mehr als ein Test im Training, sprich ein Einsatz auch im Qualifying? Ab diesem Zeitpunkt könnte immerhin ein Protest drohen. Motorsport-Magazin.com hakt beim Finnen nach. „Das ist etwas, dass wir im Training herausfinden wollen“, antwortet Bottas. „Aber ja: Höchstwahrscheinlich wollen wir es im Qualifying einsetzen. Aber wir müssen abwarten.“

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Worauf? Erstens auf die Ergebnisse des Trainings. Lohnt der Einsatz im Qualifying überhaupt? Zweites auf die Risikoanalyse eines drohenden Protests. Bottas: „Wir müssen warten, was passiert. Wie gesagt, wären wir sehr happy, damit zu fahren. Es ist jetzt Sache des Teams, das mögliche Risiko einzukalkulieren. Kurze Antwort also: Wir würden es gerne behalten, aber wenn es ein großes Risiko ist, dann eben nicht. Das ist dann auch kein großes Drama.“

DAS-Verzicht für Bottas auch kein Drama

Auch ohne DAS fühlt sich Bottas mit Mercedes - trotz jüngst nötiger Umbaumaßnahmen an der Hinterachse wegen eine zu stark genutzten Grauzone in Sachen Bremsbelüftung - für den Saisonstart also gerüstet. „Ich denke, wir haben das Maximum aus den Testfahrten herausgeholt. Dass da nicht alles 100 Prozent läuft, ist normal. Du findest immer Dinge, die du bis zum ersten Rennen noch besser machen kannst“, sagt Bottas.

Damit zielt der Finne vor allem auf die Zuverlässigkeit. Gleich fünf Motorschäden hatten Mercedes-Motoren bei den Testfahrten lahmgelegt. „Das haben wir natürlich angesehen, um sicherzustellen, mit so viel Power wie möglich und guter Zuverlässigkeit fahren zu können“, berichtet Bottas. „Da haben wir viele Lehren gezogen. Ich bin zuversichtlich und vertraue da voll auf das Team.“ Auch persönlich fühle er sich voll und ganz vorbereitet auf die neue Saison. Bottas: „Ich will jetzt einfach loslegen!“