Valtteri Bottas war nach dem Formel-1-Qualifying in Russland maßlos enttäuscht. Auf einer seiner Paradestrecken war es für den Mercedes-Piloten diesmal überhaupt nicht nach Wunsch verlaufen. Kein Rätselraten, nur Frust über die verpasste Chance auf dem Sochi Autodrom. Für das Rennen bleibt der Sotschi-Spezialist aber optimistisch.

"Kurve 13 hat mich auf der Runde das gesamte Qualifying über genervt", erklärt Bottas, der 2017 in Sotschi seinen ersten Grand-Prix-Sieg feierte und 2018 auf die Pole Position fuhr. "Je mehr ich gepusht habe, desto unruhiger wurde das Auto. Und es gab keine Runde, in der ich einen anständigen dritten Sektor hatte, weil ich in Turn 13 gegen Kurvenmitte immer gerutscht bin."

Red-Bull-Pilot Alexander Albon flog im Q1 wegen des Rückenwindes vor Kurve 13 ab. Etwas, das auch Bottas spürte. Er verlor zwar nie die Kontrolle, wurde der Situation aber ebenfalls nicht Herr. "Ich habe versucht das Problem auf unterschiedliche Weisen zum umfahren und habe andere Einstellungen versucht, aber ich habe keine Lösung gefunden. In Kurve 13 bin ich jedes Mal gerutscht, dann überhitzt der Reifen und es kommt der kurvenreiche dritte Sektor, wo du Zeit verlierst."

Bottas enttäuscht: Mehr von mir erwartet

Am Ende landete Bottas als Fünfter nicht nur hinter den Ferrari-Piloten und Teamkollege Lewis Hamilton, sondern auch hinter Max Verstappen. Auf den Teamkollegen fehlten am Ende sechs Zehntel, auf die Pole eine ganze Sekunde. Nur durch die Motorenstrafe von Verstappen rückt er am Sonntag in die zweite Startreihe auf.

"Ferrari war zwar außer Reichweite, aber ich habe von mir selbst mehr erwartet", so Bottas. "Aber ich kenne die Gründe und die Zeit war drin. Lewis hat einen Weg gefunden und war im dritten Sektor schnell. Es ging mit unserem Auto also. Ich habe keinen Grund, schon aufzugeben. Es wird Chancen geben. Im Moment bin ich wegen dem Qualifying zwar noch angepisst, aber ich kenne mich und werde für das Rennen wieder die richtige Herangehensweise haben."

Bottas baut auf Start: Zweite Reihe keine schlechte Position

Seine Probleme im Qualifying könnten sich für ihn am Sonntag schon beim Start als großer Gewinn erweisen. Denn auf den 900 Metern bis zum ersten Bremspunkt ist die zweite Startreihe fast schon ein Joker. "Unseren Berechnungen nach hätten wir am Start selbst mit beiden Autos in der ersten Startreihe keine Chance gehabt, die Positionen auf dem einen Kilometer bis Kurve zwei zu halten, mit dem Speed-Unterschied den Ferrari uns gegenüber hat", sagt Bottas zu Motorsport-Magazin.com.

Der 30-Jährige hofft, Leclerc und Hamilton beim langen Run nach dem Erlöschen der Ampel attackieren zu können: "Wir brauchen natürlich immer noch einen guten Start, aber der Windschatten-Effekt reicht aus, um für Kurve zwei etwas zu machen. Das ist also keine so schlechte Position auf dieser Rennstrecke."

Bottas sieht Mercedes gegen Ferrari im Strategie-Vorteil

Dazu kommt, dass Bottas und Hamilton auf dem Medium-Reifen ins Rennen gehen, während Ferrari auf Soft startet. "Wir sprechen da nur von ein paar Metern", spielt Bottas den Traktionsvorteil von Ferrari am Start herunter. "Wer auch immer dann den Windschatten bekommt, wird einen größeren Unterschied machen können als der Reifen."

Mittelfristig sieht er die Reifenwahl von Mercedes als die bessere an. "Auf der ersten Runde ist der Soft vielleicht besser, eine Runde danach sind sie gleich und dann ist der Medium besser. Der Medium-Reifen wird uns definitiv einige Möglichkeiten eröffnen, was die Strategie angeht", ist sich Bottas sicher. "Wir können versuchen aggressiv zu sein und früh zu stoppen, um den Undercut zu versuchen, oder wir können länger warten und auf diese Weise etwas machen."

Die Chance Ferrari zu erwischen beschränkt sich für ihn allerdings auf die Boxenstopps. "Ich denke nicht, dass der Pace-Unterschied zwischen Ferrari und uns im Rennen groß sein wird. Es wird schwierig sein, zu überholen", so Bottas, der Ferrari im ersten Stint aber im Nachteil sieht: "Sie müssen letztendlich stoppen, wenn ihr Reifen am Ende ist und wir können deutlich länger fahren als der Soft."