Das Hin und Her beim Formel-1-Reglement 2021 geht weiter. Das Wochenende in Kanada war hochpolitisch. Hinter den Kulissen ging es einmal mehr hoch her. Einige Inhalte der Diskussionen gelangten bereits an die Öffentlichkeit, andere noch nicht. Motorsport-Magazin.com fasst deshalb das ganze Chaos zusammen.

Die Deadline für die 2021er Regeln ist eigentlich der 30. Juni. Bis dahin soll das Grundgerüst stehen. Oder besser gesagt sollte. Ganz so einfach ist es aber nicht, es regt sich Widerstand gegen die Deadline und Widerstand gegen den Widerstand.

Seit der Übernahme von Liberty Media 2017 feilt eine ganze Heerschar an den neuen Regeln. Doch der Prozess zieht sich in die Länge. Durch den plötzlichen Tod von Charlie Whiting ist der Prozess etwas ins Stocken gekommen. Man hinkt dem eigenen Zeitplan hinterher.

Deshalb sollen die Regeln erneut aufgeschoben werden, wie unsere Kollegen von Racefans.net berichten. Am Freitag trifft sich das WMSC in Paris und soll darüber entscheiden, ob die Regeln trotz Deadline weiter aufgeschoben werden sollen. Einen Tag zuvor kommt es bereits zum Gipfeltreffen der Team und Fahrer.

Einstimmigkeit bei den Teams wird benötigt, um die Regeln weiter aufzuschieben. Allerdings fürchten Williams, Racing Point, McLaren, Haas und Renault, dass mit einer weiteren Verzögerung die geplante Budgetgrenze weiter verwässert werden könnte.

Regel-Deal: Deadline verschieben, Budget-Grenze behalten

Wie in den letzten Monaten schon vermutet wurde, wurden einige finanzielle Posten nicht in die geplanten 175 Millionen Dollar inkludiert. Im konkreten Entwurf zählen jetzt nicht dazu: Die drei höchstbezahlten Manager des Teams, die Fahrergehälter, die ersten 15 Millionen an Power-Unit-Kosten, Marketing, Hospitality, und die Kosten für Unterkunft und Reisekosten unter der Saison. Ebenfalls ausgenommen: Kosten für Liegenschaften, historische Aktivitäten und mehr.

Die Budgetgrenze ist für viele der elementare Bestandteil der Formel 1 ab 2021, um die Lücke zwischen Top-Teams und Mittelfeld zu schließen. Jene Teams, die Bedenken an der Aufschiebung gemeldet haben, fordern, dass zumindest die schon recht detailliert ausgearbeitete Budgetgrenze verabschiedet wird, respektive inhaltlich auch bei Verschiebung der Deadline nicht mehr angefasst werden darf.

In der aktuellen Fassung ist ein unabhängiges Gremium mit Richtern vorgesehen, das Verstöße sanktionieren kann. Die Strafen reichen dabei von Geldbußen, bis hin zu sportlichen Strafen wie Verwarnungen, Punktabzügen, Sperren und Einschränkungen bei den Entwicklungskapazitäten. Ein erster Testlauf soll schon 2020 durchgeführt werden. In Kraft treten die Regeln dann aber erst 2021.

Für die fünf genannten Teams sind die Inhalte der Budgetgrenze nicht mehr verhandelbar. Sie wollen für die geplante Aufschiebung nur grünes Licht geben, wenn alles so kommt. Doch was konkret wird dann noch aufgeschoben? Die Änderungen 2021 sind umfassend. Neben der Regierung des Sports werden auch das Sportliche und das Technische Reglement neu verfasst.

Formel-1-Regierung: Ferrari-Veto bleibt

Bei der Regierung scheint man sich derweil schon weitestgehend einig zu sein: Die Strategiegruppe fällt weg, stattdessen gibt es nur noch eine Kommission, die Regeländerungen vor der finalen Abstimmung durch den Motorsportweltrat WMSC initiieren und beschließen darf.

Racefans.net liefert weitere Details: Die Kommission soll aus allen zehn Teams bestehen, die jeweils eine Stimme halten. Dazu haben FIA und Liberty Media noch jeweils zehn weitere Stimmen, so dass sich insgesamt 30 Stimmen ergeben. Mit einer 'einfachen Mehrheit' von 25 aus 30 Stimmen können Regeländerungen vor der Deadline im April der Vorsaison durchgewinkt werden. 28 aus 30 Stimmen sind für die 'super Mehrheit' nötig, wenn Änderungen nach der Deadline kommen. Einstimmigkeit wird verlangt, wenn Änderungen während der Saison anstehen.

Ein entscheidender Punkt: Ferrari soll auch weiterhin über sein Veto-Recht verfügen. Zu Regeländerungen in den Bereichen Power Unit, Finanzen und Dingen, welche die DNS der Formel 1 ändern würden, kann Ferrari Nein sagen.

Technik-Regeln: Motor klar, Chassis nicht

Die Technik muss in zwei Bereich unterteilt werden: Motor und Chassis. Bei den Motoren bleibt fast alles beim Alten. Die Power Units samt der beiden Energierückgewinnungssysteme MGU-K und MGU-H bleibt. Der kinetische Teil wird erhöht, außerdem soll sein Einsatz mehr unter der Kontrolle des Fahrers stehen. Durch einen angehobenen maximalen Benzinfluss steigen Leistung und Drehzahl. Um die Kosten der Entwicklung im Zaum zu halten, werden Prüfstandszeiten ähnlich wie Windkanalzeiten und CFD-Kapazitäten beschränkt.

Sieht so die Formel 1 der Zukunft aus?, Foto: F1
Sieht so die Formel 1 der Zukunft aus?, Foto: F1

Beim Chassis ist es komplizierter. Hier doktern die Formel-1-Macher schon seit zwei Jahren an einer Formel, die besseres Racing ermöglichen soll. Inzwischen gibt es schon die x-te Iteration des Konzeptautos. Die Details des Technischen Reglements sind das Problem, weshalb um den Aufschub gebeten wird.

Die Anhebung der Reifengröße steht zwar längst fest, inzwischen hat sich aber Widerstand gegen die Abschaffung der Heizdecken formiert. Der Ausgang ist ungewiss. Dazu wird über Restriktionen bei der Entwicklung debattiert. Denkbar ist ein Limit an Aerodynamik-Entwicklungen pro Saison. Außerdem sollen zusätzliche Komponenten für eine ganze Saison homologiert werden.

Um Kosten zu senken sollen außerdem mehr Standardteile kommen. Darüber gibt es noch große Diskussionen. Viele lehnen Standardteile ab, bevorzugen stattdessen einen Design-Freeze bei bestimmten Komponenten.

Die ersten Konzepte für 2021 sind längst überholt, Foto: FOM
Die ersten Konzepte für 2021 sind längst überholt, Foto: FOM

Die Regelmacher wollen ab 2021 die Teile genauer kategorisieren. Statt der Listed Parts, die ein jedes Team selbst bauen muss, um als Konstrukteur zu gelten, sollen die 'Team Specific Components', kurz TSC kommen. 'Standard Supply Components' (SSC) sind Einheitsteiler von FIA-designierten Zulieferern. Bei 'Stipulated Design Components' (SDC) handelt es sich um Komponenten, die nach einer fixen Spezifikation von den Teams selbst hergestellt werden. Zu guter letzt gibt es noch die Zukaufteile anderer Teams, sogenannte Transferable Components' (TRC), deren Kosten beschränkt werden sollen.

Formel-1-Wochenende gekürzt

Auch beim Sportlichen Reglement gibt es noch viel Diskussionsbedarf. Zuletzt gelangten Pläne an die Öffentlichkeit, wonach das Rennwochenende von vier auf drei Tage geschrumpft werden soll. Der Medientag soll nicht mehr am Donnerstag, sondern am Freitagmorgen vor den Trainings stattfinden, die dafür in die Abendstunden gehen sollen. Damit sollen die Reisetage weniger werden, wodurch eine Erweiterung des Kalenders einfacher wäre.

Werden die Formel-1-Wochenenden verkürzt?, Foto: LAT Images
Werden die Formel-1-Wochenenden verkürzt?, Foto: LAT Images

Gleichzeitig sollen schon bei der Technischen Abnahme am Freitagmorgen Parc-Ferme-Regelungen gelten. Damit sind längst nicht alle einverstanden. Der Plan, mehr Fehler zu provozieren, könnte nach hinten losgehen, weil die Top-Teams mit ihren Prüfständen und Simulatoren schon fast perfekt vorbereitet an die Strecken kommen.

Andere Pläne klingen durchdachter: So sollen Getriebe nicht mehr sechs aufeinanderfolgende Rennen halten müssen. Stattdessen ist ein Pool für die gesamte Saison angedacht, ähnlich wie bei den Motoren.

Außerdem sollen alle Teams dazu verpflichtet werden, an mindestens zwei Freitagssessions einen Young Driver einzusetzen. Ebenfalls angedacht: die Testfahrten vor der Saison von zwei Mal vier Tage auf zwei Mal drei Tage zu verkürzen.