Im Jahre 1972 dürften sich weder die Namensgeber des mittlerweile berühmt-berüchtigten Watergate-Hotels noch die beiden Journalisten Robert Woodward und Carl Bernstein erträumt haben, dass auch noch Jahrzehnte nach der Watergate-Affäre der Name des Hotels die Fantasie und Kreativität der schreibenden Zunft anregen würde.

Wobei man in diesem Zusammenhang mit dem Begriff "Kreativität" fast schon wieder etwas vorsichtig sein muss - und zwar nicht nur, weil irgendwo eine Verschwörung des Schweigens von Zigaretten rauchenden Hintermännern mit tiefen Stimmen geschmiedet wird.

Nein, vielmehr weil die britischen F1-Journalisten in der Watergate-Affäre ein schier unerschöpfliches Reservoir an Wortspielen gefunden haben, welches sie dank der vielen Skandale in der Königsklasse des Motorsports in den vergangenen Jahren mustergültig auszunutzen wussten.

Wer erinnert sich dieser Tage vor dem Ungarn GP nicht an die Tyregate-Affäre des Jahres 2003? Wer denkt aktuell nicht an die Buttongate-Affäre von vor einem Jahr zurück? Oder wer hat die Imola-Gate und Indy-Gate Vorfälle dieses Jahres nicht noch genau in Erinnerung?

Mittlerweile scheinen unsere britischen Kollegen sich aber nicht nur an amerikanischen Hotelnamen und nationalen Skandalen, sondern sogar an der amerikanischen Filmindustrie in Hollywood zu orientieren. Denn mit Buttongate II gibt es dieser Tage quasi ein Sequel zur letztjährigen Buttongate-Affäre. Und wie es sich gehört sind auch diesmal alle Hauptdarsteller wieder mit von der Partie. Ob das seit einem Jahr im täglichen Sprachgebrauch erst richtig bekannt gewordene CRB, sprich das Contracts Recognition Board, auch wieder einen kurzen Cameo-Auftritt erhalten wird, ist bislang noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen.

Aber bei all den vielen Tyre-, Button-, Indy- und Stargates dürfte es nicht lange dauern, bis unsere Kollegen von der grünen Insel das nächste Gate öffnen werden. Vielleicht bekommt dann auch Bill Gate(s) eine kleine Rolle...

Eine kleine Auswahl an Gate-Affären

Button-Gate II (2005) Jenson Button möchte trotz eines gültigen Vertrages lieber bei einem anderen Team fahren. Sie kennen diese Geschichte schon? Kein Wunder, schon vor einem Jahr spielte Jenson in einem ähnlichen Streifen die gleiche Hauptrolle. Damals wie heute möchte er für ein anderes Team fahren. Nur diesmal möchte er trotz eines angeblich aufgrund einer Leistungsklausel gültigen Williams-Vertrages, 2006 lieber für British American Racing antreten. Auch diesmal pocht Sir Frank auf einen felsenfesten Vertrag mit JB, so wie vor einem Jahr David Richards. Allerdings soll es noch eine weitere Klausel geben, welche Button den Ausstieg ermöglichen soll, wenn Williams keinen Werksmotorendeal an Land ziehen kann. Es geht also noch weiter. Ein Auftritt des CRB ist nicht auszuschließen...

Indy-Gate (2005) Die Franzosen von Michelin begehen vor dem US Grand Prix einen folgenschweren Fehler und bringen einen nicht an die Streckenbedingungen angepassten Reifen mit. Dies führt zu schier unendlichen Diskussionen, die sich bis in die Startaufstellung hineinziehen. Am Ende starten nur lächerliche sechs Autos, jene auf Bridgestone-Reifen, in den Kleinen Preis der USA. Die Fans toben, die Welt lacht die F1 aus und Max Mosley steht am Pranger. Trotz einer kurzfristigen Verurteilung der Michelin-Teams durch das FIA World Motor Sport Council wird der Schuldspruch wenig später wieder rückgängig gemacht und der ganze negative Wirbel war umsonst.

Imola-Gate (2005) Und schon wieder Jenson Button: Nach der ersten Punkteankunft des British American Racing Teams in der Saison 2005 werden beide Autos stundenlang im Parc Fermé untersucht und erst am späten Abend für legal erklärt. Tags darauf legt die FIA selbst Einspruch gegen die Entscheidung der eigenen Rennstewards ein, da der Tank des BAR007 nicht regelkonform gewesen und das Auto untergewichtig gefahren sein soll. Nach einer Anhörung vor dem FIA International Court of Appeal wird das Team für zwei Rennen gesperrt und vom Imola GP disqualifiziert. Die Drohung eines Einspruchs verpufft im Nichts.

Buttongate (2004) Die erste Buttongate-Affäre endete vor Gericht: Nachdem Jenson trotz eines gültigen Vertrages bei British American Racing lieber für Williams fahren wollte, entschied das CRB, dass Button 2005 in Brackley bleiben müsse. Die angebliche Vertragslücke, die sein damaliger Manager entdeckt haben wollte, reichte nicht für einen Wechsel. Die Moral von der Geschicht': Unterschreibe niemals zwei Verträge gleichzeitig.

Tyregate (2003) Nach dem Ungarn GP des Jahres 2003 kochen nicht nur bei der überrundeten Scuderia Ferrari die Emotionen über. Die Laufflächen der Michelin-Pneus sollen beim Hitzerennen von Ungarn nicht regelkonform gewesen sein, was in aller F1-Welt zum Wälzen von Regeltexten und Nachmessen von Reifenlaufflächen führt. Obwohl den Franzosen niemals nachgewiesen werden kann, dass sie illegale Reifen verwendet haben, müssen sie den folgenden Monza-Test damit verbringen neue Pneus zu testen und kommen danach acht Rennen lang zu keinem Erfolg mehr. Auch heute beteuert Pierre Dupasquier rückblickend noch immer, dass man an den Reifen zwischen Ungarn und Monza nichts verändert habe und die FIA die Pneus immer noch nicht anders messen würde.

Stargate (1994) Ein Typ mit leuchtenden Augen versucht auf einem fernen Planeten eine ähnliche Stellung wie bei uns heutzutage Max Mosley einzunehmen und wird dafür von einem Aushilfs-Paul Stoddart in die Wüste geschickt. Nimm Dir ein Beispiel daran, Paul!