Mercedes hatte in Bahrain definitiv nicht das schnellste Auto im Formel-1-Feld - und trotzdem holten die Silberpfeile am Ende einen Doppelsieg. Auf der einen Seite profitierten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas natürlich vom Technik-Pech von Charles Leclerc. Auf der anderen Seite musste Hamilton auch erst einmal an Sebastian Vettel vorbei.

Auch ohne die großen Dramen zum Schluss war Bahrain 2019 ein episches Rennen. Zweikämpfe an der Spitze, Duelle zwischen Vettel und Hamilton. Es ging hin und her. Doch wieso musste sich Vettel überhaupt gegen Hamilton wehren, während Leclerc vorne das Rennen dominierte? Wie kam Vettel so unter Druck, dass er mal wieder einen Fehler beging? Die Antworten in der Rennanalyse von Motorsport-Magazin.com.

Sebastian Vettel: Guter Start, schlechte Stopps

Am Start sah es zunächst noch ganz anders aus: Sebastian Vettel stürmte von Startplatz zwei in Führung, Lewis Hamilton fiel von Position drei noch einen Platz nach hinten. Vettel kam als Erster aus der Startrunde, Hamilton als Vierter.

Lange hielt das nicht: Als sich Valtteri Bottas in der zweiten Runde verbremste, schlüpfte nicht nur Leclerc durch, sondern auch Hamilton. Schon lag der Weltmeister wieder auf Rang drei. In Runde fünf ging Leclerc schließlich an Vettel vorbei. Nun lagen die beiden Dauerrivalen direkt hintereinander. Vettel verlor durch den Zweikampf mit seinem Teamkollegen Leclerc rund zwei Sekunden, daher befand sich Hamilton fast schon im DRS-Fenster.

In Runde elf sorgte dann Max Verstappen für einen Schneeball-Effekt, der Sebastian Vettel weitere Sekunden kosten sollte. Verstappen kam als erster der Top-5 an die Box. Bottas, direkt vor ihm, musste eine Runde später nachziehen, um sich gegen einen Undercut zu schützen. Hamilton, direkt vor Bottas, musste aus dem gleichen Grund nach nur einer weiteren Runde ebenfalls an die Box.

Die Reifenstrategien beim Grand Prix von Bahrain, Foto: Pirelli
Die Reifenstrategien beim Grand Prix von Bahrain, Foto: Pirelli

Das Problem für Vettel: Der Undercut ist in Bahrain sehr wirkungsvoll. Rauer Asphalt sorgt für mitunter den größten Reifenabbau des gesamten Jahres. Ferrari musste aber zuerst einmal mit Leclerc auf die Mercedes-Stopps reagieren, da sonst gar die Führung in Gefahr gewesen wäre.

Vettel konnte somit erst eine Runde nach Hamilton an die Box gehen und stand somit am Ende des Schneeball-Effekts. Doppelt bitter: Hamilton hatte sich im Qualifying als einziger Top-10-Pilot noch einen frischen Satz Soft aufgehoben. Das zahlte sich nun aus: Während die Konkurrenz im zweiten Stint auf Medium setzte, gaste Hamilton sofort mit den brandneuen Softs an.

Zusammen mit dem um eine Runde früheren Stopp reichte es für Hamilton, um an Vettel vorbeizugehen. Mehr noch: Vettel kam deutlich hinter dem Mercedes-Piloten wieder zurück auf die Strecke, hatte beim Überqueren der Ziellinie knapp drei Sekunden Rückstand.

Hamiltons weiche Reifen wollen nicht: Ein Horror-Stint

Doch der Vorteil der frischen weichen Reifen hielt nicht lang. Innerhalb von sechs Runden war Vettel wieder im DRS-Fenster von Hamilton und holte sich in Runde 22 den Platz vom Briten zurück. Ausgerechnet in Kurve vier schnappte sich Vettel Hamilton. Hamilton sah seine Felle da schon davonschwimmen: "Der zweite Stint auf den Soft-Reifen war grauenhaft. Wir sind hinter die Ferraris zurückgefallen und es sah aus, als hätten wir keine Chance mehr auf Platz zwei oder gar auf den Sieg."

Vettel konnte den Vorsprung auf Hamilton Runde um Runde ausbauen. Als Hamilton in Runde 34 zu seinem zweiten und letzten Stopp kam, hatte er knapp fünf Sekunden Rückstand. Wie schon zuvor kam Vettel aber eine Runde später zum Reifenwechsel.

Diesmal blieb Vettel vorne, verlor allerdings erneut sehr viel Zeit. Von knapp fünf Sekunden war der Vorsprung auf unter eine Sekunde zusammengeschmolzen. Auch auf den Soft-Reifen war der von Mercedes ausgeführte Undercut sehr effektiv und katapulierte Hamilton sofort ins DRS-Fenster.

Zuvor hatte Hamilton fast schon aufgegeben. "Ich habe mit diesem zickigen, übersteuernden Auto bei diesem heftigen Wind in sehr schwierigen Bedingungen einfach nur gekämpft", gestand er. "Dieser Undercut war sehr aufregend für mich, das habe ich wirklich nicht kommen sehen."

Mehr DRS in Bahrain macht Kämpfe leichter

Nicht nur, dass es 2019 in Bahrain eine zusätzliche DRS-Zone gab - der DRS-Effekt an sich ist durch die neuen Regeln deutlich größer. So konnte sich Vettel nicht lange gegen Hamilton wehren. Doch anstatt aufzugeben versuchte Vettel das, worauf sein Gegenspieler Hamilton beim vorangegangenen Zweikampf noch verzichtet hatte: Am Ausgang von Kurve vier dagegenzuhalten. Hamilton hatte da lieber zurückgesteckt.

Vettel übertrieb es beim versuchten Konter, verlor das Auto, und der Rest ist Geschichte. Letztlich kostete der Fehler Vettel womöglich den Sieg, mindestens aber Platz zwei. Denn hätte er sich nicht gedreht und dabei die Reifen und in Folge auch den Frontflügel ruiniert, wäre er zumindest hinter Hamilton gewesen.

Vettel fehlte am Wochenende Pace im Vergleich zu Leclerc. Trotzdem war der Speed da, um mit den Mercedes zu kämpfen. Durch die etwas späteren Boxenstopps verlor Vettel jeweils viel Zeit, musste deshalb auch zunächst wieder an Hamilton vorbei. Schlussendlich schmiss er den möglichen Sieg aber selbst weg.