Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Großbritannien GP (06:58 Min.)

Die Formel 1 spurtet weiter der Saisonhalbzeit entgegen. In Silverstone steht das zehnte Rennen im Kalender 2018 und damit das Finale des Triple Headers an. Mercedes reist nach einem absoluten Desaster zum Heimspiel des Teams nach Großbritannien. Können Weltmeister Lewis Hamilton und Teamkollege Valtteri Bottas in Silverstone zurückschlagen? Oder baut Ferrari-Pilot Sebastian Vettel seine WM-Führung weiter aus? Was kann der wiedererstarkte Max Verstappen im Red Bull ausrichten? Die Brennpunkte für das Rennen im Home of British Motor Racing.

Brennpunkt #1: Erholt sich Mercedes vom Österreich-Debakel?

Mercedes erlebte in Österreich eine bittere Enttäuschung. Ein Wochenende das zunächst nach Silberpfeil-Dominanz roch, wurde auf einen Schlag zu einer absoluten Katastrophe. Die technischen Defekte bei Bottas und Hamilton sowie der nächste grobe Strategiefehler ließen nur ein Fazit zu: "Es gibt keine Worte dafür. Für mich ist das der schwerste Tag in meiner Mercedes-Zeit. Viel schwerer noch als Barcelona 2016, weil einfach alles schief gelaufen ist, in einem Rennen, das gut laufen sollte", so Teamchef Toto Wolff.

Die Konkurrenz der Silberpfeile ist 2018 stärker als je zuvor, die Jahre der Dominanz endgültig vorbei. In Kanada stütze sich Hamilton nach einem schwachen Ergebnis noch darauf, dass im weiteren Saisonverlauf vieles passieren kann. Die scheinbar kugelsichere Zuverlässigkeit seines Mercedes machte ihm Hoffnung auf den längeren Atem im WM-Kampf. Doch statt Ferrari holte der Defekt-Teufel ihn in Spielberg zuerst ein. In der Gesamtwertung liegt er nun einen Punkt hinter Vettel.

Das Positive für Mercedes: Der F1 W09 erwies sich mit den Updates aus Frankreich und Österreich was die Pace anbelangt als schärfste Waffe für den WM-Kampf. Und mit Silverstone ist eine Strecke an der Reihe, auf der das Team schon in den vergangenen Jahren unantastbar war. Das Layout des Kurses ist mit seinen ultraschnellen Kurven wie gemacht für den Mercedes. Die neue Asphaltdecke sollte dem Boliden ebenfalls in die Karten spielen, genau wie die dünneren Pirellireifen die erneut zum Einsatz kommen. Die Chancen auf eine Wiedergutmachung stehen mehr als gut.

Brennpunkt #2: Staubt Vettel erneut Punkte ab?

Bei Ferrari und Sebastian Vettel läuft es mit der zurückgewonnenen WM-Führung in Fahrer- sowie Konstrukteurswertung scheinbar wie am Schnürchen. Einen perfekten Job lieferte der WM-Rivale von Mercedes zuletzt aber auch nicht ab. In Frankreich die Startkollision mit Bottas, in Österreich eine Grid Penalty die angesichts des Mercedes-Ausfalls wohl einen sicheren Sieg verhinderte. Vettel ist zurück an der WM-Spitze, obwohl er zuletzt selbst nicht das Maximum herausholte.

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Angesichts der Vorzeichen für Silverstone rechnet Ferrari bereits damit, die WM-Führung wohl wieder an Mercedes zu verlieren. Die Favoritenrolle weist man jedenfalls weit von sich. "Auf dem Papier ist Silverstone für uns sehr schwierig. Die Aerodynamik ist dort sehr wichtig und es wird für uns ein schwieriges Rennen", sagte Teamchef Maurizio Arrivabene gegenüber Sky Italien. Besonders von der Stärke des Teams, welche Mercedes in den ersten Saisonrennen verzweifeln ließ, war zuletzt nichts mehr zu sehen.

"Unsere Rennpace ist gut, aber im Qualifying sind wir im Moment etwas hintendran. Wir müssen die Ärmel hochkrempeln", mahnt der Italiener, sich in dieser entscheidenden Phase vor der Sommerpause nicht vom selbst strauchelnden Konkurrenten noch abhängen zu lassen. 2017 schaffte es Vettel, nach Ungarn als WM-Führender in die Sommerpause zu gehen. Für eine Wiederholung ist in Silverstone Schadensbegrenzung angesagt. In Hockenheim und Budapest darf man sich bei der Scuderia dann wieder mehr erhoffen.

Brennpunkt #3: Welches Gesicht zeigt Red Bull in Silverstone?

Red Bull wurde in den letzten Saisonrennen immer mehr zur Wundertüte der Formel 1. Für Mercedes und Ferrari ist der Underdog der Top-Teams mittlerweile unberechenbar. Klar, die Siege in China und Österreich waren besonderen Umständen geschuldet. Lediglich in Monaco war der RB14 wirklich unumstritten das schnellste Auto im Feld. Unumstritten ist aber auch, dass das Team 2018 näher dran ist als im Vorjahr. Zusammen mit einem Max Verstappen in Höchstform darf man die Bullen eigentlich nicht abschreiben.

Silverstone war 2017 allerdings kein gutes Pflaster für das Team. Ursprünglich hatte man sich auf der Aerodynamik-Strecke gute Chancen ausgerechnet, tatsächlich ging Red Bull mit wehenden Fahnen unter. Im Qualifying verlor Verstappen anderthalb Sekunden auf die Pole-Zeit von Hamilton. Ein Sieg aus eigener Kraft wird in Silverstone kaum drin sein. Doch wenn Red Bull näher an der Spitze ist als im Vorjahr, sind zumindest die Chancen höher von Fehlern der Konkurrenz zu profitieren.

Brennpunkt #4: Greift Haas nach Renault?

Hinter den drei Top-Teams geht seit Österreich richtig die Post ab. Während Renault das schlechteste Wochenende seiner Saison erlebte, stellte Haas im Mittelfeld alles in den Schatten. Die US-Amerikaner feierten das beste Ergebnis ihrer noch jungen Teamgeschichte und stockten ihr Konto in der Weltmeisterschaft damit auf 49 Punkte auf. Damit liegt das Team auf Platz fünf nur noch 13 Punkte hinter Renault. Ebenfalls in Schlagdistanz zu den Franzosen sind immer noch McLaren mit 44 und auch wieder Force India mit 42 Punkten.

Der Favorit für Silverstone ist aber ganz klar Haas. Der VF-18 hatte 2018 zwar auch schon seine schwachen Rennstrecken, doch die kommende zählt nicht dazu. Eher im Gegenteil: Anders als der große Bruder Ferrari fühlt sich Haas in schnellen Kurven richtig wohl. Und auch frischer Asphalt schmeckt dem Boliden von Romain Grosjean und Kevin Magnussen. All das bietet Silverstone. Für die Konkurrenz dürfte es also schwer werden, die US-Boys vom nächsten Punktsieg abzuhalten.

Brennpunkt #5: Neuer Asphalt: Fallen die Rekorde?

Die Neuasphaltierung von Silverstone könnte alteingesessenen Formel-1-Fans fast die Tränen in die Augen treiben. Denn die abgetragene Streckenoberfläche stammte aus dem Jahr 1996 und war damit mehr als reich an Geschichte. Der neue Asphalt bietet dafür aber wie immer die Chance, neue Geschichte zu schreiben. Zuerst wird wohl der Rundenrekord auf dem 2010 eingeführten Streckenlayout dran glauben müssen.

Wenn der britische Sommer die Formel 1 nicht im Stich lässt, wird es dafür nicht einmal die dünnen Reifen von Pirelli brauchen. 2017 stellte Hamilton im Qualifying mit einer Rundenzeit von 1:26.600 Minuten einen neuen Streckenrekord auf. Neben der Weiterentwicklung der Boliden in den vergangenen zwölf Monaten soll der neue Asphalt die Autos auf dem Papier alleine eine ganze Sekunde schneller machen.