Fünf Jahre sind im Leben eines Menschen nicht unbedingt eine besonders lange Zeit. Sie sind aber auch nicht eine sehr kurze. Letztendlich kommt es darauf an, was man in dieser Periode erreicht. Um es in den Vereinigten Staaten von Amerika zu mehr als nur bescheidenem Wohlstand zu bringen, reicht dieser Zeitraum bekanntlich allemal.

Als die Zwillingsbrüder Mario Gabriele und Aldo Andretti mit ihren Eltern in Nazareth/Pennsilvania ankamen, waren sie bereits fünfzehn. Da war die Flucht aus dem Geburtsort Montona, nahe Triest, den Titos Kommunisten dem Vielvölkerstaat Jugoslawien einverleibt hatten. Und da war eben der Wunsch nach Freiheit und der nach einer materiell gesicherten Existenz: "Wir wollten wieder reich werden und mit zwanzig wieder in Italien sein".

Mario Andretti in seinem Lotus Boliden., Foto: Sutton
Mario Andretti in seinem Lotus Boliden., Foto: Sutton

Dort hatte es Alberto Ascari gegeben, und da waren immer noch Ferrari und das Autodromo di Monza: Ideale und Werte, über die man auch sich selbst definierte. Der amerikanische Rennsport ist da ganz anders. Da gibt es die Midget und Stock Cars, vorallem aber die 500 Meilen von Indianapolis und die mit Ihnen artverwandten Rennen. Der Europäer Mario Andretti machte eine amerikanische Karriere.

"Der beste Vertag meines Lebens, war 1964 die Einbürgerung",und ein Jahr später war er, noch als Rookie, in Indianapolis ein Star. Es brauchte bis zum Sieg dennoch fünf Anläufe. Als Mario Andretti 1969 endlich gewann, trug sein Auto, neben den Aufklebern der Sponsoren auch jenen mit der Aufschrift: 9. Infanteriedivision Vietnam. Nein, das war nicht Psychologie des Krieges, sondern nur ein wenig mentaler Halt für die Soldaten in der Hölle Südostasiens, die ihre Niederlage bereits vor Augen hatten.

Beim Grand Prix Debüt auf der pole position zu stehen, ist ein fast unmögliches Unterfangen. Nur Carlos Reutemann, Jacques Villeneuve und Mario Andretti (1968 in Watkins Glen im Lotus) haben dies jemals geschafft. Colin Chapman hat seiner Karriere die entscheidenden Impulse gegeben und schliesslich die Basis zum Titelgewinn bereitgestellt. Technisch mit dem Flügelauto Lotus Ford 79. Und menschlich mit dem loyalen Adjutanten Ronnie Peterson.

Mario bei seinem Heimrennen im verregneten Watkins Glen., Foto: Sutton
Mario bei seinem Heimrennen im verregneten Watkins Glen., Foto: Sutton

Dennoch waren auch andere wichtig. Andy Granatelli von STP holte Andretti 1970 für eine erste volle Grand Prix Saison ins neugegründete March Team. Rufus Parnell Jones, derselbst Indianapolis und die Baja California gewonnen hatte, baute ihm mit dem Parnelli Ford einen reinrassigen amerikanischen Grand Prix Rennwagen.

Enzo Ferrari schliesslich holte ihn 1971 und 1972, mit Jacky Ickx und Clay Regazzoni gleichgestellt, in sein Werksteam. Und dann, nach Gilles Villeneuves Tod und Pironis Unfall nochmals Ende 1982, wo Andretti seine Formel 1-Karriere beendete. Erfolgreich. Alfa Romeo und Le Mans hingegen gerieten eher zu Alpträumen für Mario Andretti, der einmal, 1982 in Long Beach, sogar für Sir Frank Williams gefahren war.