Kimi Räikkönen heißt nicht umsonst mit Spitznamen Iceman. Während sich fast die gesamte Formel-1-Welt nach dem Qualifying in Singapur die Augen reibt und über den starken Ferrari-Konter gegen Red Bull Racing wundert, bleibt Räikkönen cool.

Selbst Polesetter und Teamkollege Sebastian Vettel zeigte sich nach seiner Zauberrunde zur Pole beim Nachtrennen völlig entzückt, hatte nach Red Bulls bärenstarkem Auftritt in sämtlichen Trainings - nicht nur im Shortrun, sondern mindestens genauso im Longrun - offenbar selbst kaum noch mit einem roten Coup in der Qualifikation gerechnet.

Anders sein finnischer Teamkollege. "Das haben wir doch schon an anderen Wochenenden gesehen", winkt Räikkönen fast schon gelangweilt ab. "Manche sind sehr früh am Wochenende schnell und dann kommen alle näher und holen auf", ergänzt Räikkönen - und rechnet mit allen leidenschaftlichen Analytikern der Freitagszeiten ab.

Räikkönen: Trainingsanalysen in Formel 1 oft sinnlos

Red Bull habe die F1-Szene offensichtlich einfach in die Irre geführt. "Unterschiedliche Benzinladungen, Runs ... es so leicht, da jemanden gut aussehen zu lassen. Es ist ein bisschen sinnlos, sich die Freitagszeiten anzuschauen und zu sagen 'dieses Team wird vor den anderen sein'", schildert Räikkönen. "Es kommt häufiger vor als nicht, dass alle aufholen. Die drei Top-Teams sind für gewöhnlich enger beieinander", ergänzt Ferraris Formel-1-Routinier.

Genau das beweisen die Zeiten im Qualifying eindrucksvoll: Lag Red Bull am Freitag noch sieben Zehntel vor dem ersten Verfolger, Lewis Hamilton, sogar zwei Sekunden vor Ferrari, war es im dritten Training am Samstagnachmittag in Singapur plötzlich nur noch eine Zehntel. Ähnlich eng ging es daraufhin im Qualifying weiter. Zwar behauptete Red Bull in Q1 und Q2 noch eine Doppelspitze, jedoch längst nicht so überlegen wie am Freitag.

Im Q3 drehte Ferrari den Spieß schließlich komplett um: Vettel fuhr zur Pole - mit mehr als drei Zehnteln Vorsprung auf Red Bulls Speerspitze Max Verstappen. Selbst Vettels zweitschnellste Runde im finalen Quali-Segment hätte noch komfortabel zum ersten Startplatz gereicht.

Räikkönen mit verhaltenem Ferrari-Lob in Singapur

Kimi Räikkönen indessen hielt sich mit gut zwei Zehnteln hinter Red Bull zumindest in Schlagdistanz. Ohne einen deutlichen Quersteher auf seiner schnellsten Runde wäre allerdings wohl auch der Finne vor Verstappen und Daniel Ricciardo gelandet. "Gestern waren wir nicht, ich zumindest, auch nur annähernd dran an Red Bull. Jetzt hatten wir noch ein paar Fehler, ohne die hätten wir vor ihnen sein können. Das hätte das Qualifying vielleicht noch etwas mehr verändert", sagt Räikkönen.

Formel 1: Ferrari-Land in Singapur?: (02:45 Min.)

Doch was trieb den Ferrari-Star in diese kleinen Fehler? "Ich denke nicht, dass etwas richtig schief gegangen ist", meint Räikkönen. "Ich hatte an einem bisher schwierigen Wochenende einen guten Speed. Das Qualifying war bis hierher der beste Teil", ergänzt Räikkönen. Doch das meint längst nicht, dass es wirklich gut war. "Es fühlte sich noch immer nicht leicht an, nicht wie ich es erwarte. Es war besser. Aber es war noch immer ein Kampf, eine gute Runde zusammen zu bringen. Es war leicht, Fehler einzubauen, Rundenzeit zu verlieren", schildert Räikkönen.

Großartig beklagen will sich der Ferrari-Pilot jedoch nicht. "Es war schon sehr viel besser als gestern und heute Nachmittag", lobt Räikkönen. "Das Gefühl ist weit entfernt von perfekt. Aber natürlich ist es mit Blick auf die Rundenzeiten im Qualifying sehr viel besser geworden, konkurrenzfähiger. Trotzdem erwartest du, dass die Dinge etwas mehr Sinn ergeben. Es war noch weit entfernt von komfortabel und einfach, sodass du pushen kannst."

Wichtig sei jetzt einfach, mit P4 ein anständiges Ergebnis geholt zu haben, mit dem er sich im Rennen noch etwas ausrechnen könne. "Wir haben uns immerhin eine Chance für morgen offen gelassen, in eine gute Position gebracht", sagt Räikkönen.

Kimi: Morgen? Nach vorne!

"Ich bin froh ... nein ich bin nicht froh ... den vierten Platz mitzunehmen. Wenn du dir aber das ganze Qualifying ansiehst, hätte es auch dramatisch viel schlechter laufen können", sagt Räikkönen, wohl mit Blick auf Q1 als sich sämtliche Top-Teams bereits in der Garage befanden während sich das Mittelfeld urplötzlich dramatisch verbessert, Vettel, Räikkönen und Bottas kurzzeitig sogar bedroht schienen.

Räikkönens Rennausblick: "Ich nehme den vierten Platz jetzt mit. Morgen kommen wir von dort hoffentlich nach vorne. Es wird ein langes und schwieriges Rennen. Wir pushen weiter und machen das Beste daraus."