Im Land der Pommes und der Waffeln verzichtete Daniel Ricciardo dieses Mal auf einen kräftigen Schluck Champagner aus seinem Schuh. Dabei hätte er sich seinen inzwischen bekannten "Shoey" durchaus gönnen dürfen, denn der Australier fuhr nicht nur wieder einmal auf das Podium, sondern zeigte auch noch das Manöver des Tages, welches ihn überhaupt erst auf diesen Platz brachte.

Als die Safety-Car-Phase zu Ende ging, war das Feld logischerweise dicht zusammen. Alle Augen waren auf das Duell Lewis Hamilton gegen Sebastian Vettel an der Spitze gerichtet, zumal beide auf unterschiedlichen Reifen den Schlussabschnitt des Rennens bestritten. Doch auch dahinter war die Ausgangslage ähnlich. Valtteri Bottas hatte als Dritter frische Softs aufgezogen, seine Verfolger Ricciardo und Kimi Räikkönen fuhren auf Ultrasofts. Ein Umstand, der sich bald rächen sollte.

Bottas wehrlos auf gelben Reifen

"Ich habe bereits hinter dem Safety Car gespürt, dass ich den Softreifen nicht ins Arbeitsfenster bekomme", erklärte Bottas. So blieb es auch, bis Bernd Mayländer wieder in die Box kam. "Als das Safety Car reinkam, hatte ich aus Kurve 19 heraus einen schlechten Ausgang und wenig Traktion", so der Finne. So klopfte Ricciardo bereits bei La Source an, Bottas musste die Innenbahn abdecken. Ein Teufelskreis begann, der sich am Ende der Kemmel-Geraden rächen sollte.

Valtteri Bottas blieb nur Rang fünf, Foto: Sutton
Valtteri Bottas blieb nur Rang fünf, Foto: Sutton

"Meine erste Kurve war schlecht, wenig Traktion, wenig Grip. Auf der Geraden kamen die Jungs dann von beiden Seiten. Ich habe versucht, für Kurve fünf spät zu bremsen, aber bekam das Auto nicht stark genug verzögert und musste geradeaus fahren", schildert Bottas die Situation in Les Combes.

Ricciardo ging außen vorbei, Räikkönen innen, der Red-Bull-Pilot konnte seine Position sogar gegen Räikkönen behaupten. Erinnerungen wurden wach an das Überholmanöver von Mika Häkkinen gegen Michael Schumacher im Jahr 2000 an gleicher Stelle, als das Überrundungsmanöver gegen Ricardo Zonta das Rennen entschied. Damals kam Häkkinen aber innen vorbei, Räikkönen gelang das nicht. Ohnehin konnte Räikkönen das Tempo von Ricciardo in der Folge nicht mitgehen.

"Ich hatte genug Speed drauf, um neben Bottas zu fahren und innen vorbei zu gehen. Danach hatte ich nicht mehr den Speed der Red Bulls. Die waren unter Rennbedingungen überraschend stark. Die hatten immer guten Speed an den richtigen Stellen", schilderte Räikkönen, der am Ende Vierter wurde.

Großer Gewinner aber war einmal mehr Daniel Ricciardo, der sich inzwischen zum Abstauber-König entwickelt hat. Das ist keineswegs despektierlich gemeint. Vielmehr ist es beeindruckend, wie es der Australier in dieser Saison in fast schon beängstigender Konstanz schafft, die Patzer oder Schwächen der Top Teams auszunutzen. Inzwischen stehen für ihn sechs Podien in dieser Saison zu Buche, zwei mehr als Räikkönen, nur zwei weniger als Bottas. Inzwischen liegt er mit dieser Bilanz wieder auf Rang vier in der Fahrer-Weltmeisterschaft.

Ricciardo (r.) gehört 2017 zu den Stammgästen auf dem Podium, Foto: Sutton
Ricciardo (r.) gehört 2017 zu den Stammgästen auf dem Podium, Foto: Sutton

Ricciardo mit ein wenig Glück und viel Geschick

Seinen Coup beim Re-Start gegen Bottas sah er als Alles-oder-Nichts-Chance. "Ich wusste, wenn wir auf das Podium wollen, muss es beim Re-Start passieren. Sobald er seine Reifen auf Temperatur hatte, wäre es schwierig geworden, irgendwas noch zu holen. Entsprechend glücklich bin ich", resümierte er.

Mit Räikkönen als Faktor wurde die Situation aber nicht unbedingt einfacher. "Ich habe von Valtteri guten Windschatten bekommen, aber wir wissen, dass der Ferrari mehr Speed auf der Geraden hat. Daher habe ich Valtteris Pace genutzt, aber wusste gleichzeitig auch, dass Kimi womöglich einen doppelten Windschatten hat", schildert er den Moment der Entscheidung.

Ein wenig habe es aber auch mit Glück zu tun gehabt. "Ich konnte mich nur auf Valtteri fokussieren und um ehrlich zu sein, war es in der Anbremszone etwas blind. Ich wusste, dass ich vielleicht vorne bin, aber irgendwann kommt ein Punkt, an dem man es nicht wirklich sieht. Also habe ich genug Raum gelassen, falls er da ist", hatte er Räikkönen stets auf der Rechnung.