Doppelte Bestzeit für Red Bulls Daniel Ricciardo in den ersten beiden Freien Trainings zum Großen Preis von Ungarn. In beiden Sessions blieb der Australier nur knapp über dem 13 Jahre alten Streckenrekord von Rubens Barrichello und verwies so die versammelte Konkurrenz auf die Plätze - und das extrem knapp: Keine halbe Sekunde trennte die sechs Fahrer der drei Top-Teams Ferrari, Mercedes und Red Bull. Somit zeichnet sich in Ungarn diesmal ein Dreikampf ab, nicht nur das inzwischen gut bekannte Duell Rot gegen Silber.

B-Spec RB13: Red Bulls Updates machen den Unterschied

Von Sensation oder Knüller zu sprechen wäre angesichts dieses ungewohnten Bildes an der Spitze jedoch übertrieben. Angesichts des Red Bull wohlgesonnenen Streckenlayouts mit wenig Power-Relevanz trifft es kleine Überraschung besser. "Wir wussten, dass uns diese Strecke gut liegt", sagt Ricciardo. "Wenn wir also jedes kleine Bisschen aus dem Auto herausquetschen, dann können wir dieses Wochenende um Big Points kämpfen."

Noch dazu brachten die ehemaligen Serienweltmeister ein kräftiges Update-Paket rund um Seitenkästen, Unterboden und Frontflügel an den Hungaroring, um maximale Downforce zu generieren. "Wir haben einige Aerodynamik-Updates mitgebracht, die zu funktionieren scheinen", bekräftigt Ricciardo. "Es hat sich heute eher wie eine B-Spec angefühlt. Denn wir haben sofort stark losgelegt heute Morgen. Es war ein positiver Tag."

Das führt der Australier vor allem auf einen Punkt zurück: Die konsistente Stärke Red Bulls sowohl in FP1 als auch FP2. "Vielversprechend ist, dass wir die Pace vom Morgen auch am Nachmittag bei heißeren Streckentemperaturen halten konnten - und auch die Longruns waren stark. Das hat uns die Chance gegeben, verschiedene Dinge auszuprobieren", berichtet Ricciardo.

Ricciardo nach Doppel-Bestzeit überzeugt: Pole in Ungarn ist drin

Beflügelt durch seine Bestzeiten hält der 'Honeybadger' nun sogar gegen Mercedes' Power-Modus eine Pole für möglich. "Heute sieht es ganz danach aus", sagt Ricciardo. "Aber wir müssen abwarten und schauen, ob es morgen genauso gut läuft. Wenn wir morgen die heutige Leistung wiederholen können, dann ist die Pole sicher in Reichweite." Allerdings wisse er nicht, was die Konkurrenz von Mercedes und Ferrari gemacht habe.

"Aber bei uns lief es auf jeden Fall richtig gut", sagt Ricciardo. "Ich denke, wir haben etwas mehr Grip mit dem Auto gefunden. Ich habe mich am Funk auch nicht allzu oft beschwert: Deshalb denke ich, dass wir definitiv in die richtige Richtung gegangen sind. Ferrari hat am Nachmittag ein etwas schnelleres Tempo anschlagen können, aber wir waren immer noch schneller", stellt Ricciardo klar.

Verstappen hechelt Ricciardo hinterher, hat aber eine gute Erklärung

Weniger gut lief es dagegen bei Max Verstappen. "Im ersten Training war ich einfach nicht zufrieden mit der Balance", schildert der Niederländer. Sieben Zehntel fehlten Verstappen im FP1 auf Ricciardos Bestzeit. "Also haben wir alles auf den Kopf gestellt, viele Teile gewechselt und haben einfach die Runde nicht zusammen bekommen. Da war ich mit dem Auto nicht glücklich."

Besser lief es im FP2. Zwar blieb es mit 0,5 Sekunden Rückstand auf den Teamkollegen bei einem noch immer großen Abstand, doch diesmal hatte das ganz andere Gründe. "Wir haben viele Teile für das zweite Training gewechselt und dann sah auch alles gut aus, aber ich wurde von den roten Flaggen unterbrochen und konnte keinen ordentlichen Run auf dem Supersoft fahren", erklärt Verstappen. "Die Sektorenzeiten waren aber da, also wir dabei - nicht auf dem Timing, aber für morgen sieht es gut aus."

Vettel: Wieder Rhythmus-Probleme, wird eng mit Mercedes/Red Bull

Das ist auch der Konkurrenz nicht entgangen. Sebastian Vettel, Trainingszweiter, hat sein Ex-Team jedenfalls voll auf der Rechnung, geht von einem Dreikampf an der Spitze aus. "Ich denke, wir waren nicht allzu schlecht. Aber es ist schwierig, die Session zu lesen. Es sieht sehr eng aus zwischen Red Bull, Mercedes und uns. Umso wichtiger ist es, alles ordentlich hinzubekommen. Ich hoffe, dass wir morgen dabei sind. Es sollte morgen richtig Spaß machen", sagt Vettel.

Von Letzterem gab es für den Ferrari-Piloten am Freitag noch herzlich wenig. Vor allem im ersten Training lief es so gar nicht rund bei den Roten. "Heute Morgen bin ich nicht in den Rhythmus gekommen. Es war sehr rutschig. Ich denke aber, dass jeder damit gekämpft hat, den optimalen Grip und die ideale Runde zu finden", berichtet Vettel. "Heute Nachmittag haben wir dann versucht, etwas mit dem Auto zu spielen und haben ein paar Dinge probiert und es war besser. Aber vielleicht war da noch nicht alles richtig. Es war ein bisschen durchwachsen."

Entsprechend heißt es bei Ferrari wie zuletzt allzu oft erneut: Viel Arbeit von Freitag auf Samstag. "Was die Balance angeht müssen wir noch ein bisschen tüfteln und finden, was das Auto braucht. Morgen müssen wir einen Schritt nach vorne machen, aber wir haben eine Richtung", versichert Vettel. "Alles in allem war es ja schon okay. Der Longrun war ganz gut und mit mehr Zeit im Auto habe ich mich immer wohler gefühlt." Doch müsse auch er noch an sich selbst arbeiten. Vettel: "Wir müssen sicherstellen, dass wir das Auto ins richtige Fenster bekommen und für morgen ein besseres Setup finden, etwas an den Reifen arbeiten, am Fahren - dann sollte es besser sein."

Vor allem der richtige Umgang mit den Pirelli-Pneus werde im Qualifying über Wohl und Wehe bestimmen. "Was sehr entscheidend sein wird, sind die Reifen - dass man die Reifen richtig herbringt, dass man dann über die ganze Runde dem Reifen das Optimum abverlangen kann", beschreibt Vettel. Ob damit dann die Pole drin sein wird, wagt Vettel nicht zu sagen. Vettel: "Ich glaube, wir konzentrieren uns auf uns und versuchen, morgen das Beste aus dem Auto rauszuquetschen und im Idealfall ganz vorne zu stehen. Der Rest zeigt sich dann am Sonntag." Auch, ob nun Red Bull oder Mercedes der größere Gegner in Ungarn sei.

Räikkönen von seltsamem Defekt ausgebremst

Anders als bei Red Bull lagen bei Ferrari die Teamkollegen in beiden Sessions sehr eng zusammen. Kimi Räikkönen erlebte jedoch einen im Vergleich zu Vettel gegensätzlichen Tag. "Das erste Training hat recht gut funktioniert, im zweiten lief es aber nicht so so reibungslos. Wir haben ein paar Dinge ausprobiert, die nicht alle ideal funktioniert haben", berichtet Räikkönen. Noch dazu seien die roten Flaggen extrem störend gewesen. "Es war nicht einfach, das Programm durchzuarbeiten, wenn du andauernd unterbrochen wirst. Insgesamt sind wir weniger zum Fahren gekommen als erhofft", sagt der Finne.

Noch dazu wurde Räikkönen durch einen seltsamen Aussetzer kurzzeitig außer Gefecht gesetzt. "Ich weiß nicht, was da passiert ist. Das Gas hat überhaupt nichts mehr getan, dann ging es plötzlich wieder, also kann es sich nicht um einen größeren Schaden gehandelt haben", sagt Räikkönen - womöglich nur ein Sensorenproblem. "Es ist nie optimal, wenn du dein Training auf der Strecke beenden musst, also war ich froh, dass ich zur Box zurück konnte", schildert Räikkönen. "Alles in allem also kein übler Tag", resümiert Räikkönen.

Mercedes dritte Kraft? Hamilton & Bottas: Müssen nachlegen

Weit entfernt von übel lief es auch bei Mercedes. Allerdings mussten sich die Silberpfeile zumindest in den Bestzeitenlisten in beiden Trainings mit der ungewohnten Rolle der dritten Kraft abfinden. Beide Trainings beendeten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas auf den Plätzen drei und fünf. "Die drei Teams an der Spitze schienen sehr eng zusammen zu liegen. Ich war heute nicht ganz zufrieden mit der Fahrzeugbalance und kämpfte vor allem mit dem Heck", schildert Bottas seine Probleme.

"Wir erwarten, dass die Temperaturen morgen steigen. Umso mehr müssen wir es schaffen, dass das Heck des Autos stabiler wird. Ich denke, das ist der Hauptbereich, auf den wir uns konzentrieren müssen. Da liegt noch etwas Arbeit vor uns", mahnt der Finne. Ähnlich sieht es der Teamkollege. "Das war nicht gerade der einfachste Start ins Wochenende", meint auch Hamilton. Doch ist der WM-Zweiter überzeugt, das Ruder noch herumreißen zu können. "Am Ende wurde ich Fünfter, aber es steckt eindeutig eine gute Pace im Auto. Ich glaube, dass die Pace vorhanden ist", versichert Hamilton. "Wir müssen sie nur vor dem Qualifying herausholen."

Denn auch der Brite geht von einem harten Duell an der Spitze zwischen allen drei Teams aus. "Bei einem Kampf zwischen drei Teams ist jedes Zehntel entscheidend. Der Kampf zwischen Ferrari, Red Bull und uns um die Spitze ist super eng", meint Hamilton. Ein Punkt, der den Wettbewerbs-Junkie nicht nur für sich selbst freut: "Es sieht also nach einem spannenden Wochenende aus. Das dürfte den Fans gefallen!"