Herr Dr. Marko, darf ich Sie nach einem Machtwort fragen? Es wird so viel über Ihre Fahrer diskutiert.
Dr. Helmut Marko: [unterbricht] Das ist doch sehr erfreulich!

Aber die Gründe für die Diskussionen sind das wohl weniger. Carlos Sainz hat selbst gesagt, er will nächstes Jahr nicht mehr für Toro Rosso fahren...
Dr. Helmut Marko: Dazu brauche ich eigentlich nichts sagen, denn er hat einen gültigen Vertrag für das nächste Jahr!

Kann man ihm da nicht entgegenkommen, wenn er weg will?
Dr. Helmut Marko: Vielleicht können Sie ihm ja entgegenkommen! Zahlen Sie das, was er uns gekostet hat! Niemand hatte ihm einen Formel-1-Sitz gegeben. Ich verstehe das nicht. Er ist unser Edelreservist. Wo hat er denn überhaupt ein Angebot?

Es heißt, Renault sei an ihm interessiert...
Dr. Helmut Marko: Es heißt...

Auf der anderen Seite gibt es Gerüchte um Max Verstappen. Er soll nicht mehr glücklich bei Red Bull sein und soll versuchen, schnellstmöglich zu Ferrari zu kommen.
Dr. Helmut Marko: Ferrari? Weiß ich nicht... Er hat einen gültigen Vertrag! Dass er aber nicht glücklich ist, wenn er viermal hintereinander ausfällt, ist auch klar. Ich rede mit ihm gar nicht über so etwas, das stimmt ja nicht. Er hat überhaupt keinen Kontakt, er ist bei uns glücklich und ist aber natürlich nicht mit den technischen Gegebenheiten zufrieden, wenn du viermal in Folge ausfällst. Aber es war jedes Mal eine andere Ursache. Einmal war es ein Crash, ausgelöst durch den Herrn Bottas, in Bahrain war es unser Fehler, weil die Bremsen überhitzt sind, in Kanada war es die Batterie und in Baku war es ein Zahnrad im Motor.

Sie gehen also zu 100 Prozent davon aus, dass beide Fahrer, über die wir gerade gesprochen haben, im nächsten Jahr noch für Red Bull, respektive Toro Rosso fahren?
Dr. Helmut Marko: Ich gehe bei Verstappen mal ganz sicher davon aus. Und Herrn Sainz' Presseauftritte, von denen er uns erzählt hat, dass alles falsch und nicht so gemeint war - das müssen wir uns mal genau anschauen.

Intern ist man nicht mehr ganz so gut auf ihn zu sprechen?
Dr. Helmut Marko: Nein, ganz sicher nicht.

Dr. Helmut Marko ist auf Carlos Sainz momentan nicht gut zu sprechen, Foto: Sutton
Dr. Helmut Marko ist auf Carlos Sainz momentan nicht gut zu sprechen, Foto: Sutton

Kommen wir zu diesem Wochenende: Sind die Plätze fünf und sechs in der Qualifikation ein bisschen ernüchternd?
Dr. Helmut Marko: Nein, denn wir waren in der Lage, Räikkönen zu schlagen. Das ist im Bereich des Möglichen. Und wenn Sie den Qualifikations-Modus von Mercedes abziehen, dann ist es für diese Strecke nicht so schlecht.

Konnte man die zwei Zehntelsekunden, die Renault durch Motor-Mapping in Baku gebracht hat, auch hier mitnehmen?
Dr. Helmut Marko: Ja, aber leider keine weiteren zwei Zehntel.

Auf Red-Bull-Seite verläuft die Entwicklung weiterhin gut?
Dr. Helmut Marko: In Baku waren wir sehr zufrieden, hier haben wir ein bisschen mit der Abstimmung gehadert. Mit den Temperaturschwankungen konnten wir die Performance des Autos nicht immer mitziehen. Aber Verstappen hatte keine einzige fehlerfreie Runde. Von den Sektorzeiten sind wir vor Räikkönen. Und selbst der Abstand zu Hamilton war nicht so groß - auch wenn der selbst Fehler gemacht hat. Wir sind nicht unzufrieden. Wir hatten vor diesem Kurs viel mehr Angst vor beispielsweise Force India oder Williams, dass sie uns im Qualifying viel näher kommen. Aber das war nicht der Fall.

In den letzten Rennen hatten wir den Eindruck, dass Verstappen immer schneller war als Ricciardo - auch wenn der die Ergebnisse einfahren konnte. Würden sie das bestätigen?
Dr. Helmut Marko: Ja, er hat ihn viermal im Qualifying geschlagen. Hier hat er eben keine optimalen Runden hinbekommen und Ricciardo hat sich gesteigert. Darum ist er jetzt wieder vorne.

Woran liegt diese Entwicklung? Kommt Verstappen mit den Weiterentwicklungen am Auto besser klar?
Dr. Helmut Marko: Es hat einfach alles gepasst. Warum ist Hamilton schneller als Bottas? Ich verstehe Ihre Frage nicht...

Weil Hamilton einfach mehr Natural Speed hat als Bottas?
Dr. Helmut Marko: Und der Verstappen ist von der Natur her auch verdammt schnell...

Österreich 2017: Rennen 1 nach dem Vettel-Skandal: (03:13 Min.)

Kommen wir zu etwas sehr Erfreulichem: Die Fans hier strömen wieder zahlreicher an die Strecke, das Event ist wieder ein voller Erfolg. Woran liegt es?
Dr. Helmut Marko: So wie hier soll ein Rennwochenende sein: Drift-Motorräder und Autos, in der Fanzone unfassbar viel los, überall ist Action! Unglaublich viele Holländer. Insgesamt ist es für den Zuschauer ein unglaublich tolles Wochenende. Einzig und allein das Rennen soeben: Ich habe noch nie so ein fades Formel-2-Rennen gesehen. Es liegt auch daran, dass die Vormachtstellung von Mercedes gebrochen wurde, die Autos spektakulärer sind, man sieht die Autos mehr rutschen und man sieht, dass die Fahrer im Grenzbereich mehr zu kämpfen haben. Und die Fernsehkameras gehen auch auf all diese Aktionen ein. Das war zuvor nicht unbedingt der Fall. Da hat man mehr Rolex und Heineken als Autos gesehen.

Dazu gibt es auch noch die Legenden-Parade. Sie dürfen in Ihrem alten Porsche Platz nehmen...
Dr. Helmut Marko: Ich habe erst das Auto gesehen und fürchte mich jetzt erst so richtig! Da zwei Jahre überlebt zu haben, ist glaube ich die größte Errungenschaft. Aber die Leute wollen das sehen, unglaublich, was sich da oben abspielt. Es ist eine Volksfest-artige Atmosphäre. Und ein Autorennen! So soll es sein. Ich werde aber ganz sanft fahren, ich bin der älteste und das Auto ist das älteste! Das Auto hat einen fingerdicken Rohrrahmen... Ich hoffe, ich bringe genügend Vernunft auf, um das nur herumzurollen. Aber erst konnte ich gar nicht mehr drinnen sitzen. Nicht weil ich zu breit bin, sondern zu groß! Weil die ganzen verwöhnten Fahrer heutzutage Polster auf dem Sitz haben, saß ich zu hoch!