Lewis Hamilton war der tragische Held beim Aserbaidschan GP. Der Mercedes-Pilot hätte auf den engen Straßen von Baku eigentlich locker gewinnen müssen. Hamilton dominierte das Qualifying und schließlich auch das Rennen - bis sich die Cockpit-Umrandung an seinem Boliden löste. Doch was macht dieses Teil genau? Warum löste sich die Umrandung? Motorsport-Magazin.com liefert die Antworten.

Es wären eigentlich dramatische Szenen gewesen - doch Sebastian Vettels Rammstoß gegen Hamilton stellte am Sonntag des achten Laufs der Formel-1-Weltmeisterschaft 2017 alles andere in den Schatten. Für den Rennverlauf war Hamiltons Problem aber entscheidender als der Rammstoß.

Nach der Wiederaufnahme des Rennens zeigten Onboard-Aufnahmen, wie sich die Cockpitumrandung an Hamiltons Mercedes anhob. Auf den Geraden versuchte der WM-Zweite verzweifelt, das Teil wieder nach unten zu drücken. Doch fixieren konnte Hamilton die Umrandung nicht, deshalb musste er einen zusätzlichen Boxenstopp einlegen. Der Wechsel des Teils dauerte rund zehn Sekunden - statt Sieg gab es für Hamilton später nur Rang fünf.

Viele Zuschauer fragten sich anschließend: Konnte Hamilton das Teil nicht selbst wieder in Position bringen? Warum verformte sich die Umrandung so stark, als Hamilton es nach unten drückte? Und: Wofür ist das Ding eigentlich da?

Cockpit-Padding als Kopfschutz vorgeschrieben

Das sogenannte 'Cockpit Padding', auf deutsch Cockpit-Polsterung, ist ein nicht struktureller Bestandteil der Fahrgastzelle. Zwecke der Polsterung sind ausschließlich die Sicherheit des Piloten und zu gewissem Teil auch sein Komfort.

Aufgrund der Regularien sind die Cockpit Paddings sehr ähnlich, Foto: Sutton
Aufgrund der Regularien sind die Cockpit Paddings sehr ähnlich, Foto: Sutton

Im Reglement ist die Cockpit-Polsterung vorgeschrieben und genau definiert. Sie verläuft links, rechts und hinter dem Helm des Fahrers. Im Falle eines Aufpralls darf der Helm des Piloten auf kein strukturelles Teil treffen. Die Cockpit-Wände müssen für schwere Unfälle extrem fest ausgelegt sein, was aber wiederum schlecht ist, wenn der Kopf des Fahrers auf sie trifft.

Deshalb ist diese Verkleidung an der Innenseite vorgeschrieben. Die Verkleidung besteht nur an den Oberflächen aus einer dünnen Lage Karbon, darunter verbirgt sich ein spezieller Schaumstoff. Selbst dafür gibt es noch genauere Vorgaben, abhängig von der Umgebungs-Temperatur müssen unterschiedliche Materialen verwendet werden.

Zwei Schnellverschlüsse sind vorgeschrieben, Foto: Sutton
Zwei Schnellverschlüsse sind vorgeschrieben, Foto: Sutton

Die Regeln schreiben vor, dass die Cockpit-Umrandung ohne Werkzeug über zwei Schnellverschlüsse als ein Teil entfernt werden können muss. Dadurch wird sichergestellt, dass die Fahrer jederzeit schnellstmöglich aus dem Fahrzeug können. Sie müssen die Umrandung aber nicht selbst installieren können.

Zwei Schnellverschlüsse, zwei Zentrierbolzen

Die Schnellverschlüsse halten die Umrandung an der Vorderseite, zwei kleine Bolzen zentrieren sie an der Rückseite. Dabei ist nur geregelt, dass die Schnellverschlüsse auf beiden Seiten identisch sein müssen. Dimensionen und Beschaffenheit der Bolzen sind nicht festgelegt.

Die Zentrierbolzen sind sehr filigran, Foto: Sutton
Die Zentrierbolzen sind sehr filigran, Foto: Sutton

Offenbar löste sich Hamiltons Kopfschutz an der Hinterseite - das zumindest war auf den TV-Bildern zu sehen. Mercedes verriet Motorsport-Magazin.com nach der Analyse des Problems: "Es handelte sich um eine Kombination aus zu schwach ausgelegtem Design und dem Ablauf."

Bei Renault sind die Bolzen etwas länger, Foto: Sutton
Bei Renault sind die Bolzen etwas länger, Foto: Sutton

Womöglich wurde einer der beiden kleinen Bolzen in der Eile vor dem Neustart des Rennens beschädigt. Deshalb musste die Cockpit-Polsterung beim Boxenstopp komplett getauscht werden. Denkbar ist, dass Mercedes in Österreich die Mini-Bolzen und deren Aufnahme am Cockpit etwas massiver gestaltet und zudem beim Einbau etwas vorsichtiger vorgeht.