Die Überraschung war groß: Am Dienstag vor dem Kanada GP spulte Ex-Formel-1-Pilot Robert Kubica plötzlich einen Test im Lotus E20 ab. Der Pole drehte satte 115 Runden im 2012er Formel-1-Boliden auf dem Circuit Ricardo Tormo in Valencia, was rund anderthalb Renndistanzen entspricht. Die Frage ist nur: Warum spulte Kubica diesen Test mit Renault ab?

Kubica hatte sich vor der Saison 2011 bei einem Rallye-Unfall schwer verletzt, hat seither noch immer Probleme mit der Beweglichkeit seines rechten Arms. Eigentlich hätte der Sieger des Kanada GP 2008 in jener Saison für Lotus-Renault an den Start gehen sollen, allerdings beendete der Unfall seine Formel-1-Karriere abrupt.

Robert Kubica mischte die Rallye-Szene auf, Foto: Sutton
Robert Kubica mischte die Rallye-Szene auf, Foto: Sutton

Seit dem Unfall versuchte sich der inzwischen 32-Jährige immer wieder im Motorsport, sorgte in der Rallye Weltmeisterschaft mit außerordentlicher Pace, aber zahlreichen Unfällen für Furore. Nun also der Formel-1-Test - aber warum?

"Es war ein einmaliges Event für Robert", stellt Renaults Sportdirektor Alan Permane klar. "Seine Zeit mit Renault wurde so abrupt verkürzt, wobei wir uns so auf eine schöne Zukunft mit ihm gefreut hatten. Das Team hat mit Sergey Sirotkin in Valencia getestet, also war es die perfekte Gelegenheit, um Robert einen Tag im Auto zu bieten und auf unsere Weise zu seiner Genesung beizutragen."

Also keine größeren Ambitionen für das einstige Supertalent der Formel 1? "Es war aus einer emotionalen Sichtweise ein wichtiger Tag für mich", fasste Kubica selbst zusammen. "Ich war eine lange Zeit weg vom Fahrerlager und bin durch schwierige Zeiten gegangen, ich habe weiter hart gearbeitet und dachte vor ein paar Jahren noch, dass das unmöglich war."

Kubica absolviert GP-Wochenende an einem Tag

Vor allem die Beweglichkeit schränkte Kubica ein, Haarnadelkurven in einem Formel-Boliden schienen für ihn unmöglich. Beim Test schien es keine Probleme mit den engen Kurven der Strecke gegeben zu haben. Die Test-Mannschaft versuchte, das Programm eines Grand-Prix-Wochenendes auf einen einzigen Tag zu packen.

"Es war ein reibungsloser Tag", bilanziert Permane und lobt: "Robert hat sich ein bisschen verändert, er ist jetzt reifer und war nicht mehr ganz so fordernd, wenn er nach jedem Detail des Fahrzeug-Setups gefragt hat. Seine Kommentare und sein Feedback waren aber für uns alle, als hätte man die Zeit zurückgedreht. Es ist schwierig, nach sechs Jahren wieder in ein Formel-1-Auto zu steigen und er hat eine großartige Performance gezeigt."

Kubica gab sich am Ende des Tages emotional: "Ich habe jetzt gemischte Gefühle: Auf der einen Seite bin ich stolz auf das, was ich heute erreicht habe, aber es zeigt andererseits das, was ich verloren habe. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringen wird, aber eine Sache weiß ich: Nachdem ich mich ein Jahr auf das hier vorbereitet habe, konnte ich eine gute und konstante Pace unter schwierigen Bedingungen gehen. Es ist nach sechs Jahren nicht einfach, aber ich wusste, dass ich den Job erledigen kann und bin zufrieden."

Der ehemalige BMW-Werkspilot zeigt sich dankbar für die Gelegenheit: "Ich möchte allen dafür danken, das möglich gemacht zu haben. Ich hoffe, es war für alle ein guter Tag und vielleicht konnten sie auch etwas von meinem alten, von meinem 2010er Ich sehen. Ich schätze diese Möglichkeit sehr, Renault hat mir schon meinen ersten Formel-1-Test 2005 ermöglicht."

Kubica hat keine Superlizenz - aber Sirotkin

Plant Renault bei den Fahrern um?, Foto: Sutton
Plant Renault bei den Fahrern um?, Foto: Sutton

Ob es wirklich nur eine einmalige Angelegenheit war, wie Alan Permane sagt? Jolyon Palmer steht bei Renault unter Druck, der Brite steht noch bei null Zählern und wird regelmäßig von Teamkollege Nico Hülkenberg versägt. Ob Kubica aber bereit für einen richtigen Formel-1-Einsatz wäre? Eher unwahrscheinlich, zumal der Pole aktuell auch keine Superlizenz hat. Nur zum Spaß wird Kubica allerdings nicht so hart für den Test gearbeitet haben.

Kubica testete bereits Anfang des Jahres GP3- und Formel-E-Autos. Eigentlich wollte er in dieser Saison sein Renn-Comeback auf der Rundstrecke geben. Für ByKolles sollte er in der LMP1-Kategorie in der WEC an den Start gehen, sagte nach dem Prolog allerdings all seine Einsätze ab.

Interessant ist aber, warum Renault mit Sirotkin testete. Der Russe ist Renaults Ersatzmann und hätte eine gültige Superlizenz - könnte also Palmer ersetzen. Der Test ist laut Reglement erlaubt, weil es sich um einen sogenannten TPC (Testing of Previous Cars) handelte. Fahrzeuge, die älter als drei Jahre sind, sind unter Auflagen vom Testverbot ausgenommen.