Wer dieser Tage das ebenso eindeutige wie überraschende Formtief der in den letzten Jahren dominanten Scuderia Ferrari untersuchen möchte, der kommt an einem Thema nicht vorbei: Den Reifen.

Begeben wir uns also auf dem Zeitstrahl zurück in die jüngere Vergangenheit. Wir befinden uns in Barcelona, wo gerade Mitte Februar die letzten Vorbereitungsarbeiten für die anstehende F1-Saison 2005 stattfinden. An einem für den Circuit de Catalunya typisch windigen Dienstag treffen wir uns mit dem Technischen Manager von Bridgestone, Hisao Suganuma, um über die Fortschritte der Wintertestfahrten zu sprechen.

Die Michelin-Pneus sind denen von Bridgestone derzeit überlegen., Foto: Sutton
Die Michelin-Pneus sind denen von Bridgestone derzeit überlegen., Foto: Sutton

Zu diesem Zeitpunkt konnten weder wir noch Suganuma San damit rechnen, dass sein schwarzes Gold in den kommenden Wochen und Monaten zu einem der heißesten Themen und dem ausgemachten Problem der Serienweltmeister aus Maranello werden würde.

Entsprechend sprach Suganuma damals auch davon, dass man davon ausgehe einen "Durchbruch" geschafft zu haben, der "sowohl eine gute Zuverlässigkeit als auch eine gute Performance" erlauben würde. Sieben Rennen später wissen wir, dass dieser Durchbruch entweder nicht so groß wie erhofft ausgefallen ist oder die Konkurrenz von Michelin einfach noch etwas weiter und besser durchgebrochen ist.

Zurück in der Gegenwart hieß deshalb zuletzt aus dem roten Lager offen und ehrlich: "Wir sind einfach zu langsam." Und weiter: "Im Vergleich zum Reifenpartner unserer Rivalen, haben Bridgestone und wir nur einen Bruchteil der Wintertestkilometer absolvieren können."

Ein Testrückstand, der vor allem aufgrund der neuen Reifenregeln, die einen Pneu vorschreiben, der das gesamte Rennen halten muss, einen großen Einfluss auf die Rennperformance der italienisch-japanischen Seilschaft nahm.

Nun könnte man schnell behaupten, dass sich Ferrari und Bridgestone diesen Testrückstand selbst eingebrockt haben, da Partner wie McLaren oder zuletzt Sauber und British American Racing den Eindruck erhielten, dass sich alles um die Scuderia drehe und sie dadurch vergrault wurden. Hisao Suganuma wollte diese Argumentation im Februar nicht gelten lassen: "Das denke ich nicht", erwiderte er kurz und knapp. Allerdings schob er mit einem Lächeln nach, dass man durchaus "enttäuscht" sei jedes Jahr eines seiner Teams zu verlieren. "Aber vielleicht können wir es ihnen in naher Zukunft heimzahlen."

Bislang ist das nicht gelungen. Und bislang trifft auch eine weitere Vorhersage Suganumas nicht zu: "Wenn wir in dieser Saison einen guten Reifen bauen, dann hängt alles von den Rennergebnissen ab. Wenn wir sehr gute Leistungen zeigen, dann bin ich mir sicher, dass sich einige Top-Teams für unsere Reifen interessieren werden."

Doch stopp. Wenn man den Gerüchteköchen dieser Formel 1 Welt Glauben schenken darf, dann trifft diese Aussage zumindest in einem Punkt zu. Zwar nicht in jenem, dass Bridgestone einen besonders guten Reifen gebaut hat, aber immerhin in jenem, dass sich andere Teams für einen Wechsel zu den Japanern interessieren.

Und während man bei Toyota und Williams angeblich nur hinter vorgehaltener Hand über einen Wechsel diskutiert, hat Red Bull Racing sogar offiziell zugegeben, über einen Wechsel von Michelin zu Bridgestone nachzudenken. "Wenn man einen Ferrari-Motor bekommt und eine große Zusammenarbeit mit den Italienern plant, dann ist es logisch, dass man darüber nachdenkt die gleichen Reifen zu benutzen", ließ Helmut Marko viel Raum für Spekulationen.

Die Japaner würden gerne noch mit anderen Teams zusammenarbeiten., Foto: Sutton
Die Japaner würden gerne noch mit anderen Teams zusammenarbeiten., Foto: Sutton

Das Interesse seitens Bridgestone ist jedenfalls schon seit Saisonbeginn gegeben. Denn da verriet uns Suganuma: "Ja, ich möchte noch mit anderen Top-Teams zusammenarbeiten. Von meiner Seite sind die anderen Top-Teams jederzeit willkommen."

Zu den Top-Teams zählt Red Bull trotz seines überraschend starken Saisonauftakts zwar noch nicht, aber bei Williams und Toyota ist dies mit gewissen Einschränkungen durchaus der Fall. Den von den Medien gerne zitierten Wunsch unbedingt einen der beiden japanischen Hersteller mit Reifen zu beliefern, gibt es bei Bridgestone allerdings nicht. "Hier muss man klar trennen", betonte Suganuma. "Die japanischen Teams sind bei uns jederzeit willkommen, aber es wäre für uns nichts Besonderes."

Gegenwehr seitens des Premiumpartners Ferrari hätte ein Neuzugang aber nicht zu befürchten. "Wir sind kein Unternehmensteil von Ferrari", stellte Suganuma klar. "Wir können machen was wir möchten." Und Motorsportdirektor Hiroshi Yasukawa ließ in dieser Woche folgen: "Ferrari hätte nichts dagegen, wenn wir auch mit anderen Teams zusammenarbeiten würden. Es gibt keine Verträge oder Absprachen, die uns das verbieten."

"Wenn Bridgestone mehr Teams haben möchte, dann sind wir damit absolut zufrieden", bestätigte Jean Todt die Aussagen der Japaner. "Es ist die Entscheidung von Bridgestone, aber es würde uns absolut helfen. Es gibt nichts in unserem Vertrag, das ihnen weitere Teams verbietet."

Yasukawa fügt jedoch hinzu: "Uns helfen aber nur gute Teams weiter. Davon würden wir sicherlich profitieren." Ganz so "einfach" wie es sich anhört, sei es allerdings nicht neue Partner zu gewinnen. "Aber es stimmt schon, dass wir lieber wieder mehr Teams ausrüsten möchten. Ich hoffe, dass uns das mittelfristig gelingt."

Dabei verfahren die Gummimischer aus dem Land der aufgehenden Sonne nach einem klaren Prinzip: "Wir warten bis die Teams auf uns zukommen", so Suganuma, weswegen man nicht selbst aktiv auf andere Rennställe zugehe. "Aber ich bin mir sicher, dass einige Teams Interesse an unseren Reifen haben."

"Vielleicht Williams?", fragten wir Suganuma bereits an jenem windigen Februartesttag auf dem Paradetestkurs vor den Toren Barcelonas. "Warten wir es ab..."