Welch intensiver Kampf um den Sieg in Barcelona! Nach dem ersten direkten Zweikampf der beiden Topstars Sebastian Vettel und Lewis Hamilton in dieser Saison durfte sich der Brite über seinen 55. Sieg in der Formel 1 freuen. Eine wichtige Rückmeldung Hamiltons, besonders nach der Pleite von Sochi, als er das gesamte Wochenende der Musik hinterherfuhr. Anders dagegen sein Auftritt in Katalonien, der von A bis Z stimmte - fast zumindest.

Denn obwohl Hamilton von der Pole gestartet war, fand er sich lange in der Verfolgerrolle wieder. Sebastian Vettel entschied den Start für sich und dominierte die erste Rennhälfte. Hamilton hielt sich stets etwa zwei Sekunden dahinter. Zur Würze des Rennens trugen dann die ersten Boxenstopps bei. Ferrari holte Vettel zum Reifenwechsel, um einen möglichen Undercut von Mercedes zu blocken. Die Silberpfeile aber reagierten nicht sofort, sondern stellten ihre Strategie um.

Nach dem Start war Lewis Hamilton seine Führung zunächst los, Foto: Sutton
Nach dem Start war Lewis Hamilton seine Führung zunächst los, Foto: Sutton

Mercedes stellt Strategie um

Erst sieben Runden nach Vettel kam Hamilton an die Box und nahm - im Gegensatz zum Deutschen - Medium-Reifen. Der Kniff dahinter: Für den letzten Stint bestand die Option, noch einmal die weichste Mischung aufziehen zu können, während Ferrari gezwungen war, auf jeden Fall die Mediums noch fahren zu müssen.

"Wir konnten nicht viel tun und haben versucht, den Stint auszubauen und hoffentlich am Rennende den besseren Reifen zu haben. Dann begannen wir auf eine alternative Strategie zu gehen, was bedeutete den Medium zuerst aufzuziehen und den Soft für das Ende aufzuheben, um zu attackieren", schilderte Toto Wolff.

Doch zunächst hatte Hamilton natürlich einen Nachteil bei der Performance. Hier kam Valtteri Bottas ins Spiel. Der Finne hatte noch nicht gestoppt und bildete einen Bremsblock für Sebastian Vettel. Er hielt den Ferrari-Piloten auf, damit Hamilton dahinter Stück für Stück die Lücke schließen konnte.

"Natürlich haben sie ihn draußen gelassen. Er hat ein bisschen als Bremsblock hergehalten damit ich Zeit verliere. Das hat wohl drei bis vier Sekunden gekostet", meinte Vettel nach dem Rennen. Dank eines tollen Manövers kam der Ferrari-Pilot an Bottas vorbei, doch Hamilton war bis auf drei Sekunden dran. In den folgenden Runden gelang es Vettel, sich wieder abzusetzen, ehe im Zuge des Unfalls von Stoffel Vandoorne das Virtuelle Safety Car kam. Statt der erwarteten Boxenstopps beider Fahrer passierte aber zunächst nichts.

Sebastian Vettel zog im ersten Stint davon, Foto: Sutton
Sebastian Vettel zog im ersten Stint davon, Foto: Sutton

Dank magischem Ruf zum Sieg

Doch dann gelang Mercedes der entscheidende Coup. Sie holten Hamilton auf den allerletzten Drücker mit Beendigung des Virtuellen Safety Cars an die Box. "An einem Punkt planten wir das Gegenteil von Sebastian zu machen. Dann war der Magic Call, den Boxenstopp zu einem Zeitpunkt zu machen, an dem es so aussah, als ob das VSC bald enden würde. Denn ansonsten hätte Sebastian darauf reagieren können. Wir haben es perfekt getimed", lobte Wolff seine Strategieabteilung um James Vowles.

Zwar zog Vettel eine Runde später nach, aber statt sieben Sekunden Vorsprung zu haben, kam es am Boxenausgang zum Rad-an-Rad-Duell mit Hamilton. Es folgte ein hartes Manöver, infolgedessen sich Vettel zunächst vorne halten konnte. "Es war sehr eng, ich habe so spät wie möglich gebremst in die erste Kurve", erklärte Vettel. Hamilton machte dem Deutschen keinen Vorwurf. "Es war sehr eng, aber genau so sollte Racing sein", so der Brite. Ähnlich sah es Niki Lauda: "Vettel schiebt sich auf brutale, aber normale Art vorbei, aber Lewis hätte das auch so gemacht", so der Mercedes-Aufsichtsratschef.

Ein paar Runden schaffte es Vettel auf den Medium-Reifen, den mit Softs ausgestatteten Hamilton hinter sich zu halten. In Runde 44 aber zog der Mercedes-Pilot dank DRS am Ferrari vorbei. Der Weg zum Sieg war frei. Für Hamilton nach dem Russland-Wochenende die Wende zum Guten?

22 Runden vor dem Ende schnappte sich Hamilton den Ferrari, Foto: Sutton
22 Runden vor dem Ende schnappte sich Hamilton den Ferrari, Foto: Sutton

Emotionale Trendwende? Hamilton wiegelt ab

"In Russland hatten wir ein schwieriges Wochenende, ich kam aber mit einer tollen Einstellung hierher. Ich denke, das muss man auch trainieren, dass man das Gefühl hat, dass jedes Wochenende gut sein kann", sagte Hamilton. "Daher denke ich jetzt nicht, dass das hier einen großen Unterschied macht, aber natürlich ist es schön, so nach Monaco zu fahren", hält er fest.

Anders als in den Rennen zuvor, in denen Ferrari die Pace vorgab, konnte Mercedes nun strategisch den Spieß umdrehen. Besonders stark präsentierten sich die Silberpfeile im Schlusssektor, was Hamilton überhaupt erst so dicht an Vettel heranbrachte, um den Angriff zu setzen. Von dirty air keine Spur. "Selbst wenn ich näher als zwei Sekunden dran war, fühlte sich das Auto nicht beeinträchtigt an. Ich war selbst überrascht, dass ich ihm folgen konnte", so Hamilton. "Ich denke, wir waren einfach schneller und konnten auf alles eine Antwort geben, was sie uns hingestellt hätten", ist er von der Mercedes-Stärke überzeugt.

Bislang war das Duell zwischen Hamilton und Vettel eher ein Fernduell. Nun kam es zum ersten Aufeinandertreffen auf der Strecke, gleich mit brenzligen Situationen. Bislang verstehen sich die beiden noch gut. Aber in Zukunft? "Wenn er mich in Kurve eins berührt hätte, ich ausgefallen wäre und er das Rennen gewinnt, hätte ich danach nicht gesagt: 'Toller Job, Sebastian'. Das Level an Respekt sollte eigentlich gleich bleiben, wenn es keine Kollision gibt", meint Hamilton. Der Mega-Kampf ist nun auch offiziell eröffnet.