Was ist bloß mit Kimi los? Während Sebastian Vettel und sein starker Ferrari derzeit in aller Munde sind, bleibt Räikkönen zum Start in die Formel-1-Saison 2017 auffällig blass. In Australien verpasste er das Podium als Vierter, in Shanghai reichte es nur für Platz fünf. Was früher die Regel war, erscheint nun mit Blick auf Vettels Erfolgsserie in einem anderen Licht. Alle fragen sich: Wieso findet Räikkönen nicht den Anschluss?

Nach seiner Vorstellung beim Großen Preis von China musste sich Räikkönen gar Kritik von oberster Stelle gefallen lassen. "Vielleicht hatte er eine andere Beschäftigung oder vielleicht war er müde. Ich habe das nicht verstanden", wurde Ferrari-Präsident Sergio Marchionne von der Gazzetta dello Sport zitiert. "Wir haben gesehen, dass er im Rennen nicht seine volle Leistung gezeigt hat."

Räikkönen contra Strategie

Tatsächlich wirkte Räikkönen in Shanghai alles andere als zufrieden. Schon im Qualifying lief es mit Startplatz vier nur mittelmäßig. Im Rennen beschwerte er sich dann mehrmals über mangelndes Drehmoment seiner Power Unit und über die Strategie von Ferrari. Zur Rennmitte bettelte Räikkönen förmlich um einen Boxenstopp, während das Team zunächst auf eine Ein-Stopp-Taktik setzte. Erst später - zu spät - änderte der Kommandostand seine Meinung.

Räikkönens Verwunderung kam offenbar nicht allzu gut an bei Teamchef Maurizio Arrivabene. "Kimi hat heute viel gesprochen", sagte er am Sonntag nach dem Rennen. "Aber wenn du viel redest, dann fährst du weniger." Ein Seitenhieb, der Räikkönen nicht gefallen dürfte. Ferrari bleiben nur wenige Tage Zeit, um die Vorkommnisse in Shanghai auszusortieren. Schon am kommenden Wochenende geht es in Bahrain weiter.

Zeit für ein Gespräch

Möglich aber, dass sich Räikkönen und Arrivabene bis dahin ausgesprochen haben. Diese Forderung kam schließlich vom Chef persönlich. Marchionne, der ebenfalls im Fahrerlager von Shanghai anzutreffen war, sagte: "Ich spreche mit Arrivabene. Vielleicht ist es an der Zeit, dass er sich mit Kimi an einen Tisch setzt und mit ihm spricht."

Der aktuell größte Kritikpunkt am Finnen: fehlende Aggressivität auf der Strecke. Während Vettel über den grünen Klee gelobt wird - selbst von Titelrivale Lewis Hamilton - spielt Kimi derzeit ganz klar die zweite Geige.

In China gehört Kimi Räikkönen zu den beliebtesten Fahrern., Foto: Sutton
In China gehört Kimi Räikkönen zu den beliebtesten Fahrern., Foto: Sutton

Ich liebe Kimi

Dass er in Shanghai lange nicht an Daniel Ricciardo vorbeikam und mitansehen musste, wie Vettel dies locker gelang, passte ins derzeitige Gesamtbild. Marchionne dazu: "Als sich die Kette der beiden Red Bulls und Ferraris gelöst hatte, ging Vettel aggressiver zu Werke."

Die Kritik war herauszuhören, doch Räikkönen ist bei Ferrari noch lange nicht in Ungnade gefallen. Marchionne machte in Shanghai deutlich, was er grundsätzlich von seinem Fahrer hält: "Er ist ein toller Fahrer. Ich liebe Kimi, das habe ich ihm auch immer wieder gesagt. Heute war nicht sein Tag, aber er ist ein toller Fahrer. Er kann am schnellsten fahren, das hat er ja in Australien gemacht. Er besitzt tolle Fähigkeiten und ich denke, dass es in Bahrain viel besser laufen wird für ihn."

Räikkönens Boxenfunk zur Ferrari-Strategie beim China GP

Räikkönen: "Denken wir wirklich, dass die Reifen bis zum Ende des Rennens halten werden? Denn es fühlt sich nicht so an. Ich rutsche, weil ich so nah am dem Auto vor mir dran bin. Wenn wir stoppen müssen, sollte es vielleicht bald sein."

Räikkönen: Warum habt ihr mich nicht gestoppt als ich euch gefragt habe?
Ferrari: Wir denken, es [ein Stopp; d. Red.] ist die beste Chance zuende zu fahren. Aber wir haben deine Nachricht gehört.

Räikkönen: Wann werden wir also aufhören [mit diesem Stint; d. Red.]? Ich habe eine so schlechte Vorderachse ... [von der FOM zensiert] ... sie werden mich so leicht einholen. Ich habe vorne nichts mehr übrig und es sind noch 20 Runden zu fahren. Boaaah ..."
Ferrari:Unser aktuelle Vorhersage ist P3 wenn wir noch stoppen. Wir denken, Seb wird durchrutschen, aber die anderen werden dahinter sein."

Räikkönen: "Wie viel schneller sind die Leute hinter uns?"
Ferrari: "Vettel fuhr 36.9."
Räikkönen:"Wir sind also drei Sekunden langsamer und ihr denkt; es ist wirklich gut draußen zu bleiben? Es wird nur schlechter werden."
Ferrari: "Verstanden. Verstappen 37.6, Ricciardo 37.6."
Räikkönen:"Es sind noch immer 18 Runden. Und die Front ist schon ernsthaft schlecht. Vor allem vorne links ist es richtig schlecht."
Ferrari: "Verstanden, Kimi. Verstanden."
Räikkönen:"Denn jemand hinter uns, selbst die Red Bulls werden uns so überholen, wenn wir nicht stoppen. Come on!"
Ferrari: "Box diese Runde, Kimi, Box diese Runde."