Der vierte und letzte Tag der ersten Formel-1-Testfahrten in Barcelona stand unter einem besonderen Stern. Auf dem Programm stand ein künstlicher Regen-Test, um die neuen Regenreifen von Pirelli testen zu können. Dafür wurde der Circuit de Barcelona-Catalunya über Nacht von acht Trucks samt voll beladenen Wassertanks bewässert, um die nötigen Bedingungen herzustellen. Diese Testmöglichkeit wurde als besonders wichtig erachtet, da auch die Nass-Mischungen von Pirelli komplett überarbeitet wurden.

Die Resonanz auf die nassen Verhältnisse hielt sich jedoch vor allem am Morgen stark in Grenzen. Williams konnte nach Lance Strolls Unfall am Vortag überhaupt nicht fahren, weil Ersatzteile fehlten. Mercedes meldete am Morgen eine Problem mit der Elektronik des F1 Wo08-Rennwagens, wodurch Lewis Hamilton überhaupt nicht zum Fahren kam. Für Toro Rosso war der Vormittag nach nur einer Installationsrunde wegen eines Motorwechsels beendet.

Wasser-Ratte Nico Hülkenberg

Die restlichen Teams nutzten die nasse Strecke unterdessen zunächst zaghaft, um sich mit Fullwets und Intermediates vertraut zu machen. Nico Hülkenberg fuhr bis zur Mittagspause mit 51 Runden die meisten aller Fahrer. Romain Grosjean war mit 49 Runden ähnlich fleißig wie Kimi Räikkönen mit 45 Runden auf der abtrocknenden Strecke. Auch Max Verstappen legte bis zur Pause 43 Runden zurück.

Während der Mittagspause wurde die Strecke erneut künstlich bewässert, obwohl dies ursprünglich nicht vorgesehen war. Allerdings herrschten am Donnerstag in Barcelona die bislang wärmsten Verhältnisse, wodurch der Asphalt recht schnell auftrocknete. Am Vormittag waren die ersten Fahrer schon wieder auf Slick-Reifen unterwegs, die Bestzeit sicherte sich zwischenzeitlich Räikkönen im Ferrari.

Die erneut nassen Bedingungen nutzte nach dem Wiederbeginn vorrangig Valtteri Bottas im Mercedes, um die verlorene Zeit aufzuholen. Red Bull, McLaren, Renault und Toro Rosso verzichteten in der ersten Stunde des Nachmittags auf weitere Runs und machten es sich in der Boxengasse bequem. Bis etwa 15:00 Uhr drehten einige Fahrer ihre Runden auf Regenreifen und Intermediate-Mischungen, bis die Strecke erneut vollständig abgetrocknet war. In der Folge setzten die Teams ihre Programme auf den diversen Slick-Bereifungen fort.

So sieht künstlicher Regen in Barcelona aus, Foto: Sutton
So sieht künstlicher Regen in Barcelona aus, Foto: Sutton

Die Zeiten: Die Rundenzeiten auf den Regenreifen sind zu vernachlässigen. Nachmittags hatten die Teams aber ausreichend Zeit, noch ein paar schnelle Runden zu drehen. Vor allem Kimi Räikkönen drehte in den Schlussstunden noch einmal auf. Der Ferrari-Pilot unterbot seine Marken während seiner Runs mehrfach und kam schließlich auf eine 1:20.872. Kein anderer Pilot kam am Donnerstag an diese Zeit heran. Am Vortag hatten Valtteri Bottas und Sebastian Vettel allerdings bereits die 1:20er-Marke geknackt.

Hinter Räikkönen reihte sich Max Verstappen auf dem zweiten Platz im Zeitentableau ein. Der Red-Bull-Youngster fuhr nachmittgas eine persönliche Bestzeit in 1:21.769 Minuten, ebenfalls auf Soft-Reifen. Jolyon Palmer belegte Platz drei mit einer 1:21.788 auf Soft-Mischungen, gefolgt von Hass-Pilot Romain Grosjean. Der Franzose war bei seiner besten Runde auf Supersofts unterwegs. Die Top-5 der Zeitentabelle komplettierte Pascal Wehrleins Ersatzmann Antonio Giovinazzi im Sauber (1:22.401 auf Ultrasoft).

Endstand des vierten Testtages
Pos.FahrerTeamZeitRundenReifen
1.Kimi RäikkönenFerrari1:20.87293Soft
2.Max VerstappenRed Bull1:21.76985Soft
3.Jolyon PalmerRenault1:21.77839Soft
4.Romain GrosjeanHaas1:22.309118Supersoft
5.Antonio GiovinazziSauber1:22.40184Ultrasoft
6.Sergio PerezForce India1:22.53482Supersoft
7.Stoffel VandoorneMcLaren1:22.57667Ultrasoft
8.Valtteri BottasMercedes1:23.44368Soft
9.Nico HülkenbergRenault1:24.97451Soft
10.Daniil KvyatToro Rosso-1Regen

Die Zwischenfälle: Während des Regenreifen-Tests hielten sich die Fahrer sehr im Zaum. Sicherlich auch aus der Sorge heraus, das Auto am letzten Tag wegzuwerfen. Unfälle oder folgenschwere Dreher gab es nicht auf nasser oder trockener Strecke. Bei Williams kam Felipe Massa ohnehin nicht zum Einsatz, nachdem Rookie Lance Stroll den FW40-Boliden am Mittwoch in die Mauer befördert hatte. Der Schaden am Chassis war zu groß, um alles rechtzeitig zu reparieren.

Lewis Hamilton verließ die Strecke ebenfalls früher, nachdem Mercedes morgens ein Problem mit der Elektronik gemeldet hatte. Teamkollege Valtteri Bottas übernahm das Steuer kurz vor der Mittagspause für neun Runden. Bei Toro Rosso war der Vormittag nach nur einer Aufwärmrunde bereits beendet, weil das Team einen Motorwechsel vornahm.

Valtteri Bottas übernahm bei Mercedes die alleinige Testarbeit, Foto: Sutton
Valtteri Bottas übernahm bei Mercedes die alleinige Testarbeit, Foto: Sutton

Der Rundenkönig: Ob nass oder trocken - Romain Grosjean war nicht zu stoppen. Der Franzose spulte 118 Runden ab und war damit der einzige Fahrer, der die 100er-Marke knacken konnte. Wegen der teilweise nassen Bedingungen fuhren die Teams insgesamt weniger als an den Vortagen. Die zweitmeisten Runden gingen auf das Konto von Kimi Räikkönen. Der Finne sammelte 93 Umläufe im Verlauf des Tages. In der Gesamtstatistik belegt Ferrari weiter den zweiten Platz hinter Mercedes. Valtteri Bottas legte bei seinem Einsatz diesmal 68 Runden zurück, nachdem der Vormittag für Hamilton komplett ins Wasser gefallen war.

Pirellis Feedback zum Regentest: Trotz der wenigen Runden konnte der Reifenhersteller offenbar ausreichend Daten sammeln für die Weiterentwicklung. "Wir haben heute Morgen die Infos bekommen, die wir brauchten", sagte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Wenn es am Rennwochenende nass ist, fahren die Teams fünf bis sechs Runden und haben alles, was sie brauchen. Es ist nicht so, dass jeder 50 Runden auf Regenreifen fahren muss."

Auf Bitte einiger Teams sei die Strecke während der Mittagspause noch einmal nachgewässert worden, sagte Hembery. Nach den Regen-Tests ist klar, dass Pirelli die Nass-Mischungen noch einmal überarbeiten wird. Einige Fahrer taten sich erneut schwer, die Regenreifen und auch Inters ans Arbeiten zu bekommen. "Wir müssen die Arbeitsfenster der Mischungen ändern", sagte Hembery. "Mit dem Regenreifen hatten wir das sowieso vor. Mit dem Intermediate gab es auch Probleme, also müssen wir ihn vermutlich auch anpassen."

Die überarbeiteten Mischungen könnten bis April bereit sein, um ausgetestet zu werden. Der Einsatz zu einem späteren Zeitpunkt in der Saison ist möglich, je nachdem, wie diese Tests gegebenenfalls verlaufen. "Wir hatten sowieso schon daran gearbeitet, als es hieß, dass es stehende Starts nach einem Safety Car geben wird", so Hembery über die Neuerung, dass 2017 bei einem Regenrennen stehend gestartet wird, sobald es die Bedingungen zulassen.

So wurde die Strecke am Donnerstag künstlich bewässert, Foto: Sutton
So wurde die Strecke am Donnerstag künstlich bewässert, Foto: Sutton

So geht es weiter: Die ersten vier Testtage vor dem Saisonbeginn in Australien sind vorbei. Jetzt haben die Teams vier Tage Zeit, bevor die zweite Runde ansteht. Ab kommenden Dienstag testen die Teams erneut vier Tage lang in Barcelona. In der Zwischenzeit werten die Teams ihre gesammelten Daten mit den komplett neuen Autos aus und bringen weitere Updates an den Boliden an. Kommende Woche sollten die Rundenzeiten noch weiter in den Keller fallen. Pirelli vermutet, dass sich Qualifying-Simulationen zum Testende im Bereich von 1:18 Minuten bewegen werden.