Max Verstappen gibt nicht viel auf die Lobeshymnen, die nach dem Brasilien GP von Medien und Fans auf ihn gesungen wurden. Mit einer sensationellen Leistung hatte sich der junge Red-Bull-Pilot im Regen von Sao Paulo von Platz 15 bis auf das Podest vorgekämpft. Dabei zeigte er mehrere spektakuläre Überholmanöver, nutzte auf nasser Fahrbahn unerwartete Linien und fing seinen Boliden einmal überragend ab, als er ins Schlingern geraten war.

Auch von Verstappens Boss gab es dafür ein Sonderlob. "Es war eine unglaubliche Performance. Diese Beharrlichkeit, Teile der Strecke zu nutzen, die andere nicht genutzt haben! Diese Fähigkeit, Manöver zu setzen, wo man sie am wenigsten erwartet hätte! Ich denke, es war eine phänomenale Fahrt und er verdient die Anerkennung, die er jetzt dafür bekommt", schwärmte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.

Verstappen gibt nicht viel auf die Lobeshymnen nach dem Brasilien GP

Doch für Verstappen zählt das Ergebnis offenbar mehr als die Leistung: "Mein bestes Rennen ist immer noch Spanien, denn das war ein Sieg. Barcelona ist für mich immer noch der größte Moment. Brasilien war sehr gut. Es ist etwas anderes, total andere Umstände." So einfach wollten ihn die Journalisten allerdings nicht davonkommen lassen. Schließlich wurde sein Überholmanöver gegen Nico Rosberg von der FIA als "Action of the year" nominiert. Der Pilot ließ sich auch dazu allerdings nicht aus der Reserve locken. Auf die Frage, ob es das Vorbeiziehen am Deutschen seine beste Situation in Brasilien gewesen sei, antwortete Verstappen: "Schwierig, ich hatte einige gute. Es ist nicht mein Job, das zu entscheiden. Letztlich ist es mir egal."

Motorsport-Magazin.com ließ nicht locker und fragte nach dem Manöver gegen Sergio Perez, bei dem es so eng war, dass Verstappen fast die Strecke verlassen musste. Die lapidare Antwort: "Ja, das war auch gut. Du versuchst einfach immer, es auf dem schnellsten und besten Weg zu tun." Selbst mit Humor ließ sich der 19-Jährige nicht knacken. Ob das Rosberg-Manöver eine Art Rache an Toto Wolff für dessen Anruf bei Vater Jos gewesen sei, fragte ein Journalist grinsend. Während die Umstehenden lauthals lachten, sagte Verstappen ungerührt: "Nein, darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Ich habe nur versucht, so viele Leute zu überholen wie möglich."

Und die Rettungsaktion, als er seinen Red Bull in fast schon aussichtsloser Position doch noch auf der überfluteten Strecke halten konnte? Immerhin da gab es ein klitzekleines Eigenlob: "Das war ein sehr schwieriger Moment. Da war viel Wasser und Du bist in den falschen Winkel gekommen. Und dann, wenn Du Dich drehst, versuchst Du zu korrigieren. Manchmal braucht man ein bisschen Glück. Und am Ende brauchst Du Geschick, um von der Wand wegzubleiben."

Motorsport-Magazin.com hakte nach und wollte wissen, ob Verstappen beim Anschauen der Aufzeichnung aus Sao Paulo nicht überrascht war, dass es nicht mehrere Fahrer ihm gleich taten und im Regen eine andere Linie wählten. "Vielleicht. Letztlich versuchst Du immer dahin zu gehen, wo Du Dich am wohlsten fühlst. Vielleicht haben sie sich innen wohler gefühlt. Auf der Rennlinie ist immer etwas weniger Grip, denn da ist mehr Gummi. Im Nassen nimmst Du immer etwas andere Linien. Für mich war das immer natürlich, seit ich race", so der ehemalige Kart-Pilot.

Ricciardo hat Nebel im Helm

Ganz anders sah es in Brasilien bei seinem Teamkollegen aus. Der startete in Sao Paulo als Sechster und landete letztlich nur auf Rang acht. Entsprechend hat sich Daniel Ricciardo die Aufzeichnung des Rennens auch noch nicht angesehen. "Nur die, wo ich gut bin, die gucke ich nochmal", grinste der Australier.

Unter anderem hatte Ricciardo beim vergangenen Rennen eine noch schlechtere Sicht als der Rest des Feldes. Dies lag an einem etwas mysteriösen Problem mit seinem Helm. "Ich hatte mit dem Nebel zu kämpfen, der da reinkam. Dann habe ich das Visier aufgemacht und dann kam Wasser rein. Das war frustrierend", erzählte der Pilot.

Daniel Ricciardo sah in Brasilien aus seinem Red Bull heraus noch weniger als die Konkurrenz, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo sah in Brasilien aus seinem Red Bull heraus noch weniger als die Konkurrenz, Foto: Sutton

Im Nachhinein machte er sich Vorwürfe, warum er den Kopfschutz nicht in einer der Rennunterbrechungen auf dem Autodromo José Carlos Pace ausgetauscht hatte: "Wir sind da so viel gestartet und haben gestoppt. Ich habe den Helm zwischendrin nicht gewechselt, dann ist er nass geworden. Die Innenseite war nass. Ich weiß nicht, ob die Feuchtigkeit dann den Nebel gemacht hat."

Horner sah die Verantwortung bei Ricciardo: "Das Equipment des Fahrers ist normalerweise seine Sache. Offenbar wurde nach der letzten roten Flagge die Substanz weggewischt, die das Beschlagen des Visiers verhindern soll. Natürlich versuchen wir, auch wenn es nicht unsere direkte Verantwortung ist, Prozeduren zu entwickeln, um so etwas zu verhindern."

Über die epische Leistung von Max Verstappen wollte Ricciardo nicht sprechen. Als ein Journalist ihn fragte, wie es denn so sei, der Teamkollege des nächsten Senna zu sein, lachte der 27-Jährige und bat: "Nächste Frage!" Er sieht sich und den Niederländer auch nicht als die neuen Rivalen im Stile von Senna und Alain Prost, die sich als Fahrer für denselben Rennstall erbittert bekriegten. Eine entsprechende Nachfrage konterte er gut gelaunt mit: "Ich bin nur Daniel Ricciardo, das Arschloch!"