Der Brasilien Grand Prix 2016 war eine echte Nervenschlacht - auch für die Zuschauer vor dem Fernseher. Zwischenzeitlich wurde das Rennen für insgesamt 1 Stunde 16 Minuten abgebrochen - wenn man von der 15-minütigen Irrfahrt des Safety Car zwischendurch einmal absehen mag. Vorausgegangen war eine zehnminütige Verschiebung des Rennstarts aufgrund der regnerischen Bedingungen. Sao Paulo bot sicherlich eines der spannendsten Rennen des Jahres, doch Ausdauer war bei insgesamt drei Stunden von Nöten.

Vor allem die ausgedehnte Rotphase in Folge von Kimi Räikkönens schwerem Unfall brachte einige Fahrer und Experten zur Verzweiflung. Am deftigsten formulierte es wohl Niki Lauda, der mit dem Vorgehen der Rennleitung überhaupt nicht einverstanden war. "Das war die schlechteste Entscheidung, die ich jemals gesehen habe", polterte der frühere Formel-1-Fahrer bei BBC. "Die Formel 1 ist überreguliert. Und zwar so sehr, das es auch künftig solch falsche Entscheidungen geben wird."

Wenn nass - runter vom Gas

Laudas Ansage: F1-Piloten sollten in der Lage sein, mit Verhältnissen wie an diesem Sonntag in Interlagos umgehen zu können. "Wir sind früher bei sämtlichen Bedingungen gefahren", sagte er. "Wenn es auf der Autobahn zu nass ist, dann muss man eben vom Gas gehen. Warum können wir das nicht auch in der Formel 1 machen, wo die besten Rennfahrer der Welt fahren?" Lauda forderte schnellstmöglich ein Treffen der F1-Verantwortlichen, am besten noch vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi. Das Thema dürfte sowieso beim Meeting der Strategy Group am kommenden Mittwoch auf den Tisch kommen.

Alle Macht den Fahrern?

Auch unter den Fahrern gab es Stimmen, die Lauda bestätigten und forderten, dass den Fahrern mehr Eigenverantwortung übertragen wird. Es scheint die gleiche Leier zu sein wie seit Jahren in der Formel 1 und generell im Motorsport: Die Verantwortlichen sollten mehr auf die Piloten hören, die effektiv in den Autos sitzen und die Situation entsprechend einschätzen können.

"Letztendlich liegt es an uns, langsam genug zu fahren, um damit klarzukommen", sagte Kevin Magnussen. "Wir müssen uns einfach den Bedingungen anpassen und nicht die Grenzen überschreiten, so wie wir es im Trockenen machen."

Laut Lauda seien die Autos heutzutage sicher genug, das habe man bei Räikkönens Highspeed-Crash auf der Start/Ziel-Geraden sehen können. Der Ferrari-Pilot hatte allerdings Glück im Unglück. Beinahe wäre er von nachfolgenden Autos getroffen worden, die wegen der herrschenden Gischt keine gute Sicht hatten. "Der Aquaplaning-Unfall hätte bitter enden können", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff noch während des Rennens. "Wenn es einen Re-Start gibt, dann gibt es auch einen Verantwortlichen. Im stillen Kämmerchen kann man so einen Call machen. Aber Charlie Whiting muss sicherheitsrelevante Entscheidungen treffen."

Bernd Mayländer sammelte einen Führungskilometer nach dem anderen, Foto: Sutton
Bernd Mayländer sammelte einen Führungskilometer nach dem anderen, Foto: Sutton

Hamilton versteht es nicht

Vor allem der Führende Lewis Hamilton beschwerte sich mehrfach über die lange Verzögerung. Ihm passte nicht, dass das Feld so viele Runden hinter dem Safety Car drehen musste - effektiv war es eine Viertelstunde, bevor alle wieder in die Boxengasse abbogen. "Nach der ersten roten Flagge war es verständlich, weil die Leute von der Strecke rutschten", sagte der spätere Rennsieger. "Als wir dann später wieder raus sind, hätte man mit Intermediates fahren können. Aber das Safety Car blieb ewig draußen. Das verstehe ich nicht, weil die Strecke insgesamt ziemlich gleich war. Das Safety Car war sinnlos, wir hätten einfach fahren sollen."

Möglicherweise waren nicht die Gesamtbedingungen verantwortlich für die Verzögerung, sondern spezielle Abschnitte auf der Strecke. Besonders die letzte Kurve forderte während des Rennens einige Opfer. Die Fahrer hatten hier sowie auf der Start/Ziel-Geraden mit Aquaplaning zu kämpfen. "Die Autos und die Reifen kriegen so schnell Aquaplaning, das kann man als Fahrer gar nicht verantworten", sagte Nico Hülkenberg. "Es ist wirklich Selbstmord, wenn man weiterfährt. Speziell in der letzten Kurve war es brutal."

Eine ähnliche Meinung vertrat Pascal Wehrlein im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es war nicht unfahrbar", fand der Manor-Rookie. "Aber das Problem ist einfach, dass man nicht sieht. Wir haben null gesehen, wegen der Gischt von den Autos vor uns. Dann siehst du nicht, wo die Pfützen sind und wo du potentiell Aquaplaning bekommen könntest. Am Ende ging es, weil der Regen nachgelassen hatte. Aber am Anfang bei den Re-Starts war es zu viel Aquaplaning."