Es ist angerichtet! Nico Rosberg kann sich am Sonntag in Brasilien zum ersten Mal zum Weltmeister krönen. Dazu genügt dem Mercedes-Piloten definitiv ein Sieg in Sao Paulo, aber auch wenn er Zweiter wird und Lewis Hamilton nicht den Sprung auf das Podium schafft, ist Rosberg der neue Champion. Hamilton, der 19 Punkte Rückstand hat und vor Rosberg von der Pole Position startet, kann die Entscheidung mit einem Sieg hingegen bis zum Finale in Abu Dhabi vertagen.

Nico Rosberg wird in Brasilien Weltmeister wenn er ...

... gewinnt.
... Zweiter wird und Hamilton nicht auf das Podium kommt.
... Dritter und Hamilton maximal Sechster wird.
... Vierter und Hamilton maximal Achter wird.
... Fünfter und Hamilton maximal Neunter wird.
... Sechster und Hamilton maximal Zehnter wird.
... mindestens Sechster wird und Hamilton keine Punkte macht.

Lewis Hamilton vertagt in Brasilien die Entscheidung wenn er ...

... gewinnt.
... Zweiter oder Dritter wird und Rosberg nicht gewinnt.
... Vierter oder Fünfter wird und Rosberg maximal Dritter wird.
... Sechster oder Siebter wird und Rosberg das Podium verpasst.
... Achter und Rosberg maximal Fünfter wird.
... Neunter und Rosberg maximal Sechster wird.
... Zehnter und Rosberg maximal Siebter wird.
... punktlos bleibt und Rosberg maximal Siebter wird.

Die Zeichen stehen auf Regen

Einen fliegenden Start wie 1996 auf nasser Strecke wird es wohl nicht geben, Foto: Sutton
Einen fliegenden Start wie 1996 auf nasser Strecke wird es wohl nicht geben, Foto: Sutton

So weit, so gut, doch es wäre nicht Sao Paulo, gäbe es nicht einen gewichtigen Faktor, der weder von den Teams noch den Fahrern beeinflusst werden kann: Das Wetter. War es am Freitag noch trocken und warm, zogen am Samstag bereits erste Schauer über die brasilianische Ostküste hinweg, und für Sonntag stehen die Zeichen sogar auf Regenrennen.

"Von der Früh weg fällt leichter Regen, der auch mal Pausen einlegen kann. Ab den Mittagsstunden und damit zum Rennen hin nimmt der Regen mit der Annäherung eines Tiefs etwas zu", lautet die aktuelle Prognose von Ubimet, dem offiziellen Wetterdienst der Formel 1. Öffnet der Himmel seine Schleusen, kann so gut wie alles passieren, das wissen sämtliche Beteiligten. Entscheidet am Ende gar Wettergott Petrus die WM, so wie bereits 2008, als Felipe Massa den Pokal bereits in seinen Händen wähnte, ehe Hamilton den Brasilianer doch noch ins Tal der Tränen stürzte?

Showdown im Senna-S?

"Lewis war einfach ein bisschen schneller. Es hat eben nicht sollen sein, allerdings ist morgen noch alles drin. Von dieser Position kann ich das Rennen immer noch gewinnen", gibt sich Rosberg trotz der teaminternen Niederlage im Qualifying zuversichtlich, am Sonntag als Weltmeister festzustehen, wohlwissend, dass Hamilton in dieser Saison den Start von der Pole Position nicht erst einmal vergeigt hat. "Mein Fokus liegt darauf, nach vorne zu schauen und Lewis in Kurve eins anzugreifen. Da pack ich meine Energie rein und das wars."

In Anbetracht der Wetterprognose bleibt jedoch abzuwarten, ob das Rennen überhaupt auf herkömmliche Weise gestartet wird, oder ob der Grand Prix nicht nach ein paar Runden hinter dem Safety Car fliegend freigegeben wird. Dies würde naturgemäß Pole-Sitter Hamilton in die Karten spielen, der das Tempo dann nach Belieben diktieren könnte und darüber hinaus als einziger Pilot freie Sicht hätte.

Nicht zuletzt deshalb hofft der Brite auf Nass von oben. "In diesem Fall stehe ich zwar auf der Pole, aber eigentlich bin ich in der WM hinten. Also wäre es nicht so schlecht, wenn es im Rennen regnet", betont Hamilton. "Ehrlich gesagt fühle ich mich für jedes Szenario gut vorbereitet. Ich mag auch beide Bedingungen. Ich liebe es also auch, im Regen zu fahren. Natürlich wird es dadurch mehr zu einer Lotterie, aber im Trockenen ist es auch nicht so viel anders."

Wird regulär gestartet, droht ein Showdown in Senna-S, wo eine Berührung zwischen Rosberg und Hamilton nahezu in der Luft liegt. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff bleibt dennoch gelassen. "Mit ein paar Ausnahmen war es okay in den vier Jahren. Sie haben das Team nicht im Stich gelassen. Bei noch 2 rennen ist das jetzt eine andere Situation. Unsere Werte und die Ziele haben sich nicht geändert. Es liegt in ihren Händen, sportlich gegeneinander zu fahren", sagt der Österreicher.

Red Bull und Ferrari hoffen auf Regen

Ganz klar auf Regen hofft man im Lager von Red Bull und Ferrari. Red Bull würde von einer nassen Strecke wohl am meisten profitieren, schließlich käme dann die traditionell starke Aerodynamik über Gebühr zum Tragen, wohingegen der Motor eine untergeordnete Rolle spielen würde. Obwohl Renault mittlerweile stark aufgeholt hat, fehlt den Franzosen noch immer ein Quäntchen Power. Das wurde im Qualifying offensichtlich, als Daniel Ricciardo und Max Verstappen im letzten Sektor viel Zeit verloren.

"Wenn es regnet, ja", antwortete der von Platz sechs startende Ricciardo auf die Frage, ob Red Bull in der Lage sei, den Brasilien GP zu gewinnen. "Wenn man auf gestern blickt, waren wir nicht schnell genug, um Mercedes herauszufordern. Auch im Qualifying heute. Wenn sie kein spezielles Rennen haben, wird es schwer, sie im Trockenen zu schlagen. Nicht unmöglich, aber schwierig."

Davon, den Wagen extra auf Regen abzustimmen, sah Red Bull ab. "Wir haben uns darauf fokussiert, im Qualifying gut dazustehen, denn schlussendlich ist die Startposition sehr wichtig. Egal was wir machen, unser Auto ist im Nassen immer stark, daher müssen wir da nicht unbedingt den Fokus drauf legen, ein gutes Setup zu haben", betont Verstappen selbstbewusst.

Als erster Silberpfeil-Verfolger geht Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen von Startplatz drei ins Rennen. "Mercedes war heute zu weit weg, aber es hat sehr gut funktioniert und wir können mit dem Ergebnis zufrieden sein", kommentiert der Finne, der im Qualifying-Duell gegen Sebastian Vettel auf 10:10 stellte. "Das Auto hat Potenzial, wir kommen dorthin, wo wir sein sollten. Am Sonntag können wir nur unser Bestes geben, und mit den Wetterverhältnissen weiß man nie, was passiert - die Dinge können sich sehr schnell ändern."

Die Top-3 des Qualifyings, Foto: Ferrari
Die Top-3 des Qualifyings, Foto: Ferrari

WM-Duell: Konkurrenz will sich nicht raushalten

Neben dem drohenden Wetter-Ungemach hält sich im Paddock nach wie vor die Diskussion darüber, ob es den anderen Piloten gestattet ist, in den Titelkampf zwischen Rosberg und Hamilton einzugreifen. "Was ist heute anders als in Melbourne zu Saisonbeginn? Max und ich wollen um unsere Positionen kämpfen. Wenn wir jetzt sagen, wir greifen nicht an, würden wir damit ja genau die Weltmeisterschaft entscheiden. Die WM sollte aber das Ergebnis aller Rennen sein, wenn etwas passiert, passiert es", hat Ricciardo dazu eine ganz klare Meinung und hält nichts von Zurückhaltung.

Auslöser der Diskussion war aber nicht der Australier, sondern sein Teamkollege Max Verstappen, der zuletzt in Mexiko gegen Rosberg mit harten Bandagen kämpfte und sich die Kritik von Mercedes zuzog. Toto Wolff griff sogar zum Telefon und rief Vater Jos an. "Wir müssen Rennen fahren, wir alle. Man muss schauen, dass man für sein Team den bestmöglichen Job auf der Strecke macht", hat der Niederländer dennoch nicht vor, etwas an seiner Herangehensweise zu ändern.

"Als Rennfahrer behandelst du jemanden nicht anders, nur weil er um die WM kämpft. Das sind Gegner, und so behandele ich sie. Ich bin sicher, dass das auch für die anderen gilt", will Rosberg jedenfalls keine Sonderbehandlung.

Hamilton sieht das naturgemäß ähnlich, schließlich käme es ihm gelegen, würde Rosberg in ein Duell mit anderen Piloten verwickelt werden. Selbst zu verlieren hat der Brite hingegen nichts mehr. "Ich erwarte nichts anderes, als, dass jeder Fahrer im Rennen 100 % gibt", lautet Hamiltons Ausblick für eines jener wenigen Rennen, die er noch nie gewinnen konnte. Eine Premiere wäre dringend notwendig, um die Titelchancen am Leben zu halten.

Max Verstappen will wieder an der Spitze mitmischen, Foto: Sutton
Max Verstappen will wieder an der Spitze mitmischen, Foto: Sutton