Nico Rosberg ist der heimliche Sieger des Malaysia GP, auch wenn er das nach seinem dritten Platz so nicht sagen will. "Ich hatte mir hier einen Sieg vorgenommen und das ist mir nicht gelungen. So gesehen kann ich nicht zufrieden sein." Doch insgeheim reist Rosberg als glücklicher Mann aus Malaysia ab.

Weil Lewis Hamilton 15 Runden vor Ende des Rennens in Führung liegend mit einem Motorschaden ausfiel, ist Rosbergs Vorsprung in der Weltmeisterschaft angewachsen. Dabei sah es nach 671 Meter noch ganz anders aus.

Rosberg erwischte einen ordentlichen Start, ging knapp hinter Pole Setter Hamilton in die erste Kurve. Das Weltbild schneidet um, plötzlich kommt nur Hamilton aus Kurve zwei heraus. Rosberg wurde von Sebastian Vettel gedreht, der seinerseits Max Verstappen ausbremsen wollte. "Es fühlte sich an, als ob mich ein außer Kontrolle geratener viermaliger Weltmeister-Torpedo getroffen hätte", schimpft Rosberg.

"Ich dachte, dass mein Rennen vorbei wäre. Ich hätte niemals gedacht, dass ich weiterfahren könnte." Glück im Unglück: Vettel erwischte Vettel genau am rechten Hinterrad. Während bei Vettel die Radaufhängung nachgab, gab es an Rosbergs Boliden keine offensichtlichen Schäden. "Ich teilte dem Team mit, dass es ein ziemlich harter Schlag gewesen ist", berichtet Rosberg. Doch das Team gab Entwarnung, konnte auch keinen schleichenden Plattfuß diagnostizieren.

Vettel für Rosberg-Crash bestraft

"Nico war das Opfer von Sebastian", bilanziert auch Mercedes Motorsportchef Toto Wolff. "Er hat es aber nicht mit Absicht gemacht." Max Verstappen, der wegen Vettels Aktion hinter Teamkollege Daniel Ricciardo, Kimi Räikkönen und Sergio Perez auf Platz fünf zurückfiel, drückte es weniger diplomatisch aus. "Seb ist verrück, er ist ein Idiot", schimpfte er am Funk.

Sebastian Vettel wurde für die Kollision mit Nico Rosberg bestraft, Foto: Sutton
Sebastian Vettel wurde für die Kollision mit Nico Rosberg bestraft, Foto: Sutton

Vettel wurde nach dem Rennen von den Stewards zur Kollision befragt und erhielt eine Strafversetzung um drei Plätze beim Japan GP. "Ob Sebastian bestraft wird oder nicht, macht für uns keinen Unterschied und bringt uns das Ergebnis nicht zurück", sagt ein sportlich fairer und enttäuschter Toto Wolff.

Wie durch ein Wunder wurde Rosberg, der verkehrtherum mitten auf der Strecke stand, von keinem Konkurrenten getroffen. Als 21. nahm der WM-Führende das Rennen wieder auf. Weil Daniil Kvyat, Felipe Massa, Kevin Magnussen und Esteban Gutierrez nach Runde eins in die Box mussten, lag Rosberg schon am Ende des ersten Umlaufs auf P17.

Der Vorwärtsdrang des Mercedes-Piloten schien kein Ende zu nehmen. "Ich hatte das Messer zwischen den Zähnen und gab alles." Als Rosberg in Runde neun unter VSC zum Reifenwechsel kam, lag er bereits auf Rang elf. Nach dem Stopp auf die harten Reifen ging der Durchmarsch schnell weiter. Schon in Runde 21 lag Rosberg auf Platz fünf.

Gegen Kimi Räikkönen auf nagelneuen harten Reifen hatte Rosberg allerdings keine Chance. Einen möglichen Undercut in Runde 31 konterte Ferrari umgehend. Allerdings kämpften Rosberg und Räikkönen nun mit gleichen Waffen, beide hatten ähnlich frische Reifen aufgezogen. In Runde 38 sah Rosberg seine Chance und ging mit einem aggressiven Manöver innen in Kurve zwei vorbei. Der Mercedes und der Ferrari berührten sich leicht, doch beide konnten ohne Probleme weiterfahren.

Wolff: Strafe für Rosberg absoluter Nonsens

Für die Rennleitung war das Manöver zu aggressiv: Sie belegte Rosberg mit einer 10-Sekunden-Strafe. Rosberg ärgerte sich über die Strafe: "Ich war überrascht, dass ich nach dem Zwischenfall mit Kimi bestraft wurde. Ich musste es an irgendeiner Stelle probieren und ich sah dort eine Gelegenheit. Also habe ich es versucht. Man muss kreativ sein und wenn sich eine Chance bietet, muss man zuschlagen. Ich dachte ehrlich gesagt, dass es ein aggressiver, aber immer noch akzeptabler Angriff gewesen ist. Dafür fahren wir Rennen!"

Ähnlich sah es auch Toto Wolff: "Ich möchte mich nicht zu sehr mit der Strafe beschäftigen. Letztlich hat sie ihn keine Plätze gekostet. Aber sie war absoluter Nonsens. Wir haben uns alle dazu entschieden, dass wir echtes Racing sehen möchten. Wenn kein Fahrer eindeutig schuld ist, sollten wir sie Rennen fahren lassen. Und dann passiert so etwas."

"Er hatte in Kurve eins schon eine seltsame Linie", schildert Kimi Räikkönen die Situation. "Ich habe eingelenkt und plötzlich habe ich ihn im Spiegel aufblitzen sehen. Ich musste dann nach rechts lenken, ansonsten wäre das Rennen für uns beide an dieser Stelle vielleicht zu Ende gewesen. Er hat zwar eine Strafe dafür bekommen, aber das hat am Resultat letztendlich auch nichts geändert."

Für Rosberg galt es nun, den Vorsprung auf Räikkönen über zehn Sekunden anwachsen zu lassen. Weil Räikkönens Frontflügel und Unterboden beim Zwischenfall leicht beschädigt wurden, konnte der Finne nicht mehr mit Rosberg mithalten. "Das hilft natürlich nicht, die Teile sind aus einem Grund am Auto", resümiert Räikkönen.

Fahrer Start Pit 1 Pit 2 Pit 3
Daniel Ricciardo Soft Hart neu (21) Soft neu (41) - VSC
Max Verstappen Soft Soft gebraucht (9) - VSC Hart neu (27) Soft gebraucht (41) - VSC
Nico Rosberg Soft Hart neu (9) - VSC Hart gebraucht (31) Soft gebraucht (41) - VSC
Kimi Räikkönen Soft Hart neu (20) Hart gebraucht (32) Soft gebraucht (40) - VSC

Als noch einmal eine VSC-Phase wegen Hamiltons Motorschaden ausgerufen wurde, kämpften Rosberg und Räikkönen nicht nur um Platz drei, sondern stoppten beide noch einmal. Räikkönen in Runde 40, Rosberg in Runde 41. Beide gingen noch einmal auf Soft. Weil der Boxenstopp unter VSC-Bedingungen durchgeführt wurde, musste Rosberg seine Strafe nicht absitzen. Sonst wäre er wieder hinter Räikkönen gefallen.

So blieb Rosberg vorne und musste den Abstand bis Rennende auf über zehn Sekunden vergrößern. Allerdings auch keine leichte Aufgabe: "Ich musste gleichzeitig auch den Motor schonen. Denn nach dem Problem bei Lewis waren wir etwas zurückhaltend, wenn es darum ging, ihn voll auszunutzen."

Am Ende des Rennens lag Rosberg aber 13,269 Sekunden vor Räikkönen, was ihm den dritten Platz rettete. "Ehrlich gesagt, kann ich es nicht glauben, dass ich gerade eben dort oben gestanden habe - nachdem ich mich vom letzten Platz vorarbeiten musste", sagt ein erleichterter Nico Rosberg.

In der Weltmeisterschaft liegt der Deutsche nach dem Malaysia GP 23 Punkte vor seinem Teamkollegen und ärgsten Konkurrenten Lewis Hamilton. Durch dessen Nuller konnte Rosberg seinen Vorsprung mit Platz drei 15 Punkte ausbauen. Theoretisch reichen Rosberg ein Sieg und vier zweite Plätze aus den verbleibenden fünf Rennen. "Ich fange nicht an, so zu denken. Ich will die Rennen gewinnen."