Nachdem Lewis Hamilton das gesamte Wochenende über in Monza dominierte, kostete ihn ein schlechter Start den Sieg. Während Nico Rosberg ungefährdet seinem ersten Sieg beim Italien GP entgegenfahren konnte, musste sich der Weltmeister erst wieder auf Platz zwei nach vorne kämpfen. Dann war Rosberg bereits enteilt und das Rennen für ihn gelaufen.

Nach dem Rennen wusste Hamilton noch nicht, was die nächsten Wochen für ihn bringen werden. Vor dem Singapur GP geht es noch einmal in die Vereinigten Staaten - vermutlich um Spaß zu haben -, aber das restliche Programm ist unbekannt. Außer ein Termin am Dienstag: Zwei Tage nach dem Rennen fliegt der Weltmeister zum Team nach Brackley.

Für den Gesprächsstoff zwischen Hamilton und den Ingenieuren ist gesorgt. Der Brite verlor den Sieg beim Italien GP am Start an Teamkollege Nico Rosberg. "Das wird das einzige Thema am Dienstag sein, denn alles andere war perfekt", resümiert Hamilton enttäuscht.

Neue Regeln schuld am schlechten Start

Nachdem sich Nico Rosberg das gesamte Wochenende hinter seinem Teamkollegen anstellen musste, stellte der Start alles auf den Kopf. "Wir haben das ganze Wochenende so hart gearbeitet und dann ändert diese eine Zehntelsekunde alles", ärgert sich Hamilton.

In Hockenheim erwischte Nico Rosberg einen schlechten Start, Foto: Mercedes-Benz
In Hockenheim erwischte Nico Rosberg einen schlechten Start, Foto: Mercedes-Benz

Der Mercedes-Pilot erwischte von der Pole Position einen Katastrophen-Start. Zu stark durchdrehende Reifen warfen ihn auf Rang sechs zurück. Hamilton nahm noch am Boxenfunk die Schuld auf sich. Nach dem Debriefing lautete die Erklärung anders: "Die Ingenieure haben mir gesagt, dass es niemands Schuld war, sondern an der Variabilität der Kupplung lag. Wie bei Nico in Hockenheim."

Letztendlich bedeutet das aber nichts anderes, als dass der Fahrer das Zusammenspiel aus Gaspedalstellung und Kupplungshebel am Lenkrad ziehen nicht richtig hinbekommen hat. Im Training können die Piloten das nur bedingt üben, weil Probestarts nur am Boxenausgang erlaubt sind. "Dort ist das Gripniveau anders und die Temperaturen der Reifen auch", meinen die Mercedes-Piloten.

Die Regeln, die zu Beginn der Saison eingeführt werden, machen den Piloten das Leben schwieriger. Sie dürfen nur noch mit einem Lenkrad-Pedal auskuppeln. Das verhindert, dass das erste Pedal beim Erlöschen der Ampel einfach nur geschnalzt wird, womit sich das Auto in Bewegung setzt und das zweite Pedal mit Gefühl losgelassen wird. Mit einem Pedal geht es gleich ums Gefühl.

Mercedes-Kupplung reagiert extrem auf Temperaturschwankungen

Das größte Problem bei Mercedes scheint die Kupplungstemperatur zu sein. Minimale Schwankungen scheinen eine größere Auswirkung zu haben als bei der Konkurrenz. "Früher durfte uns die Temperatur noch gesagt werden und es war einfacher, die Zieltemperatur zu treffen", erklärt Lewis Hamilton. Bis zum Rennstart muss aktuell Stille am Boxenfunk herrschen, erst dann dürfen technische Informationen an den Fahrer weitergegeben werden.

Zu Saisonbeginn wurden die Regeln für das Startprozedere geändert, Foto: Sutton
Zu Saisonbeginn wurden die Regeln für das Startprozedere geändert, Foto: Sutton

Das neue Reglement macht es für die Fahrer schwieriger, ist sich Nico Rosberg sicher. "Manche Einstellungen kann man nicht beeinflussen, aber der Fahrer ist am Start nun definitiv wichtiger." Lewis Hamilton sieht das anders: "Der Fahrer macht noch immer das gleiche, nur die Kupplung ist nicht mehr konstant."

Mercedes Motorsportchef Toto Wolff will mit dem Finger auf niemanden zeigen. "Es wäre schlecht, jemanden zu beschuldigen. Weil die Leute dann Angst haben, bekommt man nur noch konservative Lösungen", erklärt Wolff. Der Österreicher will das Thema nicht dramatisieren: "Unsere Autos stehen meist in der ersten Reihe, da wird das Problem offensichtlicher als bei anderen."

Rosberg: Hamilton hatte seinen besten Tag des Jahres

Hamiltons schwacher Start war für Rosberg ein Geschenk. Nach der niederschmetternden Qualifying-Niederlage räumten Rosberg viele nur Außenseiterchancen ein. "Ich hatte kein schlechtes Qualifying, aber Lewis hatte seinen besten Tag des Jahres. Von der Rennsimulation am Freitag wusste ich, dass ich ihn im Rennen unter Druck setzen kann."

Druck musste Rosberg aber gar nicht erst machen. Nach Kurve eins war das Rennen für ihn entschieden. "Ein Formel-1-Rennen ist nie einfach, aber es war nicht das härteste Rennen. Ich hatte noch Reserven", gab sich Rosberg, der wieder auf zwei Punkte in der Weltmeisterschaft an Hamilton herangerückt ist, entspannt.

Lewis Hamilton musste sich von Position sechs aus nicht durchs Feld pflügen, weil ihm die beiden Ferrari mit anderer Strategie aus dem Weg gingen. Nur Daniel Ricciardo und Valtteri Bottas musste Hamilton auf der Strecke kassieren. Das allerdings kostete ihn erheblich Zeit. Nach 18 Runden lag er bereits 15 Sekunden hinter Spitzenreiter Rosberg.

Anschließend gab der Weltmeister ein wenig Gas, beendete seine Attacke aber recht schnell wieder. Auf weniger als neun Sekunden verringerte er den Rückstand zu keinem Zeitpunkt. "Weil ich wusste, dass ich keine Chance mehr haben würde. Wenn du hinten bist und dich durchs Feld kämpfen musst, sind deine Reifen hinüber, wenn du wieder attackieren willst."

"Ich hätte die Pace weiter gehen können, aber am Ende hätte ich vielleicht sechs Sekunden Rückstand gehabt - aber mit sechs Sekunden Rückstand gewinnst du auch kein Rennen", kapitulierte der WM-Leader. "Wenn ich acht Sekunden Rückstand gehabt hätte, hätte ich es vielleicht versucht. Oder wenn wir Reifen hätten, mit denen man eine Quali-Runde nach der anderen fahren kann. Aber seit langer Zeit haben wir solche Reifen nicht mehr."