Groß gewesen war die Angst im Mercedes-Lager. Probleme mit den Reifen, Red Bull mit stärkeren Longruns, mit Ferrari und Force India noch mehr direkte Gegner. Das Ende vom Lied? Nico Rosberg gewann den Belgien Grand Prix völlig ungefährdet und Lewis Hamilton schaffte es trotz 60 Strafplätzen infolge von Motorenwechseln auf das Podium. Blufften die Silberpfeile während des Wochenendes in Spa-Francorchamps nur, war die Dominanz auch nach der Sommerpause immer eine klare Angelegenheit?

Tatsächlich tat sich Mercedes in den Trainings und auch mit Rosberg im Qualifying schwerer als sonst. Im Rennen am Sonntag war von alledem aber nichts mehr zu merken. Sogar Hamilton sagte nach Rosbergs Sieg süffisant: "Er bekam von niemandem Druck. Für Nico war es offensichtlich eine Sonntagsfahrt." Beim Zielleinlauf hatte Rosberg lockere 14 Sekunden Vorsprung auf den Zweitplatzierten Ricciardo. Hätte das Rennen länger gedauert, wäre Hamilton vermutlich der gefährlichere Gegner gewesen.

"Daniel war mit den Soft-Reifen zu Beginn des zweiten Stint ziemlich schnell hinter mir. Das war aber auch das einzige", wollte nicht einmal Rosberg seinem Sieg einen größeren Kraftaufwand beimessen. Die Reifenprobleme aus dem Qualifying waren spätestens nach seinem Wechsel auf den Medium-Reifen - die beste Wahl fürs Rennen - Vergangenheit. Mit dem Strategie-Split und Hamilton aufs Soft-Mischungen zeigte Mercedes, dass die Pirellis in der Tat keine Hürde darstellten.

Rosberg tanzt in Spa locker zum Sieg, Foto: Sutton
Rosberg tanzt in Spa locker zum Sieg, Foto: Sutton

Einfacher als erwartet

"Das Reifen-Management war einfacher als erwartet", sagte auch Rosberg. Und die zunächst hochgepriesene Konkurrenz, die sich effektiv selbst mit dem Start-Crash aus dem Rennen nahm und es Mercedes noch leichter machte? "Die Gegner waren dieses Wochenende ungewöhnlich nah dran", sagte Rosberg zunächst. "Im Rennen dann nicht mehr."

Natürlich musste Hamilton im Vergleich zu seinem Teamkollegen härter kämpfen, um auf das Podium zu gelangen und damit die bestmögliche Schadensbegrenzung zu betreiben. Wie groß zuvor die Sorge der Mercedes-Taktiker vor einem schwierigen Rennen tatsächlich war, ließ Hamilton immerhin durchblicken: "Das Team hatte Platz acht vorhergesagt, also bin ich sehr glücklich über mein Ergebnis."

Hamilton in Spa: Von P21 bis auf das Podium, Foto: Sutton
Hamilton in Spa: Von P21 bis auf das Podium, Foto: Sutton

Hamilton dachte an Sieg

Tatsächlich war der Mercedes auf der Power-Strecke von Spa so schnell, dass es sogar für einen Doppelsieg hätte reichen können. Wer hätte nach Hamiltons Motor-Querelen und Rosbergs Besorgnis damit im Vorfeld gerechnet? "Der Gedanke an den Sieg kam mir schon in den Sinn", sagte Hamilton, nachdem er schon innerhalb weniger Runden in die Punkteränge vorgedrungen war. "Aber mir war auch bewusst, dass der Rückstand zu Nico schon ziemlich groß war. Er hatte keinen Druck und war schon weg zu dem Zeitpunkt, als ich an Alonso und dem Force India vorbei war."

Die Reifen sorgten am Ende lediglich dafür, dass sich Hamilton nicht auch noch Ricciardo schnappte. Während er selbst in der Schlussphase kurzzeitig hinter Nico Hülkenberg hing und beim Überholvorgang nicht zu viel riskieren wollte, konnte Ricciardo genügend Vorsprung herausfahren. "Wenn die Reifen besser gewesen wären, hätte ich pushen, die Lücke schließen und mit Daniel kämpfen können", war Hamilton überzeugt.

Im Vorfeld fast undenkbar: Zwei Mercedes-Silberpfeile auf dem Podium, Foto: Sutton
Im Vorfeld fast undenkbar: Zwei Mercedes-Silberpfeile auf dem Podium, Foto: Sutton

Hamiltons größter Gegner...

So sorgte die Stärke des Silberpfeils dafür, dass Hamilton selbst sein größter Gegner im Rennen war. Eine Herausforderung, die er meisterte. Der Schlüssel sei laut dem Briten die richtige Herangehensweise gewesen.

Hamilton: "Das musste ich sicherstellen: nicht zu aggressiv, aber auch nicht zu easy. Du musst schauen, wie hart du pushst, dich aber aus dem Ärger heraushältst. Mein Renninstinkt sagt, möglichst viele Autos in Kurve eins zu überholen. Das will ich auch, aber die anderen kämpfen eben sehr hart um Positionen. Die Erfahrung aus all den Jahren hat mir da heute geholfen."