Der erste Ausfahrt mit Red Bulls Alternativ-Idee zum FIA-favorisierten Halo-Cockpitschutz in Russland sorgt in der Formel-1-Szene für die erwartete Aufmerksamkeit. Der 'Aeroscreen' auf dem Auto von Daniel Ricciardo am frühen Morgen ist noch am späten Abend eines der meist diskutierten Themen im Paddock des Sochi Autodroms. Motorsport-Magazin.com hat die spannendsten Reaktionen gesammelt.

Zunächst natürlich den Eindruck von Ricciardo selbst. Immerhin kann niemand sonst Gefühl und Sicht innerhalb des Cockpits einschätzen. "Was die Sichtweite betrifft, war es ziemlich gut", sagt Ricciardo. "Auch die Sicht zur Seite war gut. Die Struktur verläuft bei den Spiegeln, deshalb wird man nicht mehr behindert als normal. Es ist nur ein bisschen ungewohnt, eine solche Struktur dort zu haben. Aber eingeschränkt ist man nicht. Als ich rausgegangen bin hatte ich einen Ferrari vor mir und konnte genau sehen, wo er war", berichtet der Australier.

Ricciardo fordert weitere Tests bei anderen Bedingungen

Ganz sicher sei er nach nur einer Proberunde in Sochi jedoch nicht. Man müsse das System noch unter anderen Bedingungen ausprobieren. "Ich glaube, es ist geplant, es vielleicht nochmal zu versuchen. Vielleicht auf einem anderen Kurs mit anderer Szenerie und vielleicht mit ein paar mehr Unebenheiten. Ein Nachtkurs wäre auch interessant, um zu sehen wie es die Lichter reflektiert", erklärt der Red-Bull-Pilot. "Wir brauchen also noch mehr Laufzeit, aber der erste Eindruck war gut."

Ganz und gar nicht für Romain Grosjean. Der Franzose erweist sich als klarer Gegner des Aeroscreens. Grosjean spricht sich deutlich für die bei den Testfahrten von Ferrari gezeigte Halo-Lösung aus. "Ich finde das Halo-System besser. Ich denke, dass du in der Formel 1 den Helm in der Luft haben musst. Wenn das nicht das Fall ist, haben wir ein geschlossenes Auto. Das finde ich auch vom Aussehen her: Wenn du auf den Canopy ein kleines Teil Plastik draufbaust, hast du ein geschlossenes Cockpit. Als Fan will ich das nicht in der F1 sehen und deshalb bin ich für Halo", sagt Grosjean zu Motorsport-Magazin.com.

Button: F1-Boliden mit Aeroscreen schöner als ohne

Jenson Button sieht es genau andersherum. Der Brite geht sogar noch einen Schritt weiter. "Es sieht besser aus als ein normales Formel-1-Auto", sagt Button über den Aeroscreen. "Wenn wir uns für das Red-Bull-Konzept entscheiden und in ein paar Jahren darauf zurückschauen, werden wir denken, dass die Autos ohne das Teil seltsam aussahen." Offensichtlich eine emotional bedingte Meinung: "Ich habe früher immer mit meiner Familie die F1-Powerboats in Bristol angeschaut, damals noch mit den offenen Cockpits für viele Jahre, und da hatten sie geschlossene Cockpits und das sieht viel cooler aus."

Doch Button kann auch sachlich. "Das ist natürlich kein Grund sich dafür zu entscheiden, es geht um die Sicherheit und wir müssen uns für die richtige Wahl im Sinne der Sicherheit entscheiden", stellt der Routinier klar. Ihm sei es daher im Grunde egal, ob Halo oder Aeroscreen. "Man sollte sich für die sicherste Option entscheiden und danach gehen, welches Konzept für die Sicherheit besser ist", sagt Button.

Fernando Alonsos Meinung ist deutlich vom tödlichen Unfall Jules Bianchis geprägt, Foto: Sutton
Fernando Alonsos Meinung ist deutlich vom tödlichen Unfall Jules Bianchis geprägt, Foto: Sutton

Bitte keine Todesopfer mehr: Zeit der Helden für Alonso vorbei

Fernando Alonso ist da zu 100 Prozent bei seinem Teamkollegen. "Wir müssen der FIA bei ihrer Entscheidung vertrauen, welches Konzept besser, komfortabler und sicherer ist. Da gibt es viele Faktoren, die wir nur von außen sehen", sagt Alonso. "Die Red Bull Lösung sieht besser aus - vom Ästhetik-Standpunkt her. Aber die FIA wird das Beste auswählen und hoffentlich werden auch noch neue Konzepte kommen, die Entwicklung steht hier ja gerade erst am Anfang. Das Wichtigste ist, dass wir die beste Lösung finden, da es ab nächstem Jahr Pflicht sein wird."

Nur eine Option kommt für den spanischen Doppelweltmeister nicht infrage: Gar kein Cockpitschutz: "Es ist ein Muss hinsichtlich der Sicherheit. Wir brauchen im Sport gerade keine Helden. Wir haben viele Unfälle gesehen in den letzten paar Jahren, die Todesfälle in der Formel 1 und den kleinen Kategorien wurden alle durch Kopfverletzungen verursacht. Wir wollen nicht, dass jemand verletzt wird, wenn man es in Zukunft verhindern kann."

Jenson Button fürchtet, dass Red Bull durch Aeroscreen einen erheblichen Vorteil haben würde, Foto: Sutton
Jenson Button fürchtet, dass Red Bull durch Aeroscreen einen erheblichen Vorteil haben würde, Foto: Sutton

Trotz Ästhetik: Button warnt vor Red-Bull-Vorteil

Starke Worte vom Samurai-Fan, denen Jenson Button jedoch in nichts nachsteht. Allerdings auf andere Art und Weise. Der Brite bringt noch eine ganz andere Dimension in die Debatte: "Mir hat der Aeroscreen gut gefallen. Das Einzige ist nur: Red Bull hat natürlich einen Vorteil, weil sie es schon eingesetzt haben. Es sah viel aerodynamischer aus. Ich denke, es wird für andere Teams schwierig, sich daran zu gewöhnen und es für den Windkanal zu bauen und an ihre Autos anzubringen. Ich vermute, Red Bull hat es schon ausgiebig getestet", warnt Button. "Aber sie haben natürlich auch die Arbeit gehabt, es zu designen", relativiert der Weltmeister von 2009.

Und jetzt seid ihr dran: Welches System gefällt euch besser? Oder passt beides einfach mal so gar nicht zu Formel 1? Was ist wichtiger: Tradition oder Sicherheit? Stimmt in unserer Umfrage ab und diskutiert in den Kommentaren. Wir freuen uns auf spannende Meinungen!