motorsport-magazin.com-Kolumnist und Tele5-Kommentator Andi Gröbl schreibt in seinem letzten und äußerst lesenswerten Werk mit dem viel sagenden Titel "Formel Kuschelweich - nein danke!": "Jenson Button, den man wegen seiner Treulosigkeit zu Enzo Ferrari´s Zeiten wohl mit einem nassen Fetzen über alle Berge gejagt hätte lobt Rennen für Rennen die harte Arbeit 'seines' Teams." Dazu muss man sagen: Nicht ganz, lieber Andi! Denn nach seinem Ausfall im GP von Malaysia polterte ein erboster Jenson Button: "Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir auf allen Gebieten einen riesigen Rückschritt gemacht." Und als Draufgabe gab's einen sarkastischen Giftpfeil in Richtung Honda: "Einen Motor zu bauen, der nur drei Runden hält, ist nicht schwierig..."

Sicher - danach erklärte Button reumütig: "Ich hätte nicht so offen sein sollen..." Und in den von PR-Kräften gesäuberten Presseaussendungen wird man ohnehin niemals solch erboste Worte finden - es sei denn es passiert eine Jahrhundertpanne wie jene von McLaren nach dem Bahrain-GP, dem wunderbaren "Blah, blah, blah"-Absatz...

Doch wenn man nach nur drei Runden einem qualmenden Auto entsteigt, wie es Button in Malaysia erleben musste, kann die Wut der strahlende Sieger über die Pressedisziplin sein. Für seinen Boss Nick Fry sind solch emotionale Ausnahmezustände alles andere als ein Kündigungsgrund - im Gegenteil! Fry erklärte gegenüber dem Sunday Mirror, die malaysische Wut des Jenson Button würde nur seine große Ambition unter Beweis stellen, sie sei sogar ein Indiz dafür, dass der Brite für Höheres bestimmt sei.

Sie schauen dir in die Augen und sagen: Ich möchte Erfolg haben!

Nick Fry: "Jenson und ich haben bereits einige Konversationen zu diesem Thema geführt. Leute wie Michael Schumacher oder Rallye-Pilot Peter Sollberg wurden nicht deshalb Weltmeister, weil sie Mr. Nice Guy waren. Diese Leute wissen einfach ganz genau, was sie wollen. Sie schauen dir in die Augen und sagen: 'Ich möchte Erfolg haben. Ich bin der Typ im Rennsitz und du musst mir die Voraussetzungen für den Erfolg geben."

Sicher - diese Dinge sollten laut Fry in einer "sehr bestimmten, aber nicht rüden oder aggressiven Art und Weise vorgebracht werden. So machen das gute Piloten - und Jenson weiß das. Sein angeblicher Wutausbruch in Malaysia war total verständlich. Er hatte ein Auto, welches wirklich gut war und er hätte sicherlich Dritter werden können. Er war wirklich sehr, sehr enttäuscht."

Button soll ja im Sommer aufgrund einer Vertragsklausel bei seinem Wunschteam Williams, wohin er bereits im letzten Jahr wechseln wollte, unterschreiben können, wenn sich in der Zusammenarbeit mit B·A·R-Honda kein Erfolg einstellen sollte. Doch Fry winkt ab: "Diese Leidenschaft, die Button in Malaysia gezeigt hat, zeigt doch nur, wie entschlossen Jenson ist, mit uns gemeinsam Erfolge zu feiern."

Die besten Fahrer beteiligen sich auch an der Teamführung!

Fry streut gleich noch mehr Rosen für seinen britischen Starpiloten: "Die besten Fahrer der Welt sind nicht nur außergewöhnliche Piloten, sie beteiligen sich auch an der Teamführung. Deshalb ist auch Michael so gut. Jenson kommt in die Fabrik, wann immer er kann und er hat eine fantastische Beziehung zu allen Mitarbeitern - jenen die am Auto arbeiten und jenen in der Fabrik. Alle stehen hinter ihm - er ist ein großartiger Typ, mit dem man wirklich gut und easy klarkommt."

Als Jenson Button vor dem ersten Saisonrennen in Wien zu Gast war, erklärte er völlig selbstverständlich, dass ihm ein Sieg fehlen würde und man daher gleich in Melbourne ganz oben auf dem Treppchen stehen wolle. Damals löste diese Kampfansage keinerlei Befremden unter den Gästen der Pressekonferenz aus - B·A·R und Button waren schließlich die Aufsteiger des letzten Jahres und man konnte annehmen, dass man über den Winter abermals zulegen konnte.

Das neue B·A·R-Motto: Alles oder nichts!

Doch dann kam bekanntlich alles anders. Weder B·A·R noch Ferrari waren in den ersten Saisonrennen die großen Heuler - die hießen Renault und Toyota. Vom Titel spricht bei B·A·R niemand mehr, wohl aber vom ersten Sieg. Denn der ist immer noch ausständig. Fry stellt sich auf eine emotional weiterhin aufschaukelnde Saison ein - denn bei B·A·R-Honda setzt man alles auf eine Karte, möchte den ersten Sieg unbedingt erzielen, auch wenn man noch weitere Ausfälle hinnehmen muss. Bei den Tests in Barcelona konnte man mit einem neuen Aerodynamik-Set große Fortschritte und einen Rundenrekord erzielen.

Nick Fry beschreibt das Motto für die restlichen 16 Rennen: "Zwei Rennen zu gewinnen und dafür eine größere Anzahl von Ausfällen hinzunehmen ist verdammt noch mal besser als 19 mittelmäßige Ergebnisse." Und so könnte es also durchaus vorkommen, dass uns Jenson Button noch ein paar Mal mit einem authentischen, aus dem Bauch heraus kommenden Wutanfall daran erinnern wird, dass Formel 1-Piloten Menschen mit - zumindest manchmal gar nicht kuschelweichen - Gefühlen sind...