Es war wohl das größte Wunder der noch jungen Hybrid-Ära in der Formel 1: Ferrari hat Mercedes beim Malaysia GP aus eigener Kraft geschlagen. Vor dem große Preis von China lautet deshalb die Frage: War Malaysia eine Eintagsfliege, oder kann Ferrari de Silberpfeilen auch auf anderen Rennstrecken gefährlich werden?
Auf eine Runde gesehen war die Performance des Mercedes noch immer eine Klasse für sich. Die Stärke des Ferrari war die Rennpace, vor allem der Umgang mit den Reifen. Während Nico Rosberg und Lewis Hamilton dreimal zum Reifenwechsel kommen mussten, begnügte sich Sebastian Vettel mit drei Satz Reifen.
Der Ferrari wird die reifenschonende Grundcharakteristik in den zwei Wochen zwischen Malaysia und China nicht verlernt haben, allerdings sind die Voraussetzungen unterschiedlich. Malaysia war das heißeste Wochenende seit Jahren: Am Rennsonntag wurden Lufttemperaturen von jenseits der 30 Grad gemessen, der Asphalt glühte mit mehr als 60 Grad förmlich.
Wetter kommt Mercedes entgegen
Auch in Shanghai kann es heiß werden, die Vorhersagen prognostiziere allerdings eher angenehmere Bedingungen: Deutlich mehr als 20 Grad Umgebungstemperatur sollten es nicht werden. Das schwarze Gold sollte Mercedes also nicht mehr unter den Felgen wegschmelzen.
Außerdem hatten die Silberpfeile in Malaysia vor allem mit den Hinterreifen zu kämpfen. Das Problem scheint - abgesehen von der letzten Saison - fast schon in die Mercedes-DNA eigebrannt zu sein. Auf dem Shanghai International Circuit ist der linke Vorderreifen das limitierende Element - das hat schon in der Vergangenheit gut zu Mercedes gepasst. Den Reifenvorteil scheint Ferrari nicht mehr ausspielen zu können.
Kühlere Temperaturen könnten Mercedes noch auf eine andere Weise helfen: Die Silberpfeile mussten das Karbonkleid in Malaysia der Kühlung wegen deutlich mehr öffnen als Ferrari. Das bedeutet automatisch auch Verlust von Abtrieb. Darüber darf sich die Konkurrenz aus Maranello am kommenden Wochenende wohl nicht mehr freuen.
Dass Malaysia ein atypisches Rennen war, bestätigt auch der Vergleich mit dem Vorjahr. Trotz mehr Leistung und mehr Abtrieb waren die Rundenzeiten langsamer als 2014. In Melbourne war die neue Formel 1 noch mindestens zwei Sekunden schneller.
Lange Gerade gut für Ferrari
Freuen werden sich Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen über die längste Gerade im Formel-1-Kalender. Denn die Stärke des SF15-T ist vor allem die Endgeschwindigkeit. Manch einer meint, Ferraris Power Unit ist inzwischen stärker als das Aggregat aus Brixworth. Dafür verliert die rote Göttin in Kurven. Und davon gibt es in Shanghai jede Menge. Sektor eins und zwei bestehen aus aneinandergereihten Kurven.
Während Mercedes allenfalls Respekt vor der langen Geraden hat, dürfte das Gefühl bei Red Bull, Toro Rosso und McLaren eher Angst gleichen. Renault und Honda sind bei der Leistung noch immer meilenweit hinter Mercedes und Ferrari. Red Bull und Co. drohen auf den 1,2 Kilometern leichte Beute zu sein - wobei sich McLaren fragen muss, wer sie denn überhaupt überholen soll.
Topspeeds aus dem Malaysia Qualifying
Fahrer | Team | Motor | Top-Speed |
Felipe Massa | Williams | Mercedes | 326,8 km/h |
Pastor Maldonado | Lotus | Mercedes | 325,4 km/h |
Kimi Räikkönen | Ferrari | Ferrari | 325,4 km/h |
Valtteri Bottas | Williams | Mercedes | 325,2 km/h |
Marcus Ericsson | Sauber | Ferrari | 324,1 km/h |
Romain Grosjean | Lotus | Mercedes | 323,3 km/h |
Sebastian Vettel | Ferrari | Ferrari | 322,6 km/h |
Sergio Perez | Force India | Mercedes | 322,0 km/h |
Nico Hülkenberg | Force India | Mercedes | 321,9 km/h |
Felipe Nasr | Sauber | Ferrari | 321,3 km/h |
Nico Rosberg | Mercedes | Mercedes | 318,4 km/h |
Lewis Hamilton | Mercedes | Mercedes | 318,3 km/h |
Daniil Kvyat | Red Bull | Renault | 318,2 km/h |
Daniel Ricciardo | Red Bull | Renault | 315,8 km/h |
Max Verstappen | Toro Rosso | Renault | 315,6 km/h |
Carlos Sainz | Toro Rosso | Renault | 315,4 km/h |
Jenson Button | McLaren | Honda | 313,1 km/h |
Fernando Alonso | McLaren | Honda | 313,0 km/h |
Roberto Merhi | Marussia | Ferrari (alt) | 304,9 km/h |
Updates sind die große Unbekannte an der Spitze. Bei Mercedes ist die Kampfansage jedenfalls angekommen. "Obwohl wir zwei Fahrer auf dem Podium hatten, haben wir uns jedes Gebiet ganz genau angeschaut, auf dem wir besser hätten sein können. Unsere Gegner haben sich gesteigert und jetzt müssen wir das ebenfalls schaffen", mahnte Toto Wolff. Technikdirektor Paddy Lowe verspricht schon an diesem Wochenende neue Aero-Teile am F1 W06 Hybrid. Aber auch Ferrari wird die letzten Wochen nicht geschlafen haben.
Von den Vorzeichen her schlägt das Pendel in China wieder deutlich Richtung Mercedes aus. Temperaturen und Streckencharakteristik sprechen für den Titelverteidiger. Interessant wird es, ob Williams Ferrari wieder herausfordern kann, oder ob Ferrari als Mercedes-Verfolger alleine auf weiter Flur ist. Hinter Williams geht der Stallkampf zwischen Red Bull und Toro Rosso in die nächste Runde. Kann Sauber den Bullen wie in Australien in die Suppe spucken? Das dritte Rennen der Saison verspricht jede Menge Spannung - von vorne bis hinten.
diese Formel 1 Hintergrund