Tief waren die Sorgenfalten bei McLaren am Donnerstag. Erneut musste das Team einen wertvollen Tag der diesjährigen Testfahrten vorzeitig beenden. Eine Dichtung an der MGU-K sorgte für Probleme und musste überarbeitet werden. Weil allzu schnell kein Ersatzteil herangeschafft werden konnte, fürchtete McLaren zudem erhebliche Einschränkungen des Testbetriebs am Freitag. Doch alles kommt anders.

In einer Medienrunde am späten Freitagnachmittag stimmt Renndirektor Eric Boullier vor allem Eines zufrieden: Dass er dort sitzen könne während sein Auto noch fahre. "Es fühlt sich sehr gut an endlich ein paar Runden hinzulegen und unser Programm zu erledigen. Wir haben heute mehr geschafft als erwartet", sagt Boullier erleichtert. Tatsächlich liefert McLaren mit Fernando Alonso im Cockpit des MP4-30 die bislang beste Bilanz an einem Test-Tag 2015 ab. Zwar rangiert der Spanier mit 275 Kilometern noch immer am Ende der Fleiß-Tabelle, schafft mit 59 Runden allerdings beinahe eine komplette Renndistanz.

Fernando Alonso spulte 59 Runden ab. Im Fokus standen Aero-Tests., Foto: Sutton
Fernando Alonso spulte 59 Runden ab. Im Fokus standen Aero-Tests., Foto: Sutton

McLaren ohne Performance-Arbeit

Auch die schnellste Rundenzeit liest sich besser als je zuvor. Alonso belegt mit 1,387 Sekunden Rückstand den siebten Rang. "Ein schöner Tag für mich. Ich habe einen Eindruck vom Potential, das im Auto steckt, gewonnen. Es fühlt sich gut und schnell an", resümiert Alonso. Ein erstaunliches Statement, denn noch feile man nicht an der Performance, verrät Renndirektor Eric Boullier.

"Bevor wir den Fokus darauf richten, müssen wir noch viele Kilometer zurücklegen. Wir nutzen noch jede Runde, um Daten zu sammeln", ergänzt Boullier. "Wir haben eine lange Liste an Systemchecks und haben heute viele Aero-Tests gefahren, um den Airflow zu messen", erklärt Boullier, warum Alonso keine Longruns, sondern nur kurze Outings fährt. "Wir haben immer noch einen Test vor der Brust. Ich denke es ist noch ein bisschen früh für uns, um eine Rennsimulation zu starten. Aber wir haben am späten Nachmittag zumindest das Potential gesehen", sagt Boullier. Denn immerhin erledigte McLaren einige Arbeiten am Setup. "Da haben wir zum ersten Mal ein paar Dinge ausprobiert, um zu verstehen wie das Auto reagiert", sagt Boullier.

Zufrieden ist der Franzose deshalb jedoch längst nicht. "Wir haben heute zwar etwas von unserem Plan aufgeholt. Trotzdem haben wir insgesamt nur 50 Prozent von dem geschafft, was möglich gewesen wäre", sagt Boullier - und legt sofort nach: "Um ehrlich zu sein bin ich nicht sicher, ob es reicht. Wir haben insgesamt zwölf Tage, um fertig zu werden. Wenn wir aber an der Hälfte der Tage Probleme haben, werden wir nicht zu 100 Prozent bereit sein. Deshalb müssen wir jetzt immer alles ganz genau kontrollieren", fordert und warnt Boullier zugleich.

Honda scheint zufriedener als McLaren, Foto: Sutton
Honda scheint zufriedener als McLaren, Foto: Sutton

Honda ist entspannt

Das extreme Design des McLaren sei keine Ursache der Sorgen. "Wir machen gerade vielleicht einen schmerzlichen Prozess durch. Aber es gibt kein Problem mit dem Design. Das wurde ja schon vor langer Zeit gründlich entwickelt - auch in Abstimmung mit Honda", sagt Boullier. Doch was sagt Honda? Nur Gutes! Motorsport-Chef Arai-san gibt sich in Barcelona tiefenentspannt. "Wir haben das Problem von gestern zum Teil heute schon bereinigt. Ja, das war riskant heute mit der Power Unit. Aber es ist sehr gut gelaufen. Ich mache mir keine Sorgen. Wir können in Ruhe nach Melbourne fahren. Wir sind fast im Plan. Ich bin zuversichtlich", sagt Arai-san.

Dass hinter der Fassade doch ein paar Sorgenfältchen schlummern, zeigt eine scherzhafte Bemerkung des Japaners als es um die Frage geht, wie viele Tokens Honda im Saisonverlauf ziehen dürfe. "Das werden wir erst nach Melbourne von der FIA erfahren. Wir wissen also nicht; wie viele wir 2015 benutzen können. Aber bitte sagen Sie allen anderen Power-Unit-Herstellern, sie sollen uns so viele wie möglich geben!"

MP4-30 noch im Launch-Modus

Apropos geben: Wann bringt McLaren endlich die ersten Updates an den MP4-30? "Noch ist das Auto in der Launch-Abstimmung. Wir konnten bisher nicht genug fahren, um Updates zu bringen. Aber nächste Woche wird es welche geben. Einen großen Schritt. Dann können wir uns auch um die Performance kümmern. In Melbourne gibt es dann einen noch größeren Schritt", verspricht Boullier. "Aber zuerst müssen wir hier noch ein paar Systemchecks abhaken."