Die ganze Welt blickt am 23. November nach Abu Dhabi. Der Grand Prix an sich ist eigentlich Nebensache, es geht nur um das Duell an der Spitze: Lewis Hamilton gegen Nico Rosberg. Es geht um die Weltmeisterschaft. Rosberg muss 18 Punkte auf seinen Teamkollegen aufholen. Trotz doppelter Punkte kann ihm das nicht mehr aus eigener Kraft gelingen.

Auf das Bild klicken, um es zu vergrößern, Foto: Motorsport-Magazin.com
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Für Rosberg ist die Situation einzigartig, trotzdem verspürt er keinen Extra-Druck: "Ich kämpfe in diesem Jahr zum ersten Mal um die Weltmeisterschaft. Dennoch habe ich mich noch nie wohler als in dieser Saison gefühlt." Bei Lewis Hamilton ist nicht nur die punktemäßige Ausgangslager anders. Der Brite kann bereits auf Erfahrung im WM-Kampf zurückblicken. "Aber ehrlich gesagt fühlt es sich für mich so an, als ob ich erneut um meine erste Weltmeisterschaft kämpfen würde", meint Hamilton.

"Selbstverständlich bin ich älter und vielleicht auch ein bisschen klüger als damals. Ich habe seit 2008 viel gelernt", fügt der 29-Jährige an. "Aber ich bin noch immer der gleiche Fahrer. Ich habe noch den gleichen Hunger, den gleichen Siegeswillen."

Motorsportchef Toto Wolff ist sich der Tatsache bewusst, dass es am 23. November nicht nur einen Sieger geben wird. "Einer von ihnen wird bitter enttäuscht sein, der andere überglücklich." Wolff versucht schon im Vorhinein zu trösten: "Obwohl ihnen dies nicht auf Anhieb klar sein wird, haben aber beide noch lange Karrieren vor sich. Sie haben ihre Duftmarke für die kommenden Jahre hinterlassen."

Beide haben noch große Zukunft vor sich

Lauda setzte sich 1984 gegen Prost durch, Foto: Sutton
Lauda setzte sich 1984 gegen Prost durch, Foto: Sutton

Als Beispiel dient Wolff Niki Lauda. 1984 unterlag Alain Prost dem heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden des Mercedes Formel 1 Teams. "Es war Nikis letzter Titelgewinn", weiß Wolff. "Er schlug in diesem Zweikampf Prost. Aber dieser gewann bis zu seinem Rücktritt noch vier WM-Titel. Ein Spitzenfahrer besitzt stets die Fähigkeit, sich eine weitere Gelegenheit zu erarbeiten." Nico Rosberg erklärte bereits, keinen zusätzliche Druck zu verspüren, schließlich sei er sich sicher, auch in den kommenden Jahren wieder mit um den Titel kämpfen zu können. Seine erste und gleichzeitig letzte Chance sei Abu Dhabi also nicht.

Hamilton schied 2012 in Führung liegend aus, Foto: Sutton
Hamilton schied 2012 in Führung liegend aus, Foto: Sutton

Damit die Weltmeisterschaft auch wirklich zwischen den Fahrern entschieden wird, hat Mercedes alles Mögliche getan, um beiden Fahrern das bestmögliche Material zur Verfügung zu stellen. Ein technisch Bedingter Ausfall, der die Weltmeisterschaft entscheiden würde, wäre der absolute GAU. "Unser Ziel ist es, beiden Fahrern die gleiche, faire Chance auf den Titel zu geben. Das ist für uns das Wichtigste bei der Vorbereitung auf dieses Rennen", meint auch Paddy Lowe.

Dem Team ist natürlich egal, wer von beiden den Titel holt. "Beide wären in den Augen ihrer Mannschaft in Brackley, Brixworth und Stuttgart würdige Weltmeister", verdeutlicht Toto Wolff und weißt damit jegliche Verschwörungstheorien schon im Vorhinein zurück.

Hamilton, dem der Yas Marina Circuit eigentlich sehr liegt, hat diesbezüglich schon schlechte Erfahrungen auf dieser Strecke machen müssen. 2009 schied er, von Pole Position aus gestartet, auf Platz drei liegend wegen eines Bremsdefektes aus. 2012 wiederholte sich dieses Schicksal: Erneut von Pole Position aus gestartet fiel Hamilton in Führung liegend wegen Problemen am Benzindruck aus. "Hoffentlich spielt das diesmal keine Rolle. Das Team arbeitet mit Volldampf daran, um dies sicherzustellen. Ich bin entspannt, zuversichtlich und bereit, um zu gewinnen", beruhigt Hamilton.

Rosberg: Sieg oder Niederlage, doppelte Punkte hin oder her

Rosberg gibt sich vor dem Showdown kämpferisch: "Sieg oder Niederlage, doppelte Punkte hin oder her: Ich bin stolz darauf, was ich in diesem Jahr erreicht habe. Ganz besonders stolz bin ich aber, ein Teil dieser fantastischen Silberpfeil-Saison gewesen zu sein. Ich gehe ohne Angst in dieses Rennen. Ich glaube fest daran, dass ich den Titel gewinnen kann. Es ist erst vorbei, wenn die Zielflagge fällt!"

Wie das Saisonfinale auch ausgehen mag, der Sieger des Jahres heißt ohnehin Mercedes und vor allem auch die Formel 1, wie Toto Wolff meint: "Dieses Finale ist fantastisch für den Sport. Es war eine der besten Formel 1-Saisons der Geschichte." Rosberg schließt sich seinem Chef an: "Es gab schwierige, aber auch fantastische Momente. Aber darum geht es in der Formel 1. Ich hoffe, dass jeder Zuschauer im Verlauf unseres WM-Kampfes genauso viel Spaß hatte wie ich."

Mercedes: Abu Dhabi Bilanz

Mercedes in Abu Dhabi: Für die Silberpfeile lief es beim Nachtrennen bislang durchwachsen. Im Vorjahr erzielte Nico Rosberg als Dritter die erste Podiumsplatzierung.

Lewis Hamilton in Abu Dhabi: Die Stunde des Briten schlug 2011, als er in Diensten von McLaren den Sieg davontrug. Bereits im Jahr zuvor stand Hamilton als Zweiter auf dem Treppchen.

Nico Rosberg in Abu Dhabi: Der Deutsche war zwar zumeist ordentlich unterwegs, zum Sprung auf das Podium reichte es jedoch erst in der Vorsaison, als Rosberg Dritter wurde.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Bekommt Lewis Hamilton wieder das Nervenflattern beim Saisonfinale? In dieser Saison ist der Brite nervenstark, in der Vergangenheit hat er aber gezeigt, dass WM-Finals nicht unbedingt sein Fall sind. Und was macht die Technik? Kann Rosberg Hamilton in Abu Dhabi überhaupt fordern? Hamilton ist ein Abu-Dhabi-Spezialist. Das wird ein unvorhersehbarer Showdown vom Allerfeinsten - egal wie es ausgeht. (Christian Menath)