Hinter den Kulissen der Formel 1 überschlagen sich derzeit die Ereignisse. Die Königsklasse steckt mitten in einer handfesten Krise, die kleineren Teams um Sauber, Lotus und Force India schlagen lauthals Alarm. Zukunftsgespräche am Rande des Brasilien Grand Prix sind offenbar gescheitert, Bernie Ecclestone bleibt hart und wirft den Teams ohne Hersteller im Rücken verfehlte Finanzpolitik vor. "Wenn ich in einem Pokerspiel sitze und kann es mir nicht leisten, mit den anderen zu spielen, fliege ich raus und muss gehen", sagte der 84-Jährige.
Der Unmut innerhalb der kleineren Teams hat die Grenze erreicht. Sie fühlen sich vom Rechteinhaber CVC vernachlässigt. Diskussionen über die Einführung von drei Autos pro Top-Team seien ein Affront, um die kleinen Teams aus der Formel 1 zu drängen. Die Wut auf den F1-Vermarkter, der ausschließlich den Profit im Auge habe, ist inzwischen riesengroß. "Das ist im Prinzip das Ende der Faszination für die Formel 1", wütete Monisha Kaltenborn am vergangenen Wochenende. "Sie missachten die Wünsche der Fans vollkommen. So zerstört man die ganze Serie. Das ist kurzsichtiges Businessdenken."
Tendenz geht zu Kundenautos
Angeblich sollten Lotus, Sauber und Force India rund 130 Millionen Euro von CVC erhalten, ein so genannter 'Fighting Fund'. Mit dieser Geldspritze hätten sich die Teams offenbar zufriedengegeben, doch Ecclestone erklärte, dass es nicht zu dieser Auszahlung kommen werde. "Es gab die klare Ansage, dass kein Geld dafür vorhanden ist", sagte Force Indias stellvertretender Teamchef Bob Fernley. "Es ist klar, was für ein Programm da kommt. Das Ziel sind Kunden-Teams. Drei Autos werden die Interimslösung sein. So könnten sie die Anzahl (der Autos im Feld; d.Red.) halten, während Kundenautos eingeführt werden."
Die kleinen Teams machen nun richtig Druck auf den großen Geldgeber. Ein Boykott beim Saisonfinale in Abu Dhabi ist noch immer nicht vom Tisch. Die beiden Pleite-Teams Caterham und Marussia waren Beleg genug dafür, wie schnell die Lichter ausgehen können. Lotus, Sauber und Force India wehren sich mit allen Kräften gegen die mögliche Einführung eines dritten Autos bei den großen Teams. "Das wäre der Tod der Meisterschaft", sagte Lotus-Besitzer Gerard Lopez und nahm auch die großen Teams in Beschuss. "Die Leute scheint der Sport einfach nicht genug zu interessieren, um etwas zu tun."
Wolff: Das ist nicht wahr
Gegen diese Behauptung wehrte sich unterdessen Toto Wolff, der ebenfalls beim Treffen mit Ecclestone dabei war. "Das ist nicht wahr, denn ich war bei dem Treffen mit den kleinen Teams - ich habe dort die Vereinigung der großen Teams repräsentiert - und das war nicht das, was gesagt wurde", meinte der Mercedes-Motorsportchef. "Ich denke, dass sich CVC und Bernie die Situation anschauen und mit den kleinen Teams besprechen, wie das Leben für sie einfacher werden kann." Die Frage lautet allerdings: Wann passiert etwas?
Der Ist-Zustand der Formel 1 könne so nicht bleiben, sagte Monisha Kaltenborn. Angeblich seien Sauber, Lotus und Force India beim Treffen mit Ecclestone unterschiedliche Ideen unterbreitet worden, etwa die Einführung einer B-Meisterschaft oder auch die Kundenautos. "Das zeigt, in welche Richtung es geht", entgegnete Kaltenborn. "Je mehr dieser Ideen auftauchen, desto mehr bekommen wir drei das Gefühl, dass uns ein paar Leute hier nicht haben wollen und dass der Sport vielleicht auf andere Art geändert werden muss."
Es geht nur um Profit
Mittelpunkt der heftigen Kritik am Finanzsystem der Formel 1: Der Sport generiere rund zwei Milliarden Euro jährlich, doch ein Hilfsschirm von 160 Millionen zum Wohle der kleineren Teams sei nicht drin. "Ich habe nie mit einem Boykott gedroht, aber das ist ein Zwei-Milliarden-Business und wegen ein paar Millionen fahren die Teams gehen die Wand", echauffierte sich Lopez. Force-India-Mann Fernley sagte dem Guardian: "Das liegt an der Kurzsichtigkeit auf den Profit. Es geht nur darum, wie viel Geld für die Anteilseigner von CVC erwirtschaftet werden kann."
Agenda gegen die kleinen Teams
Kaltenborn sprach von einer Agenda, auf der möglicherweise kein Platz sei für die kleineren Teams. "Die großen Teams da draußen nutzen den Sport nur als Marketingplattform", sagte Kaltenborn weiter. "Mehr ist das für sie nicht. Sie sagen, dass es hier um Sport geht, sie reden über Benetton - aber wo sind all diese Dinge? Wir sind hier nicht mit dem - wie es heißt - Klingelbeutel unterwegs." Dabei bezog sich Kaltenborn auf eine Aussage von Ecclestone vom vergangenen Wochenende. Die Formel 1 wolle keine Teams, die mit dem Klingelbeutel umherziehen, hatte der Brite mit Blick auf Caterhams Fan-Investment gesagt.
Kaltenborn weiter: "Von Zeit zu Zeit arbeiten auch wir sehr gut. Wenn man an die Zeit zurückdenkt, in der Toyota ein riesengroßes Budget hatte und wir nur unser kleines, standen wir auch oft auf dem Podium. Wir müssen keine Bedrohung für sie sein, aber wir sind Teil der Show. Es ist sehr despektierlich, sich so den Teams innerhalb des Sports gegenüber zu verhalten."
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