Nur noch drei Rennen, dann ist die erste Saison der neuen Turbo-Ära bereits wieder Geschichte. Auf dem Circuit of the Americas in der texanischen Hauptstadt Austin trifft sich die Königsklasse des Motorsports am kommenden Wochenende zum Großen Preis der USA, der zum dritten Mal auf der Strecke im Wilden Westen ausgetragen wird. Während in der Herstellerwertung auch hinter Team-Weltmeister Mercedes so langsam sämtliche Positionen besetzt scheinen, toben in der Fahrer-WM durch das Feld hinweg heftige Positionskämpfe. Marussia und Caterham werden nicht an den Start gehen. Motorsport-Magazin.com blickt Team für Team auf das Rennwochenende voraus.

Mercedes

Nach dem Gewinn der Team-WM steht der Titelkampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg im Fokus sämtlichen Interesses. Nach vier Siegen in Folge sowie nun 17 Punkten Vorsprung auf den Teamkollegen geht Hamilton als klarer Favorit in den US GP. Rosberg muss zwingend zurückschlagen, will er den Briten auf dem Weg zu dessen zweitem Weltmeistertitel nicht zu weit enteilen lassen.

Nach der Freude kommt der Ernst: Nico Rosberg und Lewis Hamilton kämpfen um die Fahrer-WM, Foto: Sutton
Nach der Freude kommt der Ernst: Nico Rosberg und Lewis Hamilton kämpfen um die Fahrer-WM, Foto: Sutton

Zwar werden beim Saison-Finale in Abu Dhabi doppelte Punkte vergeben, jedoch kann der Deutsche dort nur aus eigener Kraft den Titel holen, wenn sein Rückstand auf Hamilton weniger als 14 Punkte beträgt. Die Teamführung zeigt sich indes absolut gelassen: Mercedes ist in Austin nicht nur Favorit auf den nächsten Doppelsieg - bei mittlerweile 92 Punkten Vorsprung Hamiltons auf den Drittplatzierten Red-Bull-Piloten Daniel Ricciardo ist wohl bereits am Sonntag klar, dass auch der Fahrertitel mit 100%iger Sicherheit einem Piloten des 'Sternen-Teams' zufällt.

Red Bull

Trotz eines beeindruckenden ersten Jahres im Dienste des Vierfachweltmeisters könnte Daniel Ricciardos kurzzeitig entfachter Titeltraum bereits am Sonntag endgültig ausgeträumt sein. Für den Australier kann und wird es in den verbleibenden Rennen angesichts seines nahezu gesicherten dritten WM-Ranges sowie des großen Rückstands zur Spitze nur darum gehen, um Podien und mit etwas Glück auch Siege zu kämpfen - und sein bis dato bestes Jahr in der Formel 1 somit zu einem glänzenden Abschluss zu bringen.

Sebastian Vettel darf sich auf ein äußerst ungemütliches Wochenende einstellen, Foto: Sutton
Sebastian Vettel darf sich auf ein äußerst ungemütliches Wochenende einstellen, Foto: Sutton

Bei derzeit 56 Punkten Vorsprung im teaminternen Zweikampf mit Sebastian Vettel kann Ricciardo in den verbleibenden Rennen aber immerhin ohne großen Druck auffahren. Für Vettel, der sich quasi auf Abschieds-Tournee mit und von Red Bull befindet, dürfte der US Grand Prix, den er im Vorjahr souverän gewann, hingegen zu einer wahren Bewährungsprobe werden. So scheint es sicher, dass Vettel das Qualifying am Samstag komplett ausfallen lässt, da er nach einem angedachten Komplett-Tausch der Komponenten seiner Power Unit ohnehin aus der Boxengasse starten müsste. Im Kampf um WM-Rang vier gegen Valtteri Bottas (145 Punkte) und Fernando Alonso (141) muss Vettel (143) somit in einen äußerst sauren Apfel beißen.

Williams

Bei bereits 28 Punkten Vorsprung auf Ferrari scheint Williams - seines Zeichens unbestritten Überraschungsteam der Saison 2014 - Rang drei der Konstrukteurs-WM langsam aber sicher für sich zu beanspruchen. Während Bottas derzeit in einem erbitterten Dreikampf um WM-Rang vier gegen die Superstars Vettel und Alonso steckt, will sich Felipe Massa bei fünf Punkten Rückstand Nico Hülkenberg und WM-Rang acht krallen. Zwar ist der Circuit of the Americas vom Layout her kein ausgewiesener 'Williams-Kurs', jedoch hat das Team gezeigt, dass es auf nahezu allen Strecken und bei allen Bedingungen um Podien kämpfen kann. Mit Williams wird auch in Austin zu rechnen sein.

Valtteri Bottas will unbedingt über Sebastian Vettel und Fernando Alonso triumphieren, Foto: Sutton
Valtteri Bottas will unbedingt über Sebastian Vettel und Fernando Alonso triumphieren, Foto: Sutton

Ferrari

Die Scuderia befindet sich nach einem Zwischenhoch zur Saisonmitte seit Wochen gefühlt wieder auf dem absteigenden Ast. So wurde Ferrari in den vergangenen Wochen nicht nur von Williams von Rang drei der Konstrukteure verdrängt, sondern kontinuierlich weiter distanziert. Der bestätigte Abgang von Fernando Alonso - seit Jahren prägendes Gesicht und Zugpferd des Rennstalls aus Maranello - sollte auch moralisch nicht gerade einen Schub vor dem Saisonfinale bringen. Hoffen kann Ferrari jedoch auf den Ehrgeiz des Spaniers: Nicht nur wird der stolze Asturier im Kampf gegen 'Erzfeind' Vettel sowie 'Greenhorn' Bottas um WM-Rang vier alles geben; auch dürfte der wohl beste Fahrer seiner Generation weiterhin seiner Maxime gehorchen, stets nach dem Optimum zu streben.

Kaum vorstellbar: Fernando Alonso tritt zum drittletzten Mal für Ferrari an, Foto: Sutton
Kaum vorstellbar: Fernando Alonso tritt zum drittletzten Mal für Ferrari an, Foto: Sutton

Größere Sorgen bereitet derzeit hingegen Kimi Räikkönen, der in Japan und Russland zuletzt kaum in Erscheinung trat und nach wie vor um Anschluss an die Top-10 der Gesamtwertung kämpft. Auch in Austin verfügt Ferrari maximal über das viertbeste Auto im Feld - und muss sich daher wohl einmal mehr solide Punktepositionen als Maximalziel stecken. Gerüchten zufolge plant Ferrari in Texas die Verpflichtung von Vettel als Nachfolger von Alonso offiziell bekannt zu geben.

McLaren

Durch das zweitbeste Saisonergebnis des Teams beim vergangenen Rennen in Sochi verwandelte McLaren im Kampf gegen Force India um WM-Rang fünf einen Ein-Punkte-Rückstand in einen für den Moment beruhigenden Vorsprung von 20 Punkten. Auch in Japan hatte Jenson Button als Fünfter bereits zuvor den Aufwärtstrend angedeutet, den der britische Traditionsrennstall auch beim dritten Auftritt in Austin zwingend fortsetzen will. Während Button auf dem 'Mercedes-freundlichen' Kurs einmal mehr gute Punkte zuzutrauen sind, schwebt über Rookie Kevin Magnussen ein kleines Fragezeichen. Vor seinem fünften Rang in Sochi steckte der Däne in einer handfesten Krise, holte lediglich vier Punkte in sechs Rennen.

Geht der Aufwind weiter? McLaren befand sich zuletzt auf der Überholspur, Foto: Sutton
Geht der Aufwind weiter? McLaren befand sich zuletzt auf der Überholspur, Foto: Sutton

Force India

Der indische Rennstall will sich im Kampf um WM-Rang fünf nicht geschlagen geben, wird jedoch eine deutliche Leistungssteigerung zeigen müssen, soll die Lücke auf das zuletzt stark auftrumpfende McLaren geschlossen werden. Nach einem beeindruckenden Saisonstart ging es für den Deutschen Nico Hülkenberg in letzter Zeit eher bergab, jedoch hofft er angesichts bislang positiver Ergebnisse auf dem Circuit of the Americas auf einen neuerlichen Aufschwung. Teamkollege Sergio Perez, der seit der Sommerpause in fünf Rennen stets in die Punkte fuhr, kommt mit breiter Brust und viel Rückenwind nach Texas. Nach dem Verlust seines zehnten WM-Ranges gegen Magnussen will der Mexikaner vor vielen heimischen Fans unbedingt zurückschlagen.

Nico Hülkenberg will nach schwierigen Wochen endlich wieder ein Topergebnis einfahren, Foto: Sutton
Nico Hülkenberg will nach schwierigen Wochen endlich wieder ein Topergebnis einfahren, Foto: Sutton

Toro Rosso

Nach zwei Rennen in Folge in den Punkten gab es für Jean-Eric Vergne in Russland nichts Zählbares zu verbuchen. Was seine Chancen auf Punkte in den USA angeht, ist der Franzose gänzlich unschlüssig. So präsentierte sich Toro Rosso in diesem Jahr nicht selten als Wundertüte, das entweder für positive Highlights sorgte oder gänzlich in der Versenkung verschwand. Für Daniil Kvyat ist es hingegen etwas Besonderes, an die Strecke zurückzukehren, denn hier absolvierte er im vergangenen Jahr sein erstes Freitagstraining in der Formel 1. Zu einem Freitagseinsatz kommt einmal mehr der Niederländer Max Verstappen. Der 17-jährige, der im kommenden Jahr als jüngster Stammpilot der Geschichte für Toro Rosso starten wird, soll weitere wertvolle Erfahrung sammeln.

Max Verstappen kommt zu einem weiteren Freitagseinsatz für Toro Rosso, Foto: Sutton
Max Verstappen kommt zu einem weiteren Freitagseinsatz für Toro Rosso, Foto: Sutton

Lotus

Drei Rennen stehen für Lotus in dieser Saison noch auf dem Programm, doch die Gedanken des Teams drehen sich bereits um das nächste Jahr. Der Zug in Richtung Gesamtrang sieben zu Toro Rosso scheint angesichts 21 Punkten Rückstand bereits seit gefühlten Ewigkeiten abgefahren - von hinten droht nach dem Startverzicht Marussias und Caterhams alleine durch Sauber kaum ernsthafte Gefahr. Daher wird bereits mit Hochdruck am E23 gearbeitet, um 2015 nicht zuletzt dank Mercedes-Power wieder in die Erfolgsspur zu finden. In Austin wird Lotus im Training zum ersten Mal auf die Doppelnase verzichten, da diese im nächsten Jahr verboten ist, und auf eine herkömmliche Frontpartie setzen. Auch im Fahrerpoker scheint nun endlich Klarheit zu herrschen. Romain Grosjean - im Vorjahr in Austin sensationell Zweiter - wird trotz noch ausstehender Vertragsverlängerung auch im kommenden Jahr für Lotus an den Start gehen.

Romain Grosjean und Lotus blicken bereits auf 2015, Foto: Sutton
Romain Grosjean und Lotus blicken bereits auf 2015, Foto: Sutton

Marussia

Die Hiobsbotschaften rund um Marussia nehmen einfach nicht ab. Nach der schweren Verletzung Jules Bianchis in Japan hat nun auch noch Manor Grand Prix Racing - das die Marussia-Fahrzeuge einsetzt - Konkurs angemeldet. Der Start für das Rennen in Austin ist bereits definitiv abgesagt, und auch über der Teilnahme am Brasilien GP in der Folgewoche schweben noch viele Fragezeichen. Wahrlich düstere Zeiten für den sympathischen kleinen Rennstall, die sich in absehbarer Zeit wohl auch nicht zum Besseren wenden werden.

Sauber

Auf Sauber dürfte ein extrem bitteres Austin-Wochenende zukommen. Durch den Wegfall von Marussia und Caterham ist das schweizer Team unbestritten der kleinste Fisch im Teich. Da für den Rest der Saison keine weiteren Updates mehr geplant sind, hilft für Adrian Sutil, Esteban Gutierrez und Co. wohl nur noch beten sowie die Hoffnung auf ein Chaos-Rennen. Dem Traditionsrennstall droht eine Saison ohne jeden WM-Zähler.

Esteban Gutierrez und Sauber droht ein bitteres Jahr ohne WM-Punkte, Foto: Sutton
Esteban Gutierrez und Sauber droht ein bitteres Jahr ohne WM-Punkte, Foto: Sutton

Caterham

F1-Schlusslicht Caterham wird in dieser Saison aller Voraussicht nach nicht mehr an den Start eines Grand Prix gehen. Zumindest für die beiden kommenden Rennen in Austin und Sao Paulo ist die Absage definitiv. Aus den Schlagzeilen kommt das konkurse Team, das sich derzeit in der 'Obhut' des Insolvenzverwalters Finbarr O'Connell von der Kanzlei Smith & Williamson befindet, dennoch nicht. Der Übernahmestreit zwischen Ex-Besitzer Tony Fernandes und der Engavest-Investorgruppe schlägt nach wie vor hohe Wellen. Das Leben für die kleinen Teams der Formel 1 ist derzeit wahrlich kein Zuckerschlecken.