Zum ersten Mal in dieser Saison wird ein Rennen unter anderen Vorzeichen gestartet. Nach sieben Mercedes-Poles in Folge startet in Österreich Felipe Massa im Williams von Platz eins. Dahinter könnte es Schützenhilfe von Teamkollegen Valtteri Bottas geben, der ebenfalls vor dem ersten Mercedes steht. Lewis Hamilton startet gar nur von Platz neun. Doch hat Williams tatsächlich eine Chance das Rennen zu gewinnen? Motorsport-Magazin.com macht den großen Favoriten-Check.

Williams gegen Mercedes? Oder gegen den Rest?

"Es ist eine Menge danebengegangen, es ist schon seit heute Morgen der Wurm drinnen", trauerte Mercedes Motorsportchef Toto Wolff der verpassten Pole nach. Ja, der Vorsprung von Mercedes wurde Samstag kleiner. Am Freitag dominierten die Silberpfeile noch überlegen, am Samstagmorgen war plötzlich Williams vorne. Allerdings hören sich die Aussagen und das Ergebnis dramatischer an, als die Sachlage tatsächlich ist.

Denn die erste Qualifying-Session dominierte Lewis Hamilton. Eine Dreiviertelsekunde hatte er Vorsprung auf den ersten Nicht-Mercedes auf dem gleichen Reifentypen. Im zweiten Segment wurde es schon enger, auf den Supersofts hatte Williams plötzlich nur noch etwas mehr als eine Zehntelsekunde Rückstand. Im dritten Segment drehte sich das das Bild komplett.

Allerdings mehr wegen der Mercedes-Fehler, als wegen der generellen Performance. Denn Hamilton lag bis zu seinem Missgeschick in Kurve acht - er verließ die Strecke mit allen vier Rädern - klar auf Bestzeitkurs, rund eine halbe Sekunde lag er vorne. "Hätte, wäre, wenn, bringen uns aber nicht weiter. Fakt ist: Wir sind Dritter und Neunter in der Startaufstellung", stellt Toto Wolff klar.

Nachdem Williams am Samstag plötzlich viel näher dran war, vermuteten viele einen Clou beim Setup. "Natürlich haben wir ein sehr auf das Rennen ausgelegtes Setup", gibt Rosberg ein wenig Entwarnung. "Ich glaube, dass Williams mehr auf das Qualifying gegangen ist - das ist meine Hoffnung." Mit dieser Meinung steht Rosberg nicht alleine da.

Wolff definiert sogar das Thema Setup ganz neu: "Das Rennen mit all den Systemen im Auto zu managen, da geht es darum, wie man die Energie abgibt, wie man das Auto kühlt, wie man die Bremsen und die Kupplung handelt, es geht um alles. Wir wollen nicht die Fehler machen, die wir in Montreal gemacht haben. Es hat nichts im Speziellen mit mechanischem oder aerodynamischem Setup zu tun, es ist das ganze Paket."

Mercedes auf Soft-Reifen unschlagbar

Nüchtern betrachtet sieht es ein wenig anders aus: Wann auch immer auf den weichen Reifen gefahren wurde, war Mercedes deutlich vorne. Sobald es auf die superweichen Reifen ging, war der Vorsprung sehr viel kleiner. Ähnlich sah es schon in Montreal aus. Bei den Silberpfeilen ist der Sprung von den weichen auf die superweichen Reifen nicht groß.

Bei Williams im Gegensatz dazu extrem. Das verdeutlicht auch der Vorsprung auf die restlichen Teams. "Die Abstände zu den anderen Konkurrenten sind noch okay", weiß Wolff. Doch im Rennen werden die Supersofts nicht die ganz große Rolle spielen. Pirelli rechnet mit einem kurzen ersten Stint auf den rot markierten Pneus und zwei weiteren Stints auf den Softs.

Auf den Supersofts ist Williams eine Macht, Foto: Sutton
Auf den Supersofts ist Williams eine Macht, Foto: Sutton

Für Williams bedeutet der große Sprung, den das Team zwischen Soft und Supersoft macht, aber nicht gleichzeitig, dass das Setup im Rennen ein Nachteil ist. "Die Erfordernisse für Qualifying und Rennen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Aber wenn man eines richtig hat, bedeutet das nicht automatisch, dass man beim anderen Kompromisse eingehen muss", verrät Rob Smedley.

Unabhängig vom Setup wird Mercedes auf den Prime-Reifen mit großer Wahrscheinlichkeit die beste Pace im Rennen haben. Doch schneller sein und dann auch überholen - das sind in der Formel 1 zwei verschiedene Dinge. Am Start wird es schwierig sein, Positionen zu gewinnen, weil die Williams in dieser Saison die besten Starts zeigen - Rosberg gleichzeitig nicht so optimal vom Grid wegkommt.

Zwar bietet der Red Bull Ring gute Überholmöglichkeiten, doch Williams hat einmal mehr das schnellste Auto auf der Geraden. Felipe Massa wurde mit 327,5 Stundenkilometer gemessen, die Mercedes-Piloten erreichten 'nur' rund 320 km/h. Zusätzlich könnte der Spritverbrauch wieder ein Trumpf für Williams sein.

Williams gibt sich aber ohnehin bescheiden. Smedley: "Wir wollen nicht pessimistisch sein, aber unser Ziel ist nicht Nico Rosberg, sondern die Teams, mit denen wir in der Meisterschaft kämpfen." Das sind quasi alle Teams - außer Mercedes. Und da wird es auch um den Reifenverschleiß gehen.

Was machen Ferrari, Red Bull und Force India?

Ferrari kann Red Bull auf der Heimstrecke herausfordern, Foto: Gorka Alonso
Ferrari kann Red Bull auf der Heimstrecke herausfordern, Foto: Gorka Alonso

Erster Verfolger ist in Spielberg Fernando Alonso. Im Longrun lagen Ferrari und Williams quasi auf einem Niveau, auch Red Bull war bei der Musik. Hinter Mercedes geht es bei der Pace wie immer eng zu. Nur Ferrari scheint etwas näher dran zu sein, zumal das Update-Paket nun auch im Rennen zum Einsatz kommt.

Und dann gibt es da noch Force India. Ähnlich wie in Montreal könnten Sergio Perez und Nico Hülkenberg wieder die einzigen sein, die auf lediglich einen Stopp setzen. Das ist zwar rein rechnerisch langsamer, könnte aber für Force India aufgehen - zumal sie erneut bei den Topspeeds Nummer zwei hinter Williams und somit schwer zu überholen sind.

Fazit: Mercedes hat im Renntrimm das schnellste Auto, denn auf dem Prime-Reifen sind die Silberpfeile eine Klasse für sich. Williams kann da nicht mithalten. Die Frage ist nur, wie Rosberg an Massa und Bottas vorbeikommt. Über die Strategie könnte es schwierig werden, weil Williams mit zwei Autos vorne ist und reagieren kann. Kommt Rosberg nicht auf Anhieb vorbei, könnte es ein spannendes Rennen werden. Ist er vorbei, ist er auch weg. Force India ist wieder für eine Überraschung gut.