Das Duell zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg elektrisiert. Doch hinter den beiden Mercedes-Piloten ist weit und breit nichts zu sehen. Mercedes fährt in dieser Saison in einem eigenen Universum. Kam Daniel Ricciardo in Monaco zumindest unter freundlicher Mithilfe des Safety-Cars und wegen Problemen bei Hamilton in die Nähe der Silberpfeile, könnte es in Kanada schon wieder ganz anders aussehen.

Während auf dem winkligen Kurs von Monaco die Leistungsdefizite der Renault- und Ferrari-Power-Units nicht so stark zum tragen kamen, deckt der Circuit Gilles Villeneuve Nachteile bei der Motorleistung gnadenlos auf. Gleich viermal pro Runde beschleunigen die Boliden auf über 300 Stundenkilometer. Schnelle Kurven gibt es quasi nicht.

"Diese Strecke müsste uns megamäßig liegen", meint Nico Rosberg und führt weiter aus: "Wenn wir in letzter Zeit schnell waren, dann sind wir hier richtig schnell." Ob es mit dem sechsten Mercedes-Doppelsieg in Folge klappt? "Die Möglichkeit besteht."

Auch Lewis Hamilton meint, dass Montreal dem Silberpfeil perfekt liegen müsste - auch wenn ihm die Intuition etwas anderes sagt. "Wir sind stark auf den Geraden, aber ich weiß es nicht. Vielleicht werden wir an diesem Wochenende überrascht. Aber die langen Geraden liegen uns eigentlich sehr." So offensiv ging Mercedes selten in ein Wochenende. Hamilton warnt die Konkurrenz: "Renault und Ferrari müssten in diesem Bereich vor diesem Wochenende einen außergewöhnlichen Job gemacht haben, um auf den Geraden mit uns mitzukommen."

Die Power Unit von Mercedes, Foto: Mercedes-Benz
Die Power Unit von Mercedes, Foto: Mercedes-Benz

Vom Power-Unit-Vorteil profitiert natürlich nicht nur das Werksteam. Auch Williams, Force India und McLaren dürften in Kanada einen gewaltigen Sprung machen. "Es kann auf jeden Fall eine gute Strecke für die Mercedes-befeuerten Autos sein. Ich glaube, dass wir einen großen Abstand zwischen Mercedes und den anderen Teams sehen werden", meint Felipe Massa.

Auch Jenson Button darf sich über Power aus Brixworth im Heck freuen: "Auf den langen Geraden können wir die Motorleistung nutzen - für uns mit dem Mercedes-Aggregat ist das großartig." Nur Nico Hülkenberg hält sich noch etwas zurück. "Ich glaube nicht, dass es sich von den Wochen zuvor unterscheiden wird", so der Force-India-Pilot.

Hinter Mercedes anderes Kräfteverhältnis?

Für Red Bull könnte es knüppeldicke kommen. Während sich das Weltmeisterteam bei den letzten Rennen als eindeutig zweitstärkste Kraft etablieren konnte, könnte die Rangordnung auf der Ile Notre-Dame etwas durcheinander gerüttelt werden. Denn der RB10 ist auf der Geraden meistens das langsamste Auto im Feld.

"Es wird schwierig, mit den Mercedes-befeuerten Autos auf den Geraden mitzuhalten", fürchtet Sebastian Vettel. "Wir wissen, dass Mercedes ein sehr, sehr starkes Paket hat - das besteht aus einem starken Auto und einer starken Power Unit. Und auch andere Autos fahren mit dieser Power Unit - wie sich das auswirkt, ist schwierig zu sagen."

Vettel baut auf die Kurven: "Es gibt hier auch einige Kurven - und die sind gut für uns." Doch schnelle Kurven, in denen Red Bull die Aerodynamik ausspielen könnte, gibt es fast nicht. Die Geraden sind durch Schikanen und eine Haarnadelkurve miteinander verbunden. Hier ist vor allem mechanischer Grip gefragt.

Von den bisher besuchten Rennstrecken in dieser Saison kam der Bahrain International Circuit den Anforderungen von Montreal noch am nächsten. In Bahrain war der Vorsprung von Mercedes besonders eklatant. Red Bull musste sich Force India geschlagen geben und hätte ohne Safety-Car-Phase auch hinter Williams landen können.