Der Sieg beim Großen Preis von Kanada wird mit großer Wahrscheinlichkeit an Mercedes gehen. Wenn alles normal läuft, sichern sich die Silberpfeile den sechsten Doppelsieg im siebten Rennen, den sechsten in Folge - Rekord. Die Theorie sagt: Die Strecke auf der Ile Notre-Dame muss Mercedes einfach liegen.

Da redet auch Nico Rosberg nicht um den heißen Brei herum. "Die Strecke müsste uns megamäßig liegen. Wenn wir in letzter Zeit schnell waren, dann sind wir hier richtig schnell", so der WM-Führende. Montreal bedeutet Vollgas und Vollgas bedeutet Mercedes-Land. Der Optimismus ist also angebracht.

Viel mehr noch als die Rekorde, die Mercedes in Kanada aufstellen könnte, schwirren aber andere Gedanken in Rosbergs Kopf: "Ich denke eher an das teaminterne Duell." Und da könnte es an diesem Wochenende richtig schwer werden. Eigentlich sprechen alle Faktoren für seinen Teamkollegen Lewis Hamilton.

Über 1000 Grad Celsius werden die Bremsscheiben heiß, Foto: RenaultF1
Über 1000 Grad Celsius werden die Bremsscheiben heiß, Foto: RenaultF1

Seit Beginn der Saison hat Rosberg Probleme mit den Bremsen. "Die Bremse ist komplett unnatürlich", klagt der Wiesbadener. Vor allem der Verlauf der Bremskraft während des Bremsvorgangs selbst ist für ihn ein Mysterium. Doch während viele Fahrerkollegen über das neue Brake-by-Wire-System klagen, scheint der Wurm bei Rosberg andernorts begraben. "Es ist die Bremse selbst."

Alternativ-Lösung explodiert

Bei seinem Test nach dem Spanien GP probierte er eine andere Bremsscheibe. Allerdings brach das neue Modell, die Lösung wurde verworfen. Zu groß ist das Risiko eines erneuten Schadens. Das Problem: Schnelle Abhilfe wird es nicht geben. Neue Bremsscheiben herzustellen dauert - und zwar eine halbe Ewigkeit.

"Sie backen fünf Monate lang im Ofen. Wenn man eine Veränderung will, dauert es ein halbes Jahr, bis etwas kommt", verrät Rosberg. Formel-1-Bremsen sind nicht aus Keramik , wie man vielleicht vermuten mag, sondern aus Kohlefaser. Sie erreichen Spitzentemperaturen von weit über 1000 Grad Celsius. Entsprechend aufwendig ist die Herstellung. Und nicht nur die Zeit ist ein Faktor: "Sie ist auch extrem teuer."

Doch es ist nicht nur die Bremse selbst, die dem Mercedes-Piloten in diesem Jahr Probleme bereitet. Auch das höhere Fahrzeuggewicht wirkt sich auf die Verzögerung aus. Im vergangenen Jahr wog Fahrzeug inklusive Fahrer 642 Kilogramm, in dieser Saison sind es 691 Kilogramm. Mehr Gewicht bedeutet gleichzeitig einen längeren Bremsweg. Weil die Geschwindigkeiten auf den Geraden in diesem Jahr höher sind, die Kurvengeschwindigkeiten aber wegen des geringeren Abtriebsniveaus geringer, erhöht sich die Zeit auf der Bremse zusätzlich.

Bekanntes Bild in Montreal: Brennende Bremsscheiben, Foto: Sutton
Bekanntes Bild in Montreal: Brennende Bremsscheiben, Foto: Sutton

In Montreal möchte ein Fahrer alles haben - nur keine Bremsprobleme. Der Circuit Gilles Villeneuve ist die für Bremsen anspruchsvollste Strecke der ganzen Saison. Nicht selten explodieren hier Bremsscheiben. Viermal pro Runde verzögern die Piloten aus über 300 Stundenkilometer.

Schlechte Montreal-Statistik

Neben Rosbergs derzeitigen Bremsproblemen spricht auch die Statistik gegen ihn. In Kanada konnte er weder im Williams, noch im Mercedes Spitzenleistungen zeigen. Sein bestes Resultat ist ein fünfter Platz im letzten Jahr. Eine Erklärung dafür hat er aber nicht: "Ich habe die Bilanz soeben erst gesehen. Es gibt aber keinen Grund dafür, mir gefällt die Strecke sogar."

Nico RosbergLewis Hamilton
Starts76
Beste Platzierung5 (2013)1 (2007, 2010, 2012)
Bester Startplatz4 (2013)1 (2007, 2008, 2010)
Punkte2160
Teamkollegen-Duell Qualifying6:16:0
Teamkollegen-Duell Rennen3:44:2

Lewis Hamilton hingegen hat fast eine lupenreine Montreal-Bilanz vorzuweisen. Im Qualifying musste er sich in Kanada noch nie einem Teamkollegen geschlagen geben, zudem stehen drei Pole Positions und ebenso viele Siege auf seinem Konto - inklusive seinem ersten Formel-1-Sieg überhaupt. Wenn Hamilton die Zielflagge sah, landete er immer auf dem Podium.