"Bitte kurz halten", mahnt Pressesprecherin Britta Roeske die Journalisten vor der Mediensession mit Sebastian Vettel. Kurz waren auch Vettels Trainingseinsätze am Freitag. In der ersten Session stoppte ihn nach vier Runden ein elektrisches Problem, das ihn auch in der zweiten Session zum Zuschauen verdammte.

Tapfer lächelte Vettel in die Kamera - was ihm sichtlich schwer fiel, nachdem er zuvor zusehen musste, wie Lewis Hamilton in einer eigenen Liga fuhr und zwei Mal die Bestzeit markierte. "Wie sehr schmerzt es, nicht zum Rennfahren zu kommen?", fragt ein Kollege. "Zum Glück sind wir heute kein Rennen gefahren", sagt der Vierfach-Champion scherzend.

Vettel kämpft mit seinem Wagen, Foto: Red Bull
Vettel kämpft mit seinem Wagen, Foto: Red Bull

Genau dieser Humor zeichnet den Deutschen seit seinem Einstieg in die Königsklasse aus. Doch in letzter Zeit hat sein Lausbuben-Image leichte Kratzer abbekommen. "Seb hat sich früher bei Interviews immer angestrengt. Er war freundlich, zeigte Esprit und Witz. Bloß nicht zu einem Michael Schumacher werden, doch leider hat sich das geändert", klagt eine Kollegin.

Und tatsächlich scheint etwas von der Unbekümmertheit des damals 21-Jährigen, der von Toro Ross zu Red Bull wechselte, verloren gegangen zu sein. Interviews, in denen Vettel Helmut Kohl oder Otto Waalkes imitiert, findet man nur noch in den Archiven. Vettel hat in den vergangenen Jahren viel erlebt - er fuhr von Sieg zu Sieg, von Titel zu Titel, brach einen Rekord nach dem anderen.

Licht & Schatten

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten - fehlende Anerkennung von den Kollegen, Pfeifkonzerte während der Siegerehrung von den Fans. Das alles hinterließ bei Vettel Spuren, genauso wie die aktuellen Rückschläge. Früher heizte er Teamkollege Mark Webber ein, jetzt ist er der Erfahrene, dem ein junges Talent Feuer unterm Hintern macht.

Hinzu kommen etliche Baustellen am RB10, die womöglich seinen Traum vom fünften Titel platzen lassen. Kein Wunder, dass da die Lust zu Späßen beim Heppenheimer auf der Strecke geblieben ist. Im Laufe eines Lebens ändert sich jeder Mensch, doch Vettel hat es geschafft, im verrückten Formel-1-Zirkus sich selbst treu zu bleiben. Man mag den aktuellen Vettel mögen oder nicht, aber Respekt hat er dafür auf jeden Fall verdient!