Was hat das Team in Sepang gelernt?
Nick Chester: Wir haben mehr über das Motor-Mapping am E22 gelernt und auch dessen Bremsverhalten verbessert, aber das war sicher noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Es wartet noch viel Arbeit auf uns ins Enstone, vor allem hinsichtlich der Verbesserung des Setups und der Funktionalität unseres Brake-by-Wire-Systems, womit die Piloten bisher noch die meisten Probleme haben. Sie verlieren dadurch momentan noch zu viel Zeit, da sie keinen sauberen Kurveneingang erwischen.

Wie funktioniert das Break-by-Wire und warum verursacht es Probleme?
Nick Chester: Das System schaut, inwieweit der Fahrer das Bremspedal für die einzelnen Kurven beansprucht und diese Anforderung wird dann quasi aufgeteilt in eine automatisch von der Power Unit generierte Bremskraft und eine normale hydraulische Bremskraft der Tastzirkel. Das Schwierige daran ist, stets eine Feinabstimmung hinsichtlich des Zusammenspiels der beiden Systeme zu generieren, sodass das Bremsverhalten für den Fahrer in einer natürlichen und vorhersagbaren Art und Weise abläuft. Es ist sehr wichtig, ein Break-by-Wire-System zu haben, das genau so reagiert, wie du es willst.

Nur wenn die Einstellung des Systems stimmt, hat das Auto logischerweise das perfekte Bremsverhalten, und nur so kann der Fahrer auch das Blockieren der Räder maximal kontrollieren. Wenn du die Bremsen betätigst, möchtest du in der Regel, dass der Bremsdruck so schnell wie möglich ansteigt, um eine Verzögerung zu vermeiden. Aber am Eingang der Kurve ist es einfach entscheidend, wie du aus der Bremsphase herauskommst. Mit guter Geschwindigkeit am Kurvenscheitel anzukommen ist extrem wichtig für das Herausbeschleunigen und kann jede Runde einen massiven Zeitunterschied ausmachen.

Lotus schrammte beim Rennen in Malaysia nur knapp an den ersten Punkten vorbei, Foto: Sutton
Lotus schrammte beim Rennen in Malaysia nur knapp an den ersten Punkten vorbei, Foto: Sutton

Wenn wir sämtliche zurückgelegten Runden des Jahres 2014 für den E22 zusammenzählen, kommt es in etwa auf die Summe der ersten drei Testtage des vergangenen Jahres...
Nick Chester: Das stimmt. Wir sind immer noch in einem sehr frühen Stadium, was das Verständnis des Autos angeht. Das Gute daran ist, dass es noch eine Menge Potential zu entfalten gibt. Wir erfahren immer noch Probleme mit der Standfestigkeit, machen aber sehr gute Fortschritte. Unglücklich ist natürlich, dass diese auch in Rennen aufgetreten sind, in denen wir natürlich Punkte holen und einen Wettkampf entfalten wollten. Wir sind während der Rennwochenenden immer noch damit beschäftigt, Dinge zu tun, die normal bereits während der Wintertests erledigt werden.

Natürlich hängt der Großteil davon mit den enormen Änderungen der Technischen Regularien zusammen - was natürlich für alle gilt -, aber wir müssen natürlich noch viel mehr machen und lernen, da wir in Sachen Testkilometer einfach einem Rückstand hinterherlaufen. Das Positive daran ist immerhin, dass wir noch größere Sprünge machen können als die anderen. Ein Beispiel dafür ist beispielweise die Verbesserung der Leistung im nassen Qualifying zwischen Melbourne und Sepang, wo wir mit den größten Sprung gemacht haben.

Wie frustrierend ist es, Testzeit aufgrund von Zuverlässigkeitsproblemen zu verlieren?
Nick Chester: Es ist sehr frustrierend. Vor allem in Malaysia war es ärgerlich, da das Auto an sich Setup-technisch sehr gut aufgestellt war. Dann kam jedoch ein Software-Problem dazwischen und hat uns das gesamte erste Freie Training gekostet.

Beide Piloten haben mit Nachdruck die harte Arbeit des Teams gelobt, die vor allem an den Rennwochenenden unzählige Stunden an der Strecke abspulen. Wie viel zusätzliche Arbeit benötigen die Boliden noch, um optimal zu laufen?
Nick Chester: Die Autos sind in diesem Jahr deutlich komplizierter. Es steckt viel mehr Aufwand in der Produktion als je zuvor. Aber es ist erst das zweite Rennen und es wird in Zukunft sicher einfacher, die nächsten Schritte zu vollziehen. Wir werden bestehende Teile überarbeiten, um sie einfacher ans 'Gesamtbild' anpassen zu können. Zudem werden die Arbeitsschritte und -methoden stetig verbessert und natürlich gewöhnen sich auch die Ingenieure immer besser an die neuen Teile. Aber meiner Meinung nach wird es auch noch zur Saisonmitte härtere Arbeit am Auto geben, als in der vergangenen Saison. Aber ich bin mir sicher, dass dies für alle Teams gilt.

Wie zufrieden sind Sie mit den Updates, die das Team nach Malaysia gebracht hat?
Nick Chester: Es ist sehr schwer zu sagen, da wir ja den gesamten Freitag quasi verloren haben. Wir hatten also nicht die Vergleichsmöglichkeiten, die wir sonst in solchen Fällen heranziehen. Wir müssen daher noch weitere Vergleiche in Bahrain heranziehen, um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, wie diese wirklich funktionieren.

Was sind die größten Herausforderungen für Bahrain?
Nick Chester: Wir kommen nach Bahrain, ohne viele Testkilometer dort zurückgelegt zu haben, müssen also in Sachen Setup-Einstellung mehr Arbeit verrichten als die anderen Teams. Offensichtlich können die Temperaturen in Bahrain extrem hoch sein und das ist etwas, das wir unbedingt im Auge behalten müssen. Der Rest besteht darin, mehr aus unseren weiterentwickelten Komponenten am Auto herauszuholen und natürlich, mehr Arbeit mit der Power Unit zu verrichten.