Wie frustrierend war es, in Australien am hinteren Ende der Startaufstellung zu stehen?
Nick Chester: Es war sehr frustrierend. Jeder im Team hatte vor Melbourne extra-hart gearbeitet. In meinen 14 Jahren in Enstone kann ich mich an keine arbeitsintensivere Zeit erinnern und deshalb schmerzt es besonders, keinerlei Belohnung erhalten zu haben. Allerdings wussten wir auch, dass dies ein durchaus realistisches Szenario sein könnte. Es war sehr enttäuschend, dass wir nicht schneller waren und zudem keine Startposition erreicht haben, die unserer Ansicht nach den Fähigkeiten unseres Autos eher zugestanden hätte. Jeder versteht, dass es so viele neue Teile und so viel neue Technologie für dieses Jahr gibt. Von daher war uns allen klar, dass es allgemein sehr schwer sein würde, alles direkt zum Laufen zu bringen und positive Resultate zu erzielen. Wir sind dabei, uns ein Problem nach dem anderen vorzunehmen und deutliche und spürbare Fortschritte zu erzielen.

Wie sind Romain und Pastor das Wochenende angegangen?
Nick Chester: Beide Fahrer waren sehr stark und resolut in ihrer Herangehensweise. Sie hatten sich bereits im Vorfeld darauf eingestellt, dass es wohl ein sehr herausforderndes Wochenende werden würde, nachdem die letzten Tests in Bahrain für uns ja nicht sonderlich gut liefen. Ich bin mir sicher, dass sich beide dessen bewusst waren, dass es extrem wichtig sein würde, das Maximum aus dem kompletten Wochenende herauszuholen und somit die Grundlage dafür zu schaffen, wieder Boden gutzumachen - auch wenn sie sich natürlich ein 'normales' Rennwochenende lieber gewünscht hätten. Beide waren das ganze Wochenende extrem professionell und vor allem ihr Feedback war für das Team enorm wichtig. Vor allem im Rennen haben wir durch die vielen Runden eine Menge wichtiger Daten generiert, auch wenn wir mit beiden Autos leider letztlich ausgeschieden sind.

Was nehmen Sie Positives aus Australien mit?
Nick Chester: Wir wissen, dass der E22 ein großes Potential hat und wir müssen so schnell wie möglich das gesamte Paket am Limit zum Laufen bringen. Da wir bei den Tests nicht genug gefahren sind, traten nun in Melbourne am gesamten Wochenende Probleme auf, die normalerweise vor dem ersten Rennen behoben hätten sein sollen. Einige der aufgetretenen Probleme hatte direkt mit der Software zu tun, was leider immer besonders viel Korrekturzeit in Anspruch nimmt. Hinzu kommt, dass sie leider meist zur völlig falschen Zeit am Wochenende eine Menge Zeit zur Behebung in Anspruch nehmen - gerade wenn der Zeitplan so eng gestrickt ist und andere dringliche Dinge auf der Agenda stehen. Jedoch haben wir in Australien definitiv auch wertvolle Erkenntnisse gewonnen, wie bspw. ein besseres Verständnis hinsichtlich des Energie-Managements und wie wir es optimieren können.

Nick Chester hält trotz des Stotterstarts große Stücke auf den E22, Foto: Sutton
Nick Chester hält trotz des Stotterstarts große Stücke auf den E22, Foto: Sutton

In welche Richtung wird das Team nun hinsichtlich signifikanter Verbesserungen für die nächsten Rennen gehen?
Nick Chester: Es gibt viele Baustellen, die wir in Australien hervorgehoben haben und an denen wir intensiv arbeiten werden. Einige beziehen sich auf das Chassis, andere auf die Power Unit. Ich weiß, dass auch Renault Sport F1 extrem hart daran arbeitet, die Probleme mit Software und Mapping der Power Unit endlich in den Griff zu bekommen. Der E22 ist sehr viel komplizierter hinsichtlich der Anwendung der Power Unit sowie auch der Kooperation mit den anderen Systemen im Auto. In diesem Bereich müssen wir uns definitiv extrem steigern und wir können vor allem in diesem Bereich noch enorm viel Zeit auf der Strecke herausholen.

Wie viel Vertrauen hat das Team nach dem ersten Rennen in den E22?
Nick Chester: Was wir vor allem aus unseren Daten herausgelesen haben, ist, dass der E22 in Sachen Aerodynamik äußerst stark erscheint. Es gibt keine besonders schwerwiegenden Probleme, die uns glauben lassen würden, dass wir nicht mit diesem Auto erfolgreich sein könnten. Allerdings müssen wir uns schnell und enorm steigern, wie gesagt vor allem in den Bereichen des Motor-Mappings und der allgemeinen Funktionalität sämtlicher Systeme im Auto. Nur so können die Fahrer auch endlich das Maximum herausholen. Wir haben klar und deutlich Bereiche identifiziert, in denen wir eine Menge Zeit gutmachen können. Sobald wir einmal mehr Kilometer mit dem E22 abgespult haben und auch dessen Ballance deutlich verbessert haben, werden die Fahrer sich am Steuer viel wohler fühlen und dementsprechend auch große Fortschritte machen können.

Hindert euch der momentane enorme Arbeitsaufwand daran, die geplanten weiteren Upgrades wie geplant fertigzustellen?
Nick Chester: Es macht ehrlich gesagt keinen großen Unterschied. Wir sind immer noch dabei, neue Teile und gute Upgrades für Malaysia zu produzieren, die das Auto in allen Bereichen verbessern sollten. Trotz unseres größeren Engagements in der Behebung der elementaren Probleme führen wir die Arbeit an unseren Upgrades mit aller Macht fort.

Gibt es bereits einen anvisierten zeitlichen Rahmen, innerhalb eines welchen das Team große Schritte hinsichtlich der Position im Feld erwartet?
Nick Chester: Es ist sehr schwer, eine aussagekräftige Vorhersage zu treffen nachdem wir ein ziemlich schwieriges Wochenende in Australien erlebt haben. Vor allem, nachdem wir bisher leider nur begrenzt Kilometer mit den Autos gesammelt haben. Ich erhoffe mir natürlich für Malaysia eine deutliche Verbesserung und dann noch einmal eine weitere für Bahrain, obwohl realistisch betrachtet wohl nur kleine Schritte möglich sein werden, da diese Rennen direkt an aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es könnte also gut sein, dass wir erst zum Europa-Auftakt in Barcelona in einer stabilen Position sein werden und um die Positionen kämpfen können, die wir uns zum Ziel gesetzt haben. Eines ist jedoch klar: Wir werden nicht ruhen und alles in unserer Macht stehende tun, so schnell wie möglich die maximale Leistung aus dem E22 zu extrahieren und wieder konkurrenzfähig zu sein.