Offenbar hat das Hickhack um die Zukunft des insolventen Nürburgrings ein Ende. Laut einem Bericht der Wirtschaftswoche hat der Finanzinvestor H.I.G. Capital aus den USA den Zuschlag erhalten. Der Kaufpreis soll sich auf maximal 60 bis 70 Millionen Euro belaufen - einiges weniger, als sich die Insolvenzverwalter des Nürburgrings erhofft hatten. Das US-Unternehmen habe beim Bundeskartellamt die geplante Übernahme wesentlicher Teile des Rings angemeldet. Eine offizielle Bekanntgabe gibt es noch nicht, bislang hat sich keiner der Verantwortlichen zu Wort gemeldet.

Einen Hinweis auf die Übernahme liefert das Bundeskartellamt. In einer am Mittwoch, 5. März veröffentlichten Liste laufender Fusionskontrollverfahren taucht H.I.G. Europe Capital Partners mit einem Eintrag vom 28. Februar auf. Unter dem Aktenzeichen B6-43/14 läuft demnach der "Erwerb wesentlicher Vermögensteile des Nürburgrings in Insolvenz". Bei dem Verfahren geht es um den Betrieb von Motorsportrennstrecken, Freizeitparks und Hotels in Rheinland-Pfalz; also konkret dem Nürburgring.

Bereits Firmen angemeldet

Damit dürfte klar sein, dass H.I.G. einen Großteil der Insolvenzmasse übernehmen möchte. Offenbar gehören einige Teile der umliegenden Peripherie, also im Wesentlichen Hotels und der Freizeitpark, zum Umfang. H.I.G. Capital ließ zu Beginn dieser Woche sechs Firmen in das Handelsregister an seinem Deutschlandsitz in Hamburg eintragen. Dazu zählen die Firmen "NRGH Nürburgring Holding GmbH", "Nürburgring GP GmbH", "Nürburgring Nordschleife GmbH", "Nürburgring Boulevard GmbH", "Nürburgring Hotel GmbH" sowie "Nürburgring Appartment GmbH".

Laut einem Sprecher des Insolvenzverwalters Jens Lieser gebe es noch keine Entscheidung. "Der Investorenprozess ist noch in vollem Gange", teilte er mit. "Das bedeutet: Es steht noch keine Entscheidung über einen oder mehrere neue Erwerber für den Nürburgring fest." Ende März soll voraussichtlich eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Zukunft der traditionsreichen Eifelstrecke fallen.

H.I.G. habe sich mit dem britischen Investor Meyrick Cox sowie dem Unternehmer Markus Graf Oeynhausen-Sierstorpff zusammengetan, dem Betreiber der relativ neuen Teststrecke Bilster Berg im Teutoburger Wald. Zuletzt waren auch der Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricom, Bernie Ecclestone und angeblich ein weiteres Unternehmen aus den USA am Kauf des Nürburgrings interessiert gewesen. Der ADAC wurde Ende vergangenen Jahres aus dem Bieterverfahren ausgeschlossen, weil das Angebot zu niedrig gewesen sein soll.

Wie es mit der Formel 1 am Nürburgring weitergeht, ist offen. Dieses Jahr ist der Hockenheimring wieder an der Reihe. Die badische Rennstrecke wechselt sich im jährlichen Turnus mit dem Nürburgring ab. Zuletzt hatte sich Ecclestone ausdrücklich für den Verbleib der F1 in Deutschland ausgesprochen: "Wir wollen sicherstellen, dass es auch in Zukunft jedes Jahr ein Formel-1-Rennen in Deutschland gibt." Mit dem jährlichen Wechsel zwischen beiden Strecken sei er zufrieden.

Überblick: Die wichtigsten Antworten rund um den Ring

Motorsport-Magazin.com beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Verlauf der Traditionsstrecke mitten in der Eifel, von der so viele Existenzen in der eher sozialschwachen Region abhängen.

1. - Was steht genau zum Verkauf?

Den Nürburgring - der beim Verkauf unter dem Namen 'Projekt RING' firmiert - gibt es komplett oder wahlweise in Paketen zu kaufen. Investoren können die Vermögensgegenstände des Nürburgrings einzeln, in definierten Einheiten oder als Gesamtheit erwerben. Als definierte Vermarktungseinheiten gelten z.B. die Rennstrecken, das 4-Sterne-Hotel, das Eifeldorf Grüne Hölle mit einem 3-Sterne-Hotel und der Ferienpark Drees, heißt es in der offiziellen Pressemitteilung des Nürburgrings. Wirtschaftsprüfer bezifferten den Wert des kompletten Nürburgrings zunächst auf etwa 120 Millionen Euro. Klingt nach einem echten Schnäppchen, doch die Sanierer erwarten sich einen höheren Verkaufspreis.

Die F1 ist das Aushängeschild des Ring, Foto: Pirelli
Die F1 ist das Aushängeschild des Ring, Foto: Pirelli

2. - Warum muss der Nürburgring verkauft werden?

Es herrscht konkreter Zeitdruck am Nürburgring, denn die EU-Kommission in Brüssel droht mit einer ordentlichen finanziellen Beihilferückforderung. Brüssel vermutet, dass illegale Subventionen von rund 480 Millionen Euro geflossen seien, ein Großteil davon - etwa 330 Millionen Euro - soll in den nahe gelegenen Freizeitpark investiert worden sein. "Der Verkauf muss vorher abgeschlossen sein, sonst droht nach einer Beihilfe-Entscheidung die Schließung des Nürburgrings", erklärte Lieser. Ohne den Erlös aus dem Verkauf wäre die insolvente Nürburgring GmbH zahlungsunfähig und damit gingen wohl die Lichter in der Eifel aus.

3. - Welche Auswirkungen hat der Verkauf für den Motorsport?

Die größte Sorge der Fans: Findet weiter Motorsport am Nürburgring statt, nachdem der Verkauf durch ist? Vieles deutet darauf hin, dass der Betrieb fortgesetzt wird - werden muss - da sich das Land für den Fortbestand stark macht. Die Regierung plant ein Gesetz zur Gewährleistung des öffentlichen Strecken-Zugangs, dieses könne auch nach dem Verkauf noch berücksichtigt werden. Unklar ist, welcher Sport auf den dann privatisierten Strecken stattfinden soll.

Teurer Spaß: F1 in der Eifel, Foto: Sutton
Teurer Spaß: F1 in der Eifel, Foto: Sutton

Die Formel 1 ist das Aushängeschild der Eifel, gleichzeitig aber auch eines der größten Verlustgeschäfte. Die Betreiber kündigten an, dass der Verkaufsprozess keinen Einfluss auf die Rennsport-Aktivitäten in diesem Jahr habe, alle Veranstaltungen würden plangemäß stattfinden. Neben der F1 zählen die DTM, die Langstreckenmeisterschaft VLN sowie das 24-Stunden-Rennen zu den größten Attraktionen.

4. - Wie kam es zu den Problemen am Nürburgring?

Der Nürburgring kämpft seit vielen Jahren mit roten Zahlen, vor allem die Formel-1-Austragungen verschlingen Millionen. Das Projekt 'Nürburgring 2009' - also die Errichtung einer Erlebniswelt rund um den Ring - scheiterte grandios. Im vergangenen Sommer wurde die Pleite bekannt, im November erfolgte die Einreichung eines Insolvenzantrages mit Eigenverwaltung. Das Land will den Nürburgring nicht mehr staatlich auf Kosten der Steuerzahler subventionieren, doch auf eigenen Beinen kann das kostenintensive Projekt nicht stehen. Die Nürburgring GmbH ist pleite, doch zahleiche Gläubiger stehen Schlange, nachdem erwartete Einnahmen ausblieben.