Motorenhersteller Renault und seine Kunden-Teams erlebten am zweiten Testtag in Jerez ein kleines Debakel: Sebastian Vettel konnte in seinem Renault befeuerten Red Bull RB10 gerade einmal 8 Runden abspulen, bevor er wegen eines Problems an die Box beordert wurde und vorzeitig Feierabend machen musste. Kaum besser erging es Marcus Ericsson im Caterham, dessen Renault-Aggregat nach 11 Runden schlapp machte. Toro Rosso - seit dieser Saison ebenfalls Renault-Kunde - schaffte es gar nicht erst auf die Strecke. "Der STR9 konnte heute überhaupt nicht fahren wegen eines elektrischen Problems, das das Team nicht rechtzeitig reparieren konnte", hieß es seitens Toro Rosso.

Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Renault kam am Mittwoch auf gemeinsam 19 Runden, die beiden Ferrari-Motoren der Scuderia selbst sowie von Sauber spulten zusammen 100 Runden ab und die vier Mercedes-Aggregate (Mercedes, McLaren, Williams, Force India) kamen auf beachtliche 212 Umläufe auf dem Circuito de Jerez - also rund 20 Mal so viel wie Konkurrent Renault. Und das in einer Phase, in der jeder Kilometer angesichts all der Ungewissheit Gold wert ist. Im Laufe des Tages wurde klar, woran es bei den Franzosen haperte: ein Hardware-Problem am Energiespeicher der Power Unit.

Remi Taffin umgeben von Journalisten - Motorsport-Magazin.com mittendrin, Foto: Sutton
Remi Taffin umgeben von Journalisten - Motorsport-Magazin.com mittendrin, Foto: Sutton

"Wir konnten das Problem eindeutig identifizieren", erklärte Remi Taffin, Leiter des Renault-Einsatzteams, während einer kurzfristig einberufenen Medienrunde in Jerez. "Wir wollten es reparieren, konnten es heute Morgen aber nicht. Also haben wir entschieden, von unserer Seite aus für den Donnerstag so viel wie möglich zu machen." Renault wird bei allen drei Kundenteams Teile der Hardware ersetzen, damit noch ein paar Kilometer zusammenkommen. Es gelte sicherzustellen, dass die Teams am Donnerstag pünktlich zum Sessionstart um 09:00 Uhr auf die Strecke können. Taffin: "Wir sind zuversichtlich, dass morgen alle drei Autos fahren können."

Renault hat zwar einige Austauschteile mit nach Jerez gebracht, musste wegen dieses eklatanten Problems jedoch einige Teile einfliegen lassen. Zumindest bei den Franzosen herrschte angesichts der verlorenen Kilometer noch relative Gelassenheit. "Wir haben Runden verpasst und hatten mehr Kilometer erwartet", räumte Taffin zwar ein. "Aber das ist kein Weltuntergang. Wenn wir noch zwei ordentliche Tage hier bekommen, ist alles in Ordnung." Auf die Frage, wie groß nun der Nachteil im Vergleich zu Mercedes sei, die viel mehr Daten sammeln konnten, entgegnete der Franzose: "Da müsst ihr Mercedes fragen..."

Vettel reist fast ohne Kilometer aus Jerez ab, Foto: Red Bull
Vettel reist fast ohne Kilometer aus Jerez ab, Foto: Red Bull

Renault hatte zwar mit Problemen der neuen und äußerst komplexen Power Unit, die den V8-Motor ersetzt, gerechnet, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Bereits zum Testauftakt am Dienstag ging einiges schief, die drei Renault-Teams kamen auf gerade einmal 19 Runden. Vettel drehte seine ersten Runden 15 Minuten vor dem Ende der Session, weil es den ganzen Tag über Probleme gab. "Wir haben die Leute hier, um das zu reparieren", so Taffin. "Wir waren schon darauf vorbereitet. Wir wollten es natürlich nicht, sind aber gerüstet. Leider handelt es sich hier um High Technology."

Die Power Unit namens Renault Energy 1 wurde in der Fabrik in Viry-Chattillon in den vergangenen Monaten ausgiebig getestet und auf mögliche Probleme überprüft. Dabei konnte der Hersteller auch einige Fehler ausräumen, doch unter realen Bedingungen sehe die Sache noch einmal anders aus. "Es ist etwas anderes, wenn man auf der Strecke fährt statt nur Dyno-Runs abzuspulen", verteidigte sich Taffin. Dieses spezielle Energiespeicher-Problem hatte Renault nicht in Jerez erwartet, gestand er aber auch. Am Chassis selbst müssen die Teams wegen des Hardware-Tausches keine Änderungen vornehmen, erklärte Taffin weiter. Zwei Tage bleiben noch Zeit, um den Kilometer-Nachteil ansatzweise aufzuholen, bevor es Mitte Februar zum zweiten Test nach Bahrain geht.

Allein Nico Rosberg absolvierte am Mittwoch fast dreimal so viele Runden wie die drei Renault-Teams zusammen an zwei Tagen. Der Mercedes-Pilot legte im Marathon-Modus 97 Runden zurück. "Wenn ein Auto 100 Runden pro Tag schafft, kann man sagen, dass das Team einen guten Jon gemacht hat", hatte Toro Rossos Designchef Luca Furbatto am Dienstagabend erklärt. Umso ärgerlicher für Renault: Der vierte Motoren-Kunde, Lotus, fehlt als einziges Team. "Das ist ein kleines Problem für Lotus selbst, aber nicht für unsere anderen Teams", meinte Renault-Motorenchef Rob White.

Die Runden-Tabelle nach 2 Tagen

Mercedes (Mercedes, McLaren, Williams, Force India): 248 Runden
Ferrari (Ferrari, Sauber): 138 Runden
Renault (Red Bull, Toro Rosso, Caterham): 38 Runden