2007 war vermutlich die dunkelste Saison in der Geschichte von McLaren. Nicht nur, dass Fernando Alonso und Lewis Hamilton den fast schon sicher geglaubten Weltmeistertitel im letzten Rennen verloren, vor allem der Spionage-Skandal beschäftigte die Formel-1-Welt damals. Nigel Stepney, zu diesem Zeitpunkt Chefmechaniker bei Ferrari, ließ Hauptkonkurrent McLaren umfangreiches Material der Scuderia zukommen.

Es handelte sich dabei um mehrere hundert Seiten technischer Details, die der Brite damals in einem Copy-Shop vervielfältigte und anschließend der Konkurrenz überließ. Als der Skandal aufgedeckt wurde musste McLaren eine Rekordstrafe von 100 Millionen Dollar bezahlen und verlor gleichzeitig alle in der Saison 2007 eingefahrenen WM-Punkte. Ferrari Präsident Luca di Montezemolo sagte damals nach dem gewonnen Finale in Brasilien, Hamilton und Alonso hätten sich im Falle des Titelgewinns bei Ferrari bedanken können, schließlich stamme die technische Basis ihres McLaren aus Maranello.

In einem Interview mit Racecar engineering ließ Stepney die Saison 2007 Revue passieren und eröffnete dabei ein pikantes Detail: Es geht um den Auftaktsieg von Kimi Räikkönen in Australien. Damals soll der Ferrari F2007 illegal gewesen sein, konkret handelte es dich dabei um einen beweglichen Unterboden und einen zweifelhaften Heckflügel. Stepney lieferte die Informationen an McLaren, die umgehend eine Prüfung der FIA beantragte. Der Flügel wurde für legal erklärt, der Unterboden nicht.

Es geht um Räikkönens ersten Sieg mit Ferrari, Foto: Sutton
Es geht um Räikkönens ersten Sieg mit Ferrari, Foto: Sutton

Dennoch entschied sich McLaren nicht dazu, Protest gegen das Rennergebnis einzulegen. "Wir haben uns entschieden, keinen Protest gegen das Ergebnis des Australien GPs einzulegen, selbst wenn es klar scheint, dass Ferrari einen illegalen Vorteil hatte", soll McLaren Teamchef Ron Dennis damals geschrieben haben.

Stepney rechtfertigt sein Handeln indem er vorgibt, ein fairer Sportsmann zu sein. "Ich mag es zu gewinnen - aber auf einer fairen Basis. Als ich dort war, habe ich mit einigen Dingen, die bei Ferrari abliefen nicht leben können", so der Brite. "Ich dachte, dass es einfach nicht korrekt war. Auch wenn es falsch war es zu erzählen: So lange gewinnen, bis man gestoppt wird, war auch nicht der richtige Weg. Ich bin gegen den Strom geschwommen."

Habe 90 Prozent der Dokumente nicht gekannt

So nahm die Spionage-Affäre, die ihren Höhepunkt in hunderten Seiten technischer Details ihren Höhepunkt nahm, ihren Lauf. Das Weitergeben der Dokumente an Mike Coughlan bestreitet Stepney bis heute vehement. "Als sie mir die Dokumente gezeigt haben, kannte ich 90 Prozent davon noch nicht einmal", will er glaubhaft machen.

Nicht nur McLaren wurde damals bestraft, auch Stepney selbst musste mit den Konsequenzen leben. Die FIA warnte andere Teams davor, Stepney zu engagieren. "Sechs Monate später hat Mosley [damaliger FIA Präsident] die Empfehlung zurückgenommen und sagte, dass hinter den Kulissen mehr ablief, als man von außen sah."

Später will Stepney sogar ein Angebot der obersten Motorsportbehörde gehabt haben. "Ich habe einen Brief, der beweist, dass ich ein Job-Angebot von der FIA hatte. Aber ich habe abgelehnt." Heute ist Stepney Teammanager und Chefmechaniker bei Sportwagenteam JRM.