Das war schon sensationell, wie Sebastian das heute hinbekommen hat...
Alexander Wurz: Das war mega!

Er ist nicht auf Nummer sicher gegangen und du hattest mit deiner Strategievorhersage gestern recht. Aber hättest du gedacht, dass sie es mit einem so kurzen Run machen?
Alexander Wurz: Mit einem so kurzen nicht. Aber wenn man sich im Nachhinein ansieht, wohin er zurückgefallen ist und wann die anderen reinkommen, dann war das sehr gut. Sie hätten auch noch zwei Runde später kommen können, weil die Performance gut war. Also war es eigentlich Wurst, ob nach vier oder acht Runden.

Es wäre am Ende nicht einmal etwas angebrannt, wenn Sebastian ausgefallen wäre. Aber kannst du nachvollziehen, wie Red Bull nach dem Webber-Defekt gezittert hat?
Alexander Wurz: Ja, ich weiß nur nicht genau, was die Sensoren gemeldet haben. Aber dann zappeln sie eben ein bisschen - ist auch gut, dass sie ein bisschen Spannung an der Boxenmauer hatten.

Angeblich hat man Sebastian im Auto gar nicht gesagt, dass es so kritisch werden könnte. Ist das in so einem Fall auch besser?
Alexander Wurz: Ja, absolut.

Sie haben ihm nur gesagt, was er machen soll. Kannst du als Fahrer vielleicht daraus schon schließen, was los ist?
Alexander Wurz: Wenn es Sensorfehler gibt, dann weißt du schon, dass etwas am Brennen ist. Aber solange dir keiner sagt, du musst langsamer fahren, da geht das schon.

Am Schluss hat man gesehen: Auch wenn es ein Titel war, der nur noch auf die Vollzugsmeldung gewartet hat - die Erlösung war dennoch groß...
Alexander Wurz: Sicher. Du hast Ängste, die dir sonst nie in den Kopf kommen. Was ist, wenn du ab jetzt immer einen Motorschaden hast? Oder immer irgendwie Pech? Auch wenn es eigentlich schon sicher ist, herrscht immer noch ein enormer Druck. Nicht nur der Druck von außen, auch der Druck, den du dir selbst über die Saison hinweg aufbaust. Auf einmal ist alles, wofür du so hart gearbeitet hast, getan. Das kann ich vollkommen nachvollziehen. Du bist dann auch irgendwann mental ganz leer. Aber es ist schön, wenn wir dabei zusehen dürfen, dass er auch ein Mensch ist.

Das macht Sebastian menschlicher. Obwohl er eigentlich ohnehin ein sehr menschlicher Mensch ist und nicht der kühle Perfektionist. Obwohl er im Job ein Perfektionist ist.
Alexander Wurz: Genau, du hast das perfekt analysiert. Im Job ist er der Perfektionist, ganz akribisch und hart. Aber sonst ist es ein total netter Kerl, der sich auch mit der Welt und sich selbst, mit allen anderen und mit dem Umfeld beschäftigt. Er ist total aufgeschlossen. Das sehen viele Formel-1-Medien nicht so, da sie in der schnellen Berichterstattung stecken und im Eigenleben gefesselt sind. Aber in Wirklichkeit ist er ein total netter, junger Mensch.

Alexander Wurz bestieg gemeinsam mit Sebastian Vettel den Mount Fuji, Foto: Sutton
Alexander Wurz bestieg gemeinsam mit Sebastian Vettel den Mount Fuji, Foto: Sutton

Kannst du dich an irgendein besonderes Erlebnis mit ihm zusammen erinnern?
Alexander Wurz: Wir haben gemeinsam eine super Bergsteig-Tour auf den Fuji gemacht. Das war 2008, bevor er durchgestartet ist. Wir sind bei den Freitagstrainings immer gegeneinander angetreten und haben uns immer gemessen. Da sprechen wir heute noch davon. Aber der Mount Fuji war ganz nett, denn da haben wir den ganzen Tag miteinander verbracht. Das war typisch: Er war sehr nett, wollte aber auch da immer einen halben Schritt vorne sein. Dann haben wir uns natürlich ein Rennen geliefert. Das war recht lustig.

Und wer hat das Rennen gewonnen? Konditionell bist ja nicht schlecht aufgestellt...
Alexander Wurz: Das war so, dass ich zu Beginn noch den Rucksack getragen habe. Dann habe ich gemerkt: Ok, mit den acht Kilogramm wird es knapp, weil er sehr fit war. Dann habe ich gesagt: "So, die letzte Hälfte des Bergs trägst du den Rucksack." Dann hat er dran glauben müssen. Aber ist ja völlig Wurst. Es war lustig gemeinsam nebenbei den Berg zu genießen aber sich doch gleichzeitig ein Rennen zu liefern.

Hat er sich seitdem verändert?
Alexander Wurz: Naja, er hat deutlich mehr Druck und er hat weniger Zeit für sich und sein eignes Leben. Aber grundsätzlich ist er immer noch gleich.

Beneidest du ihn manchmal?
Alexander Wurz: Nein, er hat sich alles selbst erarbeitet. Da gibt es nichts zu beneiden.