Vergangene Woche enthüllte Ferrari endlich die Nachricht, worüber die Medien wochenlang spekuliert haben: Kimi Räikkönen kehrt 2014 zur Scuderia zurück und beendet die zweijährige Arbeit mit Lotus. Somit wird im kommenden Jahr das finnische Cockpit frei, welches nun zu besetzen ist. Der Franzose Romain Grosjean scheint auch 2014 für die Schwarz-Goldenen zu fahren. Mit "Ja" antwortete Teamchef Eric Boullier, als man ihn fragte, ob Grosjean bleibt, wenn Räikkönen geht. Eine schriftliche Zusage hat der Schweizer mit französischer Rennlizenz aber noch nicht.

Die Suche nach einem geeigneten Räikkönen-Nachfolger läuft bereits auf Hochtouren. Zwei Piloten stehen zurzeit auf der potenziellen Liste bei Lotus: Felipe Massa und Nico Hülkenberg. Laut Aussage einer Boullier nahestehenden Quelle haben beide Piloten eine Chance auf den freiwerdenden Sitz bei Lotus. "Die Chancen stehen 50 Prozent für Hülkenberg und 50 Prozent für Massa", so Livio Oricchio. Motorsport-Magazin.com nimmt die beiden Piloten einmal genauer unter die Lupe und zeigt auf, was für den Brasilianer und was für den Deutschen spricht.

Pro Felipe Massa:

Der Grand Prix von Brasilien ist für Felipe Massa etwas ganz Besonderes - vor allem in diesem Jahr, denn das letzte Saisonrennen 2013 ist für den Brasilianer auch das letzte Rennen in Rot. Welchen Overall er dann im kommenden Jahr trägt, ist noch nicht bekannt. Möglicherweise tauscht Massa einfach den Rennanzug mit Ferrari-Wiederkehrer Räikkönen - darauf scheint es zumindest hinauszulaufen, wenn man den Spekulationen glaubt. Sowohl Lotus als auch das Management von Massa bestätigten die beiderseitigen Verhandlungen.

Massa - der Team-Mensch, Foto: Sutton
Massa - der Team-Mensch, Foto: Sutton

Doch ist Massa eine gute Wahl für die Mannschaft aus Enstone? Für den Brasilianer spricht auf alle Fälle sein Erfahrungsschatz, den er in den vergangenen acht Jahren bei der Scuderia gesammelt hat. Die Höhen und Tiefen prägen einen Menschen, geben ihm eine gewisse Reife und auch Routine. Durch die jahrelange Praxis ist Massa zu einem offenen und sehr umgänglichen Menschen herangewachsen. Bei Ferrari schätzt man seine positive Ausstrahlung und die Verbundenheit zum Team. Eigenschaften und Qualitäten, die bei Lotus sehr gefragt sind.

Ein weiterer Pluspunkt zu Gunsten Massas ist der Faktor Unterstützung. Unterstützung nicht im finanziellen Sinne, sondern in Form eines sehr guten Managements. Hinter dem 32-Jährigen steht der sehr gut vernetzte Manager Nicolas Todt. Mit dem Uhrenhersteller Richard Mille gewann Lotus, durch Hilfe des Franzosen, in diesem Jahr einen sehr wichtigen Sponsor. Rückendeckung könnte es auch von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone geben, der eine gute Beziehung mit Massa pflegt. Ecclestone könnte es zudem am Herzen liegen, dass die Formel-1-Starterliste 2014 nicht ohne einen brasilianischen Fahrer aufgestellt ist. Denn das könnte den Erfolg auf dem brasilianischen Markt negativ beeinflussen - und das wäre nicht im Sinne Ecclestones.

Bernie Ecclestone mag den Brasilianer., Foto: Sutton
Bernie Ecclestone mag den Brasilianer., Foto: Sutton

"Es wäre überraschend, wenn Bernie Ecclestone nicht mit Eric Boullier und Gerard Lopez über seine Vorlieben bei der Wahl zwischen Massa und Hülkenberg gesprochen hätte", verriet der brasilianische Korrespondent Oricchio. Unterdessen verbreiteten sich auch die Meldungen, dass Massa bei McLaren angeklopft habe. Doch ein Sprecher des britischen Teams hielt sich diesbezüglich bedeckt: "Wir wollen auf keine Spekulationen aus den Medien Bezug nehmen und keine Fahrergerüchte kommentieren." Im Endeffekt spricht einiges für den Brasilianer - doch wie Lotus am Ende entscheidet wird man spätestens in ein paar Wochen wissen. Doch allzulange sollte sich Lotus nicht Zeit lassen, denn bei anderen Teams könnten die Türen auch offen stehen.

Pro Nico Hülkenberg:

Der Deutsche hat in den vergangenen Jahren schon so einige Teams durchschritten. Erst Williams, dann Force India und in dieser Saison gibt er für Sauber Gas. Hülkenberg ist ein starker Fahrer, dem es jedoch noch nicht gelang, bei einem Top-Team unterzukommen. Obwohl der Sauber-Bolide in dieser Saison nicht sehr konkurrenzfähig ist, kristallisiert sich das Talent des 26-Jährigen stark heraus - siehe der fünfte Platz in Monza. Die Leistung in Italien ließ Hülkenbergs Hoffnungen auf ein rotes Cockpit 2014 steigen. Doch vergangene Woche platzte die rote Traumblase, denn Räikkönen sicherte sich das heißbegehrte Ferrari-Cockpit. Doch Hülkenberg steckt den Kopf nicht in den Sand, stattdessen könnte er die Nachfolge des Finnen bei Lotus antreten.

Für den Motorsport-Magazin.com-Experten Christian Danner hat Hülkenberg die besten Voraussetzungen für ein Top-Team. "Er ist unglaublich konzentriert und hat unglaubliche Fähigkeiten", lobt Danner. "Er setzt all seine Fähigkeiten trotz des ganzen Rennstresses im richtigen Moment ein. Er hat es einfach drauf." Hükenberg weiß, wie er auf sich aufmerksam machen kann - und das ist mit Leistung. Nur das gewisse Etwas fehlt irgendwie noch. Anders als Massa ist der Emmericher eher der introvertierte Typ, der wenig Emotion zeigt. Doch tief im Inneren schlummert der grüne Hulk. Vielleicht hat Lotus darauf ja ein Auge gelegt.