1. S - wie Startaufstellung

Lewis Hamilton ist derzeit der Qualifying-König der Formel 1. Zum vierten Mal in Serie nach Großbritannien, Deutschland und Ungarn holte sich der Mercedes-Pilot die Pole Position. Neben ihm in Reihe eins steht Sebastian Vettel, dahinter Mark Webber im zweiten Red Bull und Hamiltons Teamkollege Nico Rosberg. Einmal mehr stark präsentierte sich Force-India-Mann Paul di Resta, der seinen VJM06 auf Startplatz fünf stellte. Auch für Jenson Button gab es Grund zur Freude, Rang sechs ist das beste Qualifyingergebnis der Saison für den Briten. Von einem generellen Aufwärtstrend kann bei McLaren dennoch nicht gesprochen werden, Sergio Perez versäumte als 13. erneut den Einzug in Q3.

Enttäuschend verlief der Samstag auch für Ferrari. Fernando Alonso und Felipe Massa landeten nur auf den Plätzen neun und zehn. Der Spanier verlor 2,4 Sekunden, sein Teamkollege mehr als drei. Ein weiterer Rückschlag also für die Weltmeisterschaftsambitionen Alonsos. Aufgrund des wechselhaften Wetters in Q1 schafften mit Giedo van der Garde, Jules Bianchi und Max Chilton erstmals drei der vier Piloten in den Nachzüglerteams den Einzug in den zweiten Abschnitt wo sie auf die Ränge 14 bis 16 kamen, lediglich Charles Pic verpokerte sich mit der Reifenwahl und startet nur von Rang 22.

2. S - wie Start

Im Vorjahr flogen die Fetzen, Foto: Sutton
Im Vorjahr flogen die Fetzen, Foto: Sutton

Der Auftakt ins Rennen ist in Spa immer eine besonders heikle Angelegenheit dar. 1998 waren nicht weniger als 13 Autos in die verhängnisvolle Startkollision nach La Source verwickelt und auch im Vorjahr krachte es in der Haarnadelkurve beträchtlich und die Boliden flogen nur so durch die Luft. Schlussendlich wurde Romain Grosjean als Auslöser für das Chaos ausgemacht und für das folgende Rennen in Monza gesperrt.

Einer der Leidtragenden des Unfalls war Fernando Alonso, für den das frühe Aus den Anfang vom Ende des Traums von der Weltmeisterschaft darstellte. Daher weiß der Ferrari-Pilot genau, wie bedeutsam es ist, auf der Ardennenachterbahn gut wegzukommen. Entscheidend sei nicht das Wetter, sondern ein guter Start. "Wir sind in allen Bedingungen schnell. Wichtig ist, dass wir die Leute vor uns überholen. Die Pace dazu haben wir. Aber wie genau wir das anstellen sollen, müssen wir uns erst überlegen", verriet Alonso.

3. S - wie Setup

Die Herausforderung in Spa heißt Kompromiss: Auf der einen Seite gibt es die 23 Sekunden lange Vollgaspassage nach La Source. Den Berg hinab, durch Eau Rouge die lange Kemmel-Gerade hinauf ist schließlich die längste Vollgaspassage im Kalender. Im letzten Sektor geht es dann noch einmal ans Limit. Schon am Ausgang von Kurve 14 stehen die Piloten wieder voll auf dem Gas, bis zum Ausgang von Blanchimont und dem Anbremsen zur Bus-Stop-Schikane wird das Gaspedal - im Trockenen - nicht einmal gelupft. Auf der anderen Seite gibt es wohl so viele Highspeed-Kurven, wie auf keiner anderen Strecke.

Vor allem die wechselnden Wetterbedingungen machen die Wahl des Setups zu einer richtigen Lotterie. Schon bei trockenen Bedingungen sind sich die Piloten uneinig. So testeten Mark Webber und Sebastian Vettel am Freitag komplett unterschiedliche Pakete. Während Vettel mit einem Low-Downforce-Paket - mit einem Monza-ähnlichen Heckflügel - unterwegs war, fuhr Mark Webber mit einem Paket, das besonders viel Anpressdruck generiert. Nico Rosberg geht die Sache selbstbewusst an: "Wir haben einen Kompromiss, deshalb bin ich guter Dinge, auch wenn die anderen das sicherlich auch so gemacht haben", sagte der Mercedes-Pilot. "Egal, welches Wetter kommt: Ich bin schnell."

4. S - wie Strategie

Pirelli bringt wie im letzten Jahr, als Jenson Button das Rennen gewann, die mittleren und harten Reifen an die Traditionstrecke in den Ardennen. Damals war Button in der Lage, den Grand Prix komfortabel mit nur einem Boxenstopp für sich zu entscheiden und fuhr im zweiten Stint auf dem harten Reifen nahezu 170 Kilometer, wobei er aus der Safety-Car-Phase zu Rennbeginn einen Vorteil zog.

Muss das Safety Car ausrücken?, Foto: Sutton
Muss das Safety Car ausrücken?, Foto: Sutton

Sollte es trocken bleiben, ist anzunehmen, dass in diesem Jahr die Mehrheit der Teams auf zwei Stopps setzen wird, vermutlich rund um die Runden 13 und 28. Im Falle einer Ein-Stopp-Strategie dürften die Boxen gegen Umlauf 20 angesteuert werden. Im Falle von Regen ändert sich natürlich alles und es gilt herauszufinden, ab wann es möglich ist, auf Intermediates respektive Trockenreifen zu wechseln. Eine Safety-Car-Phase würde - die äußeren Bedingungen unberücksichtigt - jene Piloten bevorzugen, die nur einen Stopp einlegen wollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Bernd Mayländer zumindest einmal zum Einsatz kommt, liegt statistisch bei 80 Prozent.

5. S - wie Spa

Spa ist einer der großen Klassiker. Die Strecke zählt für Fahrer und Fans zweifelsohne zu den schönsten und aufregendsten Kursen im Formel-1-Kalender. Für die Aktiven ist die Berg- und Talbahn in den Ardennen, vor allem die berüchtigte Eau Rouge, aber nicht nur Spaß pur sondern auch eine große Herausforderung, wie Sebastian Vettel bestätigt: "Wir Fahrer lieben die schnellen, flüssigen Kurven. Durch die Eau Rouge zu fahren ist wie Achterbahn fahren, es geht runter und dann sehr schnell wieder rauf. Sicher wurde die Kurve entschärft. Die Autos haben jetzt so viel Grip, das man im Trockenen mit Vollgas durchfahren kann. Dennoch ist die Kurve eine Besonderheit und eine, die man im Rennkalender nicht missen mag."

Auch Kimi Räikkönen zeigt sich ungewohnt begeisterungsfähig, wenn es um die Strecke in Spa geht. "Für mich ist es die großartigste Rennstrecke der Welt. Ich mag diesen Ort seit meinem ersten Besuch mit der Formel Renault im Jahr 2000. Es ist toll, dort Rennen zu fahren. Solch ein Gefühl hast du nirgendwo sonst! Es ist einfach klasse, mit einem modernen Rennauto auf einer Strecke mit solch einer großartigen Tradition zu fahren", meinte der Finne im Vorfeld dieses Wochenendes. Kein Wunder, dass der Iceman eine besondere Beziehung zu der Strecke pflegt. Er ist hier schließlich der erfolgreichste der aktuellen Formel-1-Piloten. Vier Mal konnte Räikkönen bereits gewinnen, je zwei Mal für Ferrari und McLaren. Somit liegt er in der ewigen Spa-Rangliste auf Rang drei, nur Ayrton Senna mit fünf und Michael Schumacher mit sechs Erfolgen konnten öfter gewinnen.

Wie so oft liegen aber auch in Spa Triumphe und Dramen nah beieinander. Zahlreiche Piloten mussten ihr Leben auf der heute 7,004 Kilometer langen Strecke lassen. Unter ihnen Stefan Bellof, der in der Eau Rouge 1985 bei einem Sportwagenrennen verunglückte. In der jüngeren Vergangenheit gab es ebenfalls heftige Abflüge, beispielsweise von Mika Salo, Jaques Villeneuve oder Ricardo Zonta, die aber allesamt glimpflich ausgingen.

6. S - wie Sonntagswetter

"In Spa kann man sich darauf verlassen, dass man sich auf das Wetter nicht verlassen kann", brachte es Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner auf den Punkt. Schon das Qualifying hat gezeigt, welche Kapriolen das Ardennen-Wetter, der westliche Verwandte des Eifelwetters, schlagen kann. Nach dem sommerlichen Auftakt am Freitag wird es am Sonntag deutlich unter 20 Grad bleiben, viele der dort erhobenen Daten werden also eingeschränkte Aussagekraft haben. Ob und wann es regnen wird, kann aber niemand sagen. Nur eines ist klar, wie Danner anmerkt: "Es kommt zu 100 Prozent anders als man denkt."

Ein bekanntes Bild in Spa, Foto: Sutton
Ein bekanntes Bild in Spa, Foto: Sutton

Durch die weitläufige Strecke kann es schnell einmal passieren, dass es nur auf der Hälfte des Kurses regnet und die andere komplett trocken bleibt, Hockenheim 2000 lässt grüßen. Wichtig ist, bei abtrocknender Strecke den richtigen Moment zum Wechsel auf Trockenreifen abzupassen - der dritte Platz von Giedo van der Garde im Q1 hat gezeigt, welche Wunder die richtige Reifenwahl bewirken kann. Doch mit einer richtigen Entscheidung wird es vermutlich nicht getan sein: "Es ändert sich hier jede halbe Stunde", sagte bereits Ross Brawn.

7. S - wie Spannung

Ein langweiliges Rennen in Spa, ist das überhaupt möglich? Die spektakuläre Stecke und das stets wechselhafte Wetter bürgen quasi für Spannung, hinzukommt die Startaufstellung, die ebenfalls einiges erwarten lässt. Die erste Reihe mit Hamilton und Vettel könnte hochkarätiger kaum besetzt sein, zumal der Mercedes-Pilot einen zweiten Saisonsieg dringend benötigen würde, will er im Kampf um den WM-Titel noch ein Wörtchen mitreden.

Aber nicht nur die vermeintlichen Favoriten gilt es zu beachten, denn mit Paul di Resta mischt auch ein Hecht im Karpfenteich mit - Force India schlug sich wie Vorgängerteam Jordan in Spa stets stark und es wäre nicht verwunderlich, sollten die Inder erneut eine gute Figur abgeben. Selbiges gilt für Jenson Button, der sich im Vorjahr aus allen Schwierigkeiten heraushielt und schlussendlich triumphierte. Mit Platz sechs startet der Brite so weit vorne wie noch nie in dieser Saison und muss ebenfalls als Geheimtipp gehandelt werden.