Du hast gestern schon viel Spannung vorausgesagt, die gab's auch wirklich – wie viel hat auch noch das Wetter dazu beigetragen?
Christian Danner: Man muss natürlich grundsätzlich sagen, dass es unter solchen Bedingungen gerade den "Großen" ganz schnell passieren kann, durch irgendeine Kleinigkeit sehr weit nach hinten abzurutschen. Da reicht es, einmal im falschen Moment an die Box zu kommen, draußen zu sein, wenn es gerade ein bisschen mehr regnet, eine rote Flagge im falschen Moment zu erwischen, und schon ist es passiert. Das ist natürlich ein zusätzlicher Spannungsfaktor.

Ist das immer nur Können von Team und Fahrer, so was zu vermeiden – oder spielt da manchmal wirklich auch Glück eine Rolle?
Christian Danner: Das ist schon ein Faktor, das kann man nicht wegdiskutieren, dass da Glück oder Pech schon Einfluss haben. Trotzdem ist es interessant, dass zum größten Teil doch wieder die üblichen Verdächtigen weit vorne sind. Und man sieht auch, dass es in kritischen Situationen, in denen es dann wirklich nur noch auf den Fahrer ankommt, oft immer dieselben sind, die es dann auf den Punkt hinkriegen. Heute zum Beispiel am Ende des Q2, als nach der roten Flagge nur noch 1:59 Zeit war: Wie sich da Adrian Sutil von Platz 16 noch mit dieser einen Runde ins Q3 geschoben hat, das war schon Klasse.

Wer entscheidet am Ende zum Beispiel über Reinkommen oder Draußenbleiben – der Fahrer oder das Team? Wer hat die Verantwortung?
Christian Danner: Am Ende hat der Fahrer die letzte Entscheidung, er kennt sein Auto, spürt den Zustand seiner Reifen, die Streckenverhältnisse. Das sind natürlich auch Erfahrungswerte. Aber er darf natürlich auch nicht so hoppla-hopp in Eigenregie entscheiden, das muss alles schon immer in enger Absprache mit der Box erfolgen. Denn erstens muss man dort auch vorbereitet sein und zweitens haben die Ingenieure natürlich auch einen zusätzlichen Überblick dadurch, dass sie sehen, was die anderen so machen.

Was sind die wichtigsten Fakten, die man aus diesem Qualifying ableiten kann?
Christian Danner: Fangen wir vorne an. Es ist schon beeindruckend, wie sich jemand wie Sebastian Vettel eben auch durch solche Umstände nicht aus der Ruhe bringen lässt. Egal ob ein bisschen nasser oder trockener, egal welche der drei Sessions, er schien das alles immer unter Kontrolle zu haben, wirkte nie gefährdet, und hat sich dann auch die Pole geholt. Da kann man sehen, dass Ferrari und Lotus im Kalten und Nassen doch erheblich mehr Probleme haben als sonst, dass aber umgekehrt ein Williams auf dem Intermediate offenbar deutlich besser funktioniert als im Trockenen. Das hat man im Ansatz in Monaco schon gesehen – und jetzt ist Bottas dadurch auch diese Sensation mit dem dritten Platz gelungen, auch wenn er sich morgen, wenn es trocken sein wird, wohl nicht lang da vorne wird halten können. Grundsätzlich zeigt sich auch, dass Toro Rosso inzwischen den Anschluss nach vorne zu finden scheint – beide Autos unter den Top-10 weisen schon in diese Richtung.

Was bedeutet das alles für das Rennen?
Christian Danner: Dass wir ein sehr bunt gemischtes Feld da vorne haben, mit sehr unterschiedlichen Autos, mit dem recht langsamen Williams dazwischen, mit Alonso und Räikkönen, die sicher davon profitieren werden, wenn es deutlich wärmer wird und die dann wahrscheinlich im Renntrimm die Schnellsten sind, ziemlich weit hinten. Das wird ein sehr interessantes Rennen, ich freue mich schon wahnsinnig drauf.

Wer ist Dein Favorit?
Christian Danner: Sebastian Vettel. Von vorne hat er gute Chancen, das Rennen von Anfang an zu kontrollieren und zu beherrschen, so wie ihm das auch in Bahrain gelungen ist. Warum sollte er das dann hier nicht schaffen? Dahinter ist alles offen. Mercedes kann hier natürlich nicht so langsam fahren wie in Monaco, die müssen auch richtig Gas geben, mal sehen, was dann passiert...

Traust Du ihnen zu, dass ihre Reifen diesmal besser halten?
Christian Danner: Schwer zu sagen, das muss man wirklich abwarten. Ich weiß auch nicht, was sie zum Beispiel bei diesem Barcelona-Test wirklich gemacht und daraus gelernt haben. Andere Teamchefs haben mir gesagt, sie seien sich sicher, dass Mercedes da zum Beispiel auch verschiedene Radaufhängungen ausprobiert hätte – was an sich bei einem Reifentest auch nichts Ungewöhnliches wäre. Ich kann nicht sagen, ob das stimmt oder nicht, ich war nicht dabei. Aber wenn es so gewesen wäre, dann könnte es schon sein, dass sie was daraus gelernt haben und dann hier auf einmal deutlich besser zurecht kommen.