Wie geht es mit den Reifen in der Formel 1 weiter? Diese Frage stellen sich derweil nicht nur die Teams und Fans, auch Reifenlieferant Pirelli steht am Scheideweg: Die Zeit drängt, für 2014 hat man noch keine Gewissheit über einen Verbleib in der Königsklasse und parallel schlagen die negativ Schlagzeilen um den Geheimtest des Monopolisten mit Mercedes in Barcelona derart hohe Wellen, dass diese selbst die anhaltend steife Brise ob der schlechten Haltbarkeit der Pneus in puncto Kritik in den Schatten gestellt haben. Dass Pirelli also plötzlich die Lust verliert und aussteigt, scheint für viele Experten dieser Tage gar kein so unwahrscheinliches Szenario mehr - glaubt man den Reifentechnikern von Hankook, wäre eben diese Begebenheit aber ein Horrorszenario für die F1.

Pirelli sieht sich derzeit mit massiver Kritik konfrontiert, Foto: Sutton
Pirelli sieht sich derzeit mit massiver Kritik konfrontiert, Foto: Sutton

In der Kürze der Zeit für die schwierige Aufgabe des Reifenlieferanten eine adäquaten Ersatz zu finden, ist laut Hankook unmöglich, weshalb die Südkoreaner auf die Frage, ob man denn nicht selbst gerne die Königsklasse beliefern würde, derzeit nur müde lächeln und abwinken können. Ohnehin stellte ein Sprecher der Reifenfirma klar: "Pirelli hat einen Vertrag mit der Formel 1, deshalb brauchen wir da im Monent nicht drüber nachzudenken." Trotzdem gelte aber: "Man soll immer die Möglichkeiten ergreifen, die sich einem ergeben." Irgendwann einmal wäre ein F1-Einstieg also schon denkbar, wenngleich der Glauben daran aktuell eher gering sei. "Wir haben uns dazu noch keine großen Gedanken gemacht", so der Hankook-Mann, der verriet, dass man über Informationen verfüge, die besagen würden, dass Pirelli derzeit bestrebt sei, trotz der aktuellen Krise, um drei weitere Jahre mit der F1 zu verlängern.

Wollen auch keinen Fußballverein kaufen

"Das ist ein üblicher Zeitabschnitt im Motorsport - wir haben selbst ja auch gerade drei Jahre mit der DTM verlängert, von 2014 bis 2016." Die anhaltenden Gerüchte, dass Hankook trotzdem weiterhin mit einem eigenen F1-Einstieg leibäugeln würde, wies der Spezialist von sich. "Diese Spekulation kommen scheinbar immer noch daher, dass sich einer unserer Top-Manager vor ein paar Jahren in China einmal ein F1-Rennen vor Ort angesehen hat. Dazu sollte man aber sagen: Unsere Manager gehen auch gerne mal zu einem Fußballspiel - deswegen wollen sie aber noch lange keinen Verein kaufen", scherzte er. Zudem sei ganz klar, dass man gerade bei einem Projekt von der Größe der Königsklasse, im Fall der Fälle einen gewissen Vorlauf benötige. "Ganz so schnell wird man nämlich nicht in der Lage sein, passende Reifen zu entwickeln und auch die Produktionskapazitäten, die Logistik und die reine Manpower auf die Beine zu stellen."

Hankook sei mit seinen aktuellen Aufgaben zufrieden. "Wir haben hier in der DTM ein kleines aber feines Team", so der Reifentechniker, der erklärte: "Auch bereiten wir uns langfristig immer auf interessante Projekte vor. Das muss aber nicht immer auf der Rundstrecke sein, sondern kann uns zum Beispiel eines Tages auch einmal in die Rallye-WM führen. Speziell mit Blick auf die F1, seien bei Hankook also keine konkreten Pläne vorhanden. Die Vorlaufszeit für einen Einstieg ins Oberhaus des Motorsports bezifferten die Reifenspezialisten auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com mit mehreren Jahren. "So etwas ist schon anspruchsvoll. Man hat ja gerade in der Formel 1 nicht uneingeschränkte Testmöglichkeiten. Zudem braucht man ein aktuelles F1-Auto zum Testen, die Teams dürfen einem auf Grund der vielen Einschränkungen durch das Reglement aber eigentlich keins zur Verfügung stellen und man hat ja gesehen, was der Mercedes-Test nun gleich für eine Welle losgetreten hat."

In der F1 ist das schwarze Gold seit Wochen das Thema, Foto: Sutton
In der F1 ist das schwarze Gold seit Wochen das Thema, Foto: Sutton

Dementsprechend gelte: "Man müsste mit großer Vorsicht und vor allem langer Vorlaufszeit an so ein Projekt herangehen." Was passiert, wenn Pirelli die Formel 1 nun kurzfristig verlassen sollte, konnte man sich bei Hankook nicht vorstellen - denn bereits für einen Einstieg zur kommenden Saison, sei es für ein neues Unternehmen mittlerweile zu spät. "Wer jetzt noch einsteigt, hätte keine Chance", glaubten die Experten. Gerade auch mit Blick auf den großen Umbruch 2014, müsse man auf zu viele Unabwägbarkeiten Rücksicht nehmen. "Es kommen die Turbomotoren und keiner weiß, wie die reagieren und sich dann beispielsweise die Gewichtsverhältnisse verhalten. Es ist alles unausgetestet - dann einzusteigen, wäre enorm schwierig." Ebenso diffizil zu handhaben, sei der Fakt, dass noch keine endgültige Größe für die Reifen festgelegt sei, was das Ganze endgültig zu einem Trip ins Blaue par excellence mache.