Waren die Upgrades am Auto erfolgreich? Wo stehen wir im Vergleich zur Konkurrenz? Sind wir für die entscheidende Phase der Saison gerüstet? Mit solchen Fragen dürften sich die Top-Teams der Formel 1 vor dem Großen Preis von Belgien beschäftigen. Ein klarer Favorit ist vor dem 13. WM-Lauf allerdings nicht auszumachen. Die Ergebnisse von Ungarn sprechen allerdings für McLaren, insbesondere für Lewis Hamilton. Der Brite war im Qualifying auf dem Hungaroring nicht zu schlagen - mit vier Bestzeiten in den Zeittrainings ist Hamilton der beste Qualifyer des Jahres - und beeindruckte auch im Rennen mit einer taktisch klugen und fehlerfreien Fahrt.

Nach dem Tief in der Saisonmitte sind von der Truppe aus Woking allerdings eher zurückhaltende Töne zu hören. Optimismus ja, Überheblichkeit nein, so lautet die Marschroute vor dem Kräftemessen auf der Ardennen-Achterbahn in Spa-Francorchamps. "Wir sind definitiv wieder konkurrenzfähig, aber wir können nichts für selbstverständlich nehmen. Die Saison ist noch lang, es wird ein harter Kampf", sagte Geschäftsführer Jonathan Neale, fügte aber hinzu: "Natürlich ist unser Plan, dass McLaren zu den Favoriten gehört." Interessant wird sein, wie sich Jenson Button präsentiert, will er nicht in Kürze zum Edelhelfer Hamiltons degradiert werden, braucht er in Spa ein Top-Resultat.

Beim Weltmeister-Team von Red Bull ist der Druck ebenfalls groß. Im Kampf um den Fahrer-Titel müssen Sebastian Vettel und Mark Webber punkten, wenn sie sich nicht vorzeitig von ihrem großen Traum verabschieden wollen. In Spa sollte der RB8 eigentlich gut laufen, im Vorjahr siegte Vettel vor seinem Teamkollegen. Damit er auch diesmal den Platz ganz oben auf dem Podest einnehmen kann, sei eine Steigerung im Qualifying vonnöten, betonte Motorsportberater Helmut Marko. "Er muss einfach bessere Startpositionen herausfahren", sagte der 69-Jährige. Aufgegeben hat Vettels Ziehvater den Titel aber noch nicht. "Irgendwann wird auch Alonsos Serie zu Ende sein, dann müssen wir da sein und zuschlagen." Das gilt übrigens für sowohl für Vettel als auch für Webber: Marko stellte klar, dass beide Fahrer im WM-Kampf gleichberechtigt seien.

Michael Schumacher: Jubelstürme beim Jubiläum?, Foto: Mercedes-Benz
Michael Schumacher: Jubelstürme beim Jubiläum?, Foto: Mercedes-Benz

Bei Ferrari stellt sich die Frage nach der teaminternen Reihenfolge dagegen nicht. Fernando Alonso, in der Fahrer-Wertung 40 Punkte vor seinem ärgsten Verfolger Webber, ist die klare Nummer eins. Mit einem Sieg in Spa würde der Spanier seinem dritten WM-Titel einen großen Schritt näher kommen. In Ungarn gehörte der Ferrari allerdings nicht zu den schnellsten Autos im Feld, die Charakteristik der Strecke in Belgien spricht ebenfalls nicht unbedingt für die Roten. Das unbeständige Wetter in Spa könnte Alonso hingegen zur Hilfe kommen. Bei Regen oder wechselnden Bedingungen war der Spanier in diesem Jahr bislang eine Klasse für sich.

Eine Klasse für sich ist auch Michael Schumacher, mit sechs Siegen auf dem Traditionskurs in den Ardennen ist der 43-Jährige in Spa immer noch das Maß aller Dinge. Zudem bestreitet er bei der diesjährigen Ausgabe sein 300. Formel-1-Rennen. Mercedes wird natürlich alles daran setzen, dem Rekordsieger und dessen Teamkollegen Nico Rosberg ein konkurrenzfähiges Auto zur Verfügung zu stellen. Für das Team um Ross Brawn geht es vor allem darum, den zuletzt enormen Reifenabbau, vor allem an den Hinterreifen, in den Griff zu bekommen. Dass Pirelli für das Rennen in Spa die medium und die harte Mischung nominiert hat, dürfte den Silberpfeil-Piloten im Rennen entgegenkommen. Genauso wie die Tatsache, dass der Rundkurs in den Ardennen eher die Vorder- als die Hinterreifen beansprucht.

Gelingt es, den Verschleiß einigermaßen unter Kontrolle zu halten, stehen die Chancen nicht schlecht. Der leistungsstarke Mercedes-Motor dürfte sich auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in Belgien positiv bemerkbar machen. Motorsportchef Norbert Haug gab sich zumindest zuversichtlich, dass der Rückstand auf die Spitze, den er in Ungarn mit einer halben Sekunde pro Runde bezifferte, beim Belgien Grand Prix der Vergangenheit angehört. "Außerhalb der für alle Teams vorgeschriebenen zweiwöchigen Sommerpause hat unsere Mannschaft seit dem letzten Rennen in Ungarn hart gearbeitet, um für Spa bestmöglich präpariert zu sein", so Haug.

Kimi Räikkönen ist schon das gesamte Jahr gut in Schuss: Fünfmal sicherte sich der Formel-1-Rückkehrer bereits einen Platz auf dem Podium. Einziger Wermutstropfen: Den Platz ganz oben auf dem Podest ergatterte der Finne bislang noch nicht. Der Circuit de Spa-Francorchamps scheint allerdings geradezu prädestiniert für einen Sieg Räikkönens. Immerhin feierte er dort bereits vier Erfolge. Auch der Speed des E20 macht Hoffnung. In Ungarn waren Räikkönen und Romain Grosjean im Rennen die schnellsten Fahrer im Feld, einzig die fehlenden Überholmöglichkeiten verhinderten einen Sieg des Teams in schwarz-gold. Gelingt es den Lotus-Ingenieuren allerdings, das Auto nicht nur für das Rennen, sondern auch im Qualifying schnell zu bekommen, könnte es bereits in Spa soweit sein.