Das Auto

Wie auch in den beiden vorangegangenen Jahren, konnte HRT nicht an den Wintertestfahrten teilnehmen und hatte zunächst Probleme damit, die vorgeschriebenen Crashtests zu bestehen. Aufgrund dessen mussten Nachbesserungen am Chassis vorgenommen werden, die sich bis Anfang März hinzogen. Da die Boliden erst in der Box von Melbourne zusammengebaut worden waren und zahlreiche technische Probleme auftraten - unter anderem funktionierte die Servolenkung nicht ordnungsgemäß - kam es wenig überraschend, dass sowohl Pedro de la Rosa als auch Narain Karthikeyan im Qualifying außerhalb der vorgeschriebenen 107 Prozent blieben und daher nicht zum Auftaktrennen zugelassen wurden.

Vor dem Auftaktrennen wurde der Bolide zum ersten Mal zusammengesetzt, Foto: Sutton
Vor dem Auftaktrennen wurde der Bolide zum ersten Mal zusammengesetzt, Foto: Sutton

Bereits beim zweiten Grand Prix in Malaysia schafften beide Piloten den Sprung ins Starterfeld und der F112 erwies sich in weiterer Folge als durchaus standhaft, denn den ersten Ausfall hatte das Team erst beim fünften Saisonrennen in Barcelona zu beklagen. Beim Qualifying zum Großen Preis von Bahrain schaffte man es erstmals, eine schnellere Zeit als ein Konkurrent in den Asphalt zu brennen und de la Rosa ließ Marussia-Pilot Timo Glock hinter sich. Dieser Eindruck manifestierte sich im weiteren Saisonverlauf, denn mittlerweile stellt HRT nicht mehr das einsame Schlusslicht des Feldes dar, sondern kann mit Marussia durchwegs mithalten, was auch auf die Updates zurückzuführen ist, die seit dem Spanien GP in unregelmäßigen Abständen entwickelt werden. Wie groß der technologische Rückstand allerdings ist, belegt der Umstand, dass HRT nicht über KERS verfügt.

Team und Fahrer

Im Dezember 2011 kam es zur Trennung von Teamchef Colin Kolles und der Spanier Luis Pérez-Sala übernahm den Rennstall. Es erfolgte der Umzug aus Deutschland nach Madrid, wofür auch die Testfahrten Anfang Mai in Mugello geopfert wurden, da man sich komplett auf den Transfer nach Spanien konzentrieren wollte.

De la Rosa hat im Qualifying die Nase vorne, Foto: Sutton
De la Rosa hat im Qualifying die Nase vorne, Foto: Sutton

Groß war die Überraschung, als Pedro de la Rosa als Pilot vorgestellt wurde, denn immerhin zählt der Spanier mit 41 Jahren nicht mehr zu den Jungspunden im Feld, kann dafür aber dem Team mit seiner großen Erfahrung unter die Arme greifen. Der zweite HRT wird von Narain Karthikeyan pilotiert, der bereits im Vorjahr acht Rennen für das Team absolvierte, darunter auch seinen Heim-Grand-Prix in Indien. Im teaminternen Duell behielt de la Rosa bislang klar die Oberhand und führt in der Qualifying-Bilanz mit 10:0, während Karthikeyan hingegen das beste Rennergebnis einfuhr und in Monaco den 15. Rang erreichte. Neben den etablierten Fahrern kam im Zuge der Freitags-Trainings auch Dani Clos zum Einsatz und bei den Young-Driver-Tests von Silverstone durfte der Chinese Ma Qing Hua ins Lenkrad greifen.

Für besondere Schlagzeilen sorgte Karthikeyan beim Großen Preis von Malaysia, da er im Zuge einer Überrundung mit Sebastian Vettel kollidierte und dessen Reifen aufschlitzte. Der Red-Bull-Pilot bezeichnete den Inder in weiterer Folge als 'Gurke'. Karthikeyan wurde aufgrund des Vorfalls mit einer Zeitstrafe von 20 Sekunden belegt und rutschte an das Ende des Feldes. Wenige Tage später schlug er jedoch verbal zurück und entgegnete auf Vettels Kritik: "Es ist für einen Weltmeister beschämend, solche Dinge zu sagen. Das ist ziemlich unprofessionell." Gesichert scheint der Platz des Inders jedoch nicht zu sein, denn bereits im Vorjahr wurde er durch Daniel Ricciardo ersetzt. Ein Sponsorenpaket in der Höhe von fünf Millionen Dollar soll ihn derzeit im Cockpit halten. Für ein spezielles Highlight sorgt bei jedem Rennen Juan Mari Arzak, der Koch des Teams, der seine oftmals exotischen Kreationen per Presseaussendung vorstellt - im Media Center wurden bisher allerdings noch keine Kostproben verteilt.

Ausblick auf die zweite Saisonhälfte

Seit Luis Pérez-Sala das HRT-Ruder übernommen hat, ist ein Aufwärtstrend festzustellen, auch wenn sich die Erfolgserlebnisse bisher im überschaubaren Rahmen hielten, denn zu groß ist der Rückstand auf das Mittelfeld. "Das Team hat in der Vergangenheit wie ein GP2-Rennstall gearbeitet, aber seit dem Wechsel im Management hat es bewiesen, dass es in die Formel 1 gehört", zog Karthikeyan einen drastischen Vergleich.

Auch wenn noch das eine oder andere Upgrade an den F112 kommen wird, erscheinen Punkte nahezu utopisch und wären wohl nur in einem absoluten Chaos-Rennen möglich. Das vornehmliche Saisonziel wird es daher sein, Timo Glocks 14. Platz aus Kanada zu schlagen, um in der Konstrukteurs-Wertung vor Marussia zu rücken. Darüber hinaus sollten bereits langsam die Planungen für den Wagen der kommenden Saison anlaufen, damit man nicht abermals auf die Testfahrten verzichten muss und mit einem enormen Rückstand in die ersten Rennen geht.

Auf dem Motorensektor dürfte der spanische Rennstall Cosworth die Treue halten, auch wenn laut Auskunft von Pérez-Sala noch keine Verträge unterzeichnet wurden. Zuletzt erhielt Pedro de la Rosa von seinem Chef viel Lob, der seine große Erfahrung und Bedeutung für das Team hervorhob, sodass es nicht unwahrscheinlich ist, dass der Spanier auch im kommenden Jahr für HRT seine Runden drehen wird. De la Rosa gab auch sein persönliches Ziel für die ausstehenden Rennen preis: "Wenn wir es schaffen sollten, uns innerhalb der 103 Prozent zu qualifizieren, dann wäre das ein voller Erfolg."